Altman

Zum Vergrößern klicken

50 Jahre lang hat Robert Altman das unabhängige amerikanische Kino geprägt, mit Filmen wie M*A*S*H und NASHVILLE, A WEDDING oder mit seinen Spätwerken wie GOSFORD PARK und A PRAIRIE HOME COMPANION. Über diesen Titan der Filmkunst hat Ron Mann eine unterhaltsame, sehr sehenswerte Dokumentation geschaffen: Leben und Werk eines außergewöhnlich sympathischen Querkopfs, der den steilen Aufstieg ebenso kennengelernt hat wie den plötzlichen Niedergang und der sich und seinem Stil trotz aller Widrigkeiten treu geblieben ist.

Webseite: www.altman-derfilm.de

Kanada 2014 - Dokumentation
Regie: Ron Mann
Drehbuch: Len Blum
95 Minuten, OmU
Verleih: NFP, Vertrieb: Filmwelt
Kinostart: 19. Februar 2015
 

FILMKRITIK:

In mehr als 50 Jahren hat Robert Altman zahllose Filme inszeniert und produziert – eine lange Karriere voller Höhen und Tiefen. Er war ein großer Künstler, der es geschafft hat, seine Unabhängigkeit zu wahren. Von den Kritikern verehrt und von vielen Studiobossen gefürchtet, wurde er zum Monument des Independent Films, ein Filmemacher, der sein Handwerk verstand und so ganz nebenbei offenbar auch ein witziger und liebenswerter Kerl war.
 
Ron Mann zeigt chronologisch und mit akribischer Freude am Detail die Geschichte dieser Kinolegende, von seinen Anfängen bis zu seinem Tod 2006. Altman beginnt als Industriefilmer. Dank eines leicht frisierten Lebenslaufes bekommt er die ersten Jobs und wird zum gefragten TV-Regisseur, er führt unter anderem Regie bei BONANZA. Alfred Hitchcock ist mit dafür verantwortlich, dass Robert Altman den Weg zum Kino findet. In der Reihe ALFRED HITCHCOCK PRÄSENTIERT inszeniert er einige Kurzfilme, die ihm den Weg nach Hollywood ebnen. Vielleicht am stärksten wird Robert Altmans Schaffen durch einen Rausschmiss beeinflusst: Jack Warner entlässt ihn während der Dreharbeiten zu einem Science Fiction Film, unter anderem weil er mit Altmans Dialogführung nicht einverstanden ist.
 
Dieser unverwechselbare Stil wird heute „altmanesk“ genannt, was sich vor allem auf die realistischen, teilimprovisierten Dialoge und die scheinbar beiläufige, stets präsente Kameraarbeit bezieht. Das Altmaneske ist aber noch viel mehr, es ist Teil einer Künstlerpersönlichkeit und wird zum Motto dieses Biopics, in dem viele frühere Weggefährten zu Wort kommen, um ihre Interpretation des „Altmanesken“ zu liefern. Stars wie Elliot Gould, Sally Kellerman oder Julianne Moore gehören dazu, ebenso Lily Tomlin, Robin Williams und Bruce Willis. Neben seiner Frau Kathryn Reed Altman, die ihr privates Filmarchiv zur Verfügung gestellt hat, begleitet Robert Altman selbst immer wieder das Publikum durch den Film. In ganz unterschiedlichen Lebensabschnitten, mal ganz weit oben, mal ganz weit unten, spricht er über seine Projekte, scheinbar unbeeindruckt von Erfolg oder Misserfolg. Je älter er wird, desto mehr spricht Robert Altman auch von sich selbst. Sehr langsam entsteht hier, bei aller Verehrung, die Ron Mann für den Filmemacher Altmann zeigt, das anrührende Bild einer Persönlichkeit, die viele Jahre vor allem für den Film gelebt hat und erst im Alter die Familie schätzen lernen konnte.
 
Ron Mann gelingt etwas Wunderbares: Er schafft es, in anderthalb Stunden nicht nur Robert Altman selbst, sondern beinahe jeden seiner fast 40 großen Spielfilme vorzustellen und in einen Zusammenhang zu setzen, der mit spielerischer Eleganz das Werk mit den Menschen verbindet, die es geschaffen haben. Und auch das ist altmanesk – eine augenzwinkernde Verneigung vor dem Künstler – denn Robert Altman war ein Teamplayer und offenbar alles andere als ein eitler, selbstherrlicher Regisseur. Dass er trotz vieler Rückschläge seine Energie, seinen Humor und seinen unabhängigen Geist behielt, macht ihn zudem zum Vorbild und zum Hoffnungsträger für junge Filmemacher. Doch nicht nur für sie ist dieser Film empfehlenswert, sondern für alle, die das Kino lieben, auch für diejenigen, die bisher wenige oder keine seiner Werke sehen konnten.
 
Am 19. Februar 2015 wäre Robert Altman 90 Jahre alt geworden – seine Filme leben weiter, ebenso wie das Altmaneske.
 
Gaby Sikorski