Nur 60 Minuten lang ist dieser Film, der einen intimen Blick auf die Jahre 1972 bis 1981 im Leben von Annie Ernaux und ihrer Familie eröffnet. Einen Blick auf eine Schriftstellerin, die erst begonnen hat, ihre Stimme zu finden, die sich anschickt, große Literatur zu schreiben. Vor allem aber ist dies ein Film, der Annie Ernaux die Gelegenheit liefert, mit einem essayistischen Text, den sie selbst vorträgt, ihrer eigenen Biographie nachzuspüren.
Webseite: https://www.filmagentinnen.de/aktuelle-filme/
Les années Super-8
Frankreich 2022
Regie: Annie Ernaux, David Ernaux-Briot
Buch: Annie Ernaux
Darsteller: Annie Ernaux, Philippe Ernaux, David Ernaux-Briot
Länge: 60 Minuten
Verleih: Film Kino Text
Kinostart: 29. Dezember 2022
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Les années Super-8
Frankreich 2022
Regie: Annie Ernaux, David Ernaux-Briot
Buch: Annie Ernaux
Darsteller: Annie Ernaux, Philippe Ernaux, David Ernaux-Briot
Länge: 60 Minuten
Verleih: Film Kino Text
Kinostart: 29. Dezember 2022
Über den Film
Originaltitel
Les Années Super 8
Deutscher Titel
Annie Ernaux – Die Super-8 Jahre
Produktionsland
FRA
Filmdauer
61 min
Produktionsjahr
2022
Produzent
Martin, Philippe / Thion, David
Regisseur
Ernaux, Annie / Ernaux-Briot, David
Verleih
Starttermin
28.12.2022
FILMKRITIK:
Annie Ernaux war Mutter und Hausfrau, und wollte eine Schriftstellerin sein. Sie wurde es auch – zu Beginn dieses Films, der aus Heimvideos der Jahre 1972 bis 1981 besteht. Die Zeitspanne deswegen, weil sich danach die Eheleute Ernaux trennten. Die filmische Dokumentation reißt deswegen ab. Hier sieht man eine Familie im Urlaub, eine Frau beim Lesen oder Schreiben, Momente einer glücklichen Zeit, und doch auch einer Zeit, in der es zu kriseln begann. Die Ehe nahm Brüche, das Leben ging weiter – aber getrennt.
Ernaux hat jüngst den Literaturnobelpreis bekommen. Keine unumstrittene Vergabe, wird sie doch mit Antisemitismus in Verbindung gebracht, da sie eine Organisation unterstützt, die Israel als Apartheidstaat die Legitimation abspricht. Und just in diesen Tagen kommt nun also auch „Annie Ernaux – Die Super-8-Jahre“, ein Titel, der alles andere als subtil auf ihr Hauptwerk „Die Jahre“ verweist. Auch in ihren Schriften befasste sich Ernaux immer mit sich selbst, mit der eigenen Biographie, mit den gesellschaftlichen Umständen, kurz – mit den letzten Jahrzehnten, die sie auf gewisse Weise als Chronistin begleitet hat.
Das merkt man auch diesem Film an, den Ernaux zusammen mit ihrem Sohn David gemacht hat. Sie sichteten das umfangreiche Super-8-Material, fanden eine narrative Form, es zu verbinden und lassen es für sich stehen. Denn das Filmmaterial hat die Bilder, nicht jedoch den Ton eingefangen. Das könnte sein, als würde man sich Dias oder Heimvideos von Bekannten ansehen – für Außenstehende praktisch uninteressant.
Aber für diesen Film gilt das nicht, denn Ernaux hat einen neuen Text dafür geschrieben, einen Off-Kommentar, der essayistisch die Ereignisse in Kontext setzt und damit auch ihr Leben dem Zuschauer näherbringt.
Das ist natürlich nicht unbedingt ein Film für all jene, die nicht von vornherein von Annie Ernaux‘ Texten überzeugt sind. Wer kein Fan ist, wird es durch den Film wohl auch nicht werden, einen faszinierenden Einblick in die Werdungsjahre einer Schriftstellerin liefert er aber schon. Zumal er auch zeigt, wie das liberalbürgerliche Frankreich in jener Dekade war – so privat diese Videos sind, ist Politik doch auch immer Teil ihrer DNS. Ein faszinierend anderer, weil sehr intimer Dokumentarfilm.
Peter Osteried