An Hour from the Middle of Nowhere

Eigentlich sind die USA ein Rechtsstaat, eigentlich hat jeder Bürger, aber auch jeder Migrant, egal ob legal oder illegal das Recht auf einen Anwalt. Eigentlich. Denn die Realität sieht oft anders aus, gerade für Menschen mit wenig bis gar keinem Geld. In ihrem Dokumentarfilm „An Hour from the Middle of Nowhere“ porträtieren Ole Elfenkaemper und Kathrin Seward einen Anwalt, der sich gegen das Unrecht stellt, trotz aller Widerstände.

 

Über den Film

Originaltitel

An Hour from the Middle of Nowhere

Deutscher Titel

An Hour from the Middle of Nowhere

Produktionsland

DEU

Filmdauer

83 min

Produktionsjahr

2024

Produzent

Elfenkaemper, Ole / Seward, Kathrin

Regisseur

Elfenkaemper, Ole / Seward, Kathrin

Verleih

barnsteiner-film

Starttermin

15.05.2025

 

ICE. Fast schon bewusst verharmlosend klingt das Akronym, das für United States Immigration and Customs Enforcement steht, die amerikanische Migrationsbehörde. In den letzten Jahren, nicht nur unter einem Republikanischen Präsidenten wie Donald Trump, sondern auch unter Demokratischen wie Barack Obama oder Joe Biden, bekam die Behörde immer weiterreichende Rechte, wurden ihre Methoden immer brachialer.

Wohlgemerkt nicht ungesetzlich, aber die Möglichkeiten des Rechts in einer Weise ausnutzend, die besonders die zahlreichen illegalen Migranten in den USA zu spüren bekamen. Migranten, die in aller Regel all die Jobs erledigten, auf die der Durchschnittsamerikaner keine Lust mehr hat, die Steuern zahlen und in aller Regel nichts lieber wollen, als Teil des auch nicht mehr allzu hell scheinenden amerikanischen Traums zu werden.

Doch der Ruf nach einem Rückdrängen der Migration ist auch in den USA in den letzten Jahren immer lauter geworden und das mit fast allen Methoden. Wird bei einem Autofahrer etwa ein defektes Rücklicht bemerkt, hat ein Polizist das Recht, den Autofahrer anzuhalten und seine Fingerabdrücke zu nehmen. Diese werden dann automatisch in das System von ICE eingespeist, wo postwendend eine Verhaftung und Abschiebung des Betroffenen eingeleitet werden kann.

Und wenn diese Illegalen erst einmal in einem der vielen Abschiebegefängnisse sitzen, ist fast alles verloren. Denn diese Einrichtungen befinden sich oft fernab der Zivilisation, wo es keine Anwälte gibt und schon gar keine, die Willens sind für winzige Summen oder gar pro bono zu arbeiten. Und hier kommt Marty Rosenbluth ins Spiel, der bemerkenswerte, humanistische Mittelpunkt von Ole Elfenkaemper und Kathrin Seward.

Mit Ende 40 begann Rosenbluth Jura zu studieren, ursprünglich mit dem Ziel, sich in Palästina zu engagieren. Doch dann stellte er fest, dass es Unrecht auch in seiner Heimat gab. Inzwischen lebt er im Südstaat Georgia, bewusst in der Nähe eines Gefängnisses, in dem Migranten ihres Schicksals harren. Zusammen mit seiner Assistentin Alondra tut Rosenbluth was er kann. Allzu viel ist das nicht, doch angesichts der Übermacht eines Rechtssystems, in dem es allzu oft nicht nach dem Wort des Gesetzes, sondern den finanziellen Möglichkeiten der Angeklagten geht, ist das dennoch eine Menge.

Die Willkür der Richter ist groß, die Bürokratie überbordend, wie Rosenbluth bei all diesen Widerständen seine Ruhe und seinen Optimismus nicht verliert ist bewundernswert. Ein fast einsamer Kampf gegen ein zutiefst ungerechtes System führt er, gibt Menschen Hoffnung, die meist nichts verbrochen haben, außer dass sie auf der Suche nach einem besseren Leben sind.

In all den Jahren, in denen der angenehm zurückhaltende, sich ganz auf die Kraft seines Themas und seines Protagonisten verlassende Dokumentarfilm entstand, hat sich an der Rechtslage nichts zum Positiven verändert. Marty Rosenbluth dürfte dennoch weiterkämpfen, Klient für Klient, mal gewinnen, mal verlieren, aber sicher nie seinen Glauben an die Notwendigkeit seines Tuns.

 

Michael Meyns

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