Aline – The Voice of Love

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Filmische Biographien großer Musiker sind seit einiger Zeit angesagt. Freddie Mercury und Elton John wurde die Ehre erwiesen, nun trifft es Celine Dion, die dem Film aber weder ihren Segen erteilt hat, noch etwas damit zu tun hat. Darum ist „Aline“ auch eine nicht autorisierte Biographie, aber dann doch sehr stark von Dions Leben inspiriert. Im Gedächtnis haften bleibt er aber vor allem eines besonders gruseligen Elements wegen.

Website: https://www.weltkino.de/filme/aline-the-voice-of-love

Aline – The Voice of Love
Frankreich / Kanada 2021
Regie: Valérie Lemercier
Buch: Valérie Lemercier
Darsteller: Valérie Lemercier, Sylvain Marcel, Danielle Fichaud
Länge: 126 Minuten
Verleih: Weltkino
Kinostart: 23.12.2021

FILMKRITIK:

Es ist die Lebensgeschichte von Aline Dieu (Valérie Lemercier), die hier erzählt wird, beginnend beim Treffen ihrer Eltern, der Geburt ihrer Geschwister und dann der Geburt des Nesthäkchens Aline, das schon im zarten Kindesalter singt und die Leute begeistert. Als sie zwölf Jahre alt ist, findet man einen Musikproduzenten, der an Aline glaubt. Beschrieben wird ihr kometenhafter Aufstieg, aber auch ihre Liebe zu dem deutlich älteren Produzenten, die wiederum ihrer Mutter ein Dorn im Auge war.

Kenner von Celine Dions Lebensgeschichte sehen schon: Valérie Lemercier hat sich bei ihrer fiktionalisierten Biographie der Sängerin doch sehr nahe an deren wahrem Leben orientiert. Der Film beginnt mit einem Blick auf die im Hier und Jetzt lebende Aline. Sie liegt im Bett, von ihren Kindern umgeben. Dann springt der Film ins Quebec des Jahres 1932 zurück, aber nur kurz, um das erste Treffen von Alines Eltern zu zeigen. Quasi im Zeitraffer erlebt man dann mit, wie die Eltern älter werden und all ihre Kinder nach und nach geboren werden.

Dann hört man Aline singen. Man sieht das Mädchen von hinten. Alles ist so, wie es sein soll. Aber als die Kamera den Blickwinkel wechselt und man die fünfjährige Aline sieht, ist das Erschrecken groß. Denn Valérie Lemercier hat sich dazu entschieden, Aline in jedem Alter zu spielen, also auch als Kind. Man sieht die 57-jährige Schauspielerin in verkleinerter Form, auf die Größe eines Kindes gebracht. Aber ob man es will oder nicht, die Neuronen im eigenen Gehirn schlagen Funken. Man erkennt einfach, dass das nicht richtig aussieht. Es wird nicht besser, als Aline zwölf Jahre alt ist. Man sieht das Biopic einer bekannten Sängerin und fühlt sich stattdessen an den Horrorfilm „Orphan“ erinnert, in dem sich eine erwachsene Frau als Kind ausgibt.

Je älter Aline wird, desto besser wird es auch. Aber auch die 20-jährige Aline nimmt man ihr nicht ab, insbesondere bei einem Gespräch mit der von Danielle Fichaud gespielten Mutter, die auch nicht so viel älter als Lemercier ist.

Vom Schock dieser ersten halben Stunde erholt man sich im Grunde nicht wieder. Denn der Rest mutet wiederum ausgesprochen gewöhnlich an. „Aline“ ist ein konventionelles Biopic, das die einzelnen Highlights abhakt und dann zum Schluss findet. Nichts ist daran überraschend, allenfalls der Umstand, dass es Lemercier gelungen ist, die Rechte an „My Heart Will Go On“ zu bekommen, einem der wenigen Dion-Songs, die man hier hört. Obwohl Lemercier auch Sängerin ist, singt sie nicht selbst. Victoria Sio hat das übernommen – und kommt Dion wirklich nahe. Man fragt sich aber, was Lemercier geritten hat, Aline als Fünfjährige zu spielen, aber nicht selbst singen zu wollen.

In Cannes gab es dieses Jahr eine fünfminütige Standing Ovation für den Film. So mancher war wohl gerührt. Auf einer oberflächlichen Ebene schafft dieser Film das auch. Aber den Anblick der fünfjährigen Valérie Lemercier kann man einfach nicht vergessen …

Peter Osteried