Argo

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Auch mit seinem dritten Film „Argo“ bestätigt Ben Affleck, dass er auf dem besten Weg ist, sich als Regisseur ansprechender Filme zu etablieren. Lose auf wahren Begebenheiten basierend, erzählt er von einem Husarenstück des CIA, mit dem 1980 unter dem Mantel einer Filmproduktion sechs Amerikaner aus dem Iran gerettet wurden.

Webseite: www.argo-derfilm.de

USA 2012
Regie: Ben Affleck
Buch: Chris Terrio
Darsteller: Ben Affleck, Bryan Cranston, John Goodman, Alan Arkin, Victor Garber, Tate Donovan
Länge: 120 Minuten
Verleih: Warner
Kinostart: 8. November 2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Als Ende 1979 im Zuge der iranischen Revolution die amerikanische Botschaft in Teheran gestürmt und die Botschaftsangehörigen als Geiseln genommen wurden, konnten sechs Amerikaner unbemerkt entkommen. Monatelang verschanzten sie sich im Haus des kanadischen Botschafters, während die Verhandlungen zwischen der amerikanischen Regierung und den Geiselnehmern nur schleppend vorankamen. Als die Situation für die sechs zunehmend bedrohlich wurde, man jeden Tag mit ihrer Entdeckung rechnete, startete der CIA eine vollkommen bizarr anmutende Rettungsaktion: Eine fiktive Filmproduktion wurde gegründet, Poster gedruckt, Anzeigen in den Branchenblättern geschaltet, alles nur, damit der CIA Agent Tony Mendez in den Iran reisen konnte, mit dem Vorwand mögliche Drehorte zu inspizieren. Die sechs Amerikaner sollten als Filmteam agieren – Regisseur, Kameramann, Drehbuchautorin etc. – und zwei Tage später mit kanadischen Pässen ausreisen.

Was sich wie eine unglaubwürdige Hollywood-Komödie anhört ist tatsächlich passiert, war ein voller Erfolg und Jahre lang klassifiziert. Erst 1997 kamen die Details der Rettung ans Licht der Öffentlichkeit und wurden nun von Drehbuchautor Chris Terrio und Regisseur Ben Affleck zu einem Film verarbeitet, der möglicherweise zu einem etwas unglücklichen Zeitpunkt entstand. Denn auch wenn die eigentliche Geschichte ein geheimdienstliches Husarenstück ist, kann eine amerikanische Produktion über die Befreiung von sechs Amerikanern aus dem Iran natürlich nicht unpolitisch sein. Das mit George Clooney zudem einer von Hollywoods offensivsten Liberalen als Produzent agierte, dem aber fraglos auch bewusst ist, dass Iran seit der Revolution, die den Anfang dieses Film bildet, zu einem Schurkenstaat stilisiert wird, führt zu einem merkwürdigen ideologischen Eiertanz.

Den Anfang des Films bildet ein kurzer Abriss iranischer Geschichte, die auch die amerikanische Unterstützung des Putschs gegen den demokratisch legitimierten Präsidenten Mohammad Mosaddegh nicht ausspart, die der Anfang allen Übels war. Auch die iranische Revolution, ja selbst der Sturm auf die amerikanische Botschaft wird relativ neutral geschildert, die Radikalisierung des Irans durch die Machtergreifung des Ayatollah Khomeinis zumindest nicht als Werk des Teufels verdammt. Im weiteren Verlauf des Films, der den CIA-Agenten Tony Mendez (gespielt von Regisseur Ben Affleck selbst) in den Mittelpunkt stellt, wirken dann die Iraner praktisch durch die Bank bedrohlich, aggressiv und antiamerikanisch. Was sie natürlich gerade in dieser Phase der Geschichte und gerade im Kontext der Botschaftsgeiselnahme auch waren.

Man merkt dem Film stets an, wie sehr er sich bemüht, den Fokus der Erzählung auf die persönliche Ebene zu lenken, wie er Mendez eine schwierige Ehe andichtet, wie er mit sich ringt, ob er die bizarre Geschichte der fiktiven Filmproduktion als Satire inszenieren soll, oder der Ernsthaftigkeit genüge tun will. Mit John Goodman und Alan Arkin werden anfangs zwei Figuren aus dem Hollywood-System eingeführt, die das fiktive Produktionsbüro aufbauen. Hier wirkt „Argo“ wie ein ironischer Kommentar zum Hollywood-System, doch im weiteren Verlauf der Geschichte verschwindet dieser Ansatz völlig. Die sechs Botschaftsflüchtlinge wiederum bleiben nur Chiffren, entwickeln sich nicht zu Charakteren, denen man sich nahe fühlt.

Dennoch hat sich Ben Affleck in seinem dritten Film endgültig zu einem souveränen Regisseur entwickelt, der ohne große Mätzchen, ohne besonders prägnanten Stil, aber schwungvoll und stringent inszeniert. So ist „Argo“ anfangs ein überraschend komischer, gegen Ende ein bemerkenswert spannender Film, dem man nur eine etwas klarere Haltung gewünscht hätte.

Michael Meyns

Iran 70er Jahre. Der demokratisch gewählte Premier Mossadegh wird gestürzt. Im Hintergrund die Engländer und Amerikaner, die ein Interesse daran haben, die iranischen Ölquellen mit zu kontrollieren. Der Schah soll wieder regieren, die Diktatur kehrt zurück.

1979. Die Khomeini-Revolution. Iranische „Studenten“ stürmen in Teheran die amerikanische Botschaft. Es ist die Amtszeit von Präsident Carter. Die Botschaftsangehörigen werden als Geiseln gefangen genommen. Sie sind über 440 Tage gefangen gehalten, kommen nach dieser langen Zeit auf diplomatischem Weg frei.

Sechs Botschaftsangehörige können fliehen und sich in die kanadische Botschaft als „Hausgäste“ retten. Aber wie außer Landes kommen?

CIA-Agent Tony Mendez entwirft mit seinen Freunden, teilweise Filmproduzenten und Agenten, einen abenteuerlichen jedoch riskanten Plan. Im Iran sollen schnell die Konditionen und Schauplätze für einen angeblichen Sci-Fi-Film ausfindig gemacht und die sechs nach Abschluss der Suche als Crewmitglieder getarnt über die Grenze gebracht werden. Allerlei Schwierigkeiten fehlen dabei nie, doch trotz übergroßem Misstrauen und ständiger Kontrollen durch die iranische Polizei und die Revolutionsgarden gelingt schließlich der Plan.

Also tatsächliche Begebenheit. Nicht ganz, denn es wurde natürlich vieles kinomäßig aufgepolstert. Das ist keine Vermutung oder Behauptung, vielmehr sagt das ein Teil derjenigen, die dabei waren.

Trotzdem: Als Kinostück ist der Film Hollywood-perfekt gemacht, spannend, ausstattungsmäßig toll, milieuecht sowohl die revolutionären Szenen im Iran als auch jene der Suche nach einer Lösung in der CIA, in den Dialogen und Diskussionen der „Retter“ wie der Betroffenen überzeugend, insgesamt zwei höchst interessante Kinostunden.

Lange war das alles geheim gehalten worden, erst vor einiger Zeit wurde es offenbar.

Ein hundertprozentig amerikanischer Film – mit dem nötigen US-Narzissmus. Die Yankees feiern sich wie so oft selber. Die Kanadier allerdings, das ist den den Film begleitenden Diskussionen unmissverständlich zu entnehmen, sind damit ganz und gar nicht einverstanden. Sie scheinen es nämlich gewesen zu sein, die an allem den Hauptanteil trugen. Jedenfalls legen sie dafür genügend Beweise vor.

Besetzt ist der Film erstklassig: Ben Affleck, Alan Arkin, John Goodman usw.

Thomas Engel