Arteholic

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Udo Kier lebt, atmet und ist Kunst. Er ist ein „Arteholic“, aber einer, der dieses Label nicht nur aus Angeberei vor sich herträgt, sondern es auch mit Inhalten zu füllen weiß. Und so ist Hermann Vaskes Dokumentarfilm sowohl ein Zeugnis dieser Expertise als auch ein ungewöhnliches Portrait des Künstlers Udo Kier geworden.

Webseite: www.camino-film.com

Deutschland 2013/2014
Regie: Hermann Vaske
Filmlänge: 82 min.
Verleih: Camino Verleih
Kinostart: 16. Oktober 2014
 

Pressestimmen:

"Die Dokumentation, die auf dem Münchner Filmfest Premiere hat und im Herbst in die Kinos kommt, begleitet Udo Kier auf einer Grand Tour durch die Museen und Galerien Europas... Kiers REise ist ein amüsanter, verspielter und manchmal durchgeknallter Egotrip... Keine Frage, für diesen Mann ist Kunst ein Lebensmittel."
Der Spiegel

FILMKRITIK:

Ein Kunstsüchtiger deriliert. Sucht, Gier, Besitzen, Abhängigkeit, Kunst, Arteholic- dies ist die Begriffskette mit der Udo Kier dieses ungewöhnliche filmische Portrait einleitet. Regisseur Hermann Vaske begleitet den deutschen Schauspieler auf einer Reise durch Europa, durch Museen und Galerien, in denen Kier Kuratoren, Künstler und Kunstwerke trifft und mit jedem - so scheint es - eine Anekdote verbinden kann. So wird diese Reise durch die Kunstszene zu einer Reise durch Udo Kiers eigenes künstlerisches Schaffen und zu einem Portrait seiner Person.

Vaske verbindet die einzelnen geographischen Etappen zu der Narration eines Kunstsüchtigen, der mehr und mehr in einen Rausch gerät, den er immer wieder durch neue Kunst zu befriedigen sucht, bis er schließlich an seiner letzten Station im Hamburger Bahnhof in Berlin zusammenbricht. Vieles, wenn nicht gar alles, in „Arteholic" ist inszeniert, der Film selbst ein Kunstwerk, das sich dem dokumentarischen Anspruch auf Authentizität versperrt. Nicht immer ist klar zu sagen, wann es sich um eine "reale" Situation und wann um eine Performance handelt, womit der Film zugleich anhaltend die Frage nach der Abgrenzung der beiden Szenarien formuliert und die Unterscheidung letztlich als hinfällig postuliert. Auch die Dialogszenen, in denen Udo Kier und seine Gesprächspartner - Künstler, Museumsleiter, Galeristen - sich gegenseitig interviewen, finden in wohl konstruierten Settings statt. Sie sind nicht einfach nur abgefilmte Kommunikation, sondern selbst kleine Performance-Kunstwerke. Udo Kiers Treffen mit Regisseur Lars von Trier beispielsweise kommt gänzlich ohne Sprache aus und birgt damit durchaus Witz, wie überhaupt „Arteholic" seinen Zuschauer so manches Mal zum Schmunzeln bringt.

Udo Kier entpuppt sich nicht nur als Künstler, sondern vor allem als Kunstkenner und Arteholic, der - wie er Nikolaus Hirsch vom Frankfurter Städelmuseum in einem therapeutischen Setting beichtet - nicht genug bekommen kann. Neben seinen persönlichen Anekdoten über Andy Warhol oder Robert Mapplethorpe bietet Kier dem Kinozuschauer auch seine Expertise über die gezeigten Kunstwerke. Ganz selten blitzt zwischen dem Künstler und dem Kunstkenner auch der private Udo Kier durch, oft fast kindlich verspielt. Kier genießt sichtlich diese kleine Reise durch die europäische Kunstszene, die Treffen mit alten Bekannten und Mitstreitern, und lädt das Publikum dazu ein, sich von dieser Begeisterung anstecken zu lassen. 

Die wahre Faszination für „Arteholic" bleibt dennoch wohl vor allem jenen vorbehalten, die ein Interesse für moderne Kunst und/oder den Künstler Udo Kier mitbringen. Trotz der rahmenden narrativen Struktur ist „Arteholic" kein Film, der eine Geschichte erzählt, mit der ein themenfremdes Publikum zu fesseln wäre. Vielmehr setzt "Arteholic" eine Ader für den visuellen, den ästhetischen Genuss voraus und eine Bereitschaft, Kunst auch an unerwarteten Stellen zu entdecken. Bilder, Skulpturen und Performances sind die Protagonisten dieses Films, die sowohl für sich selbst sprechen als auch mit den menschlichen Figuren in einen Dialog treten. „Arteholic" ist Kunst, ohne Frage. Kunst über Kunst über Kunst. Und wie jede Kunst, ist sie nicht jedem gleichermaßen zugänglich.
 
Sophie Charlotte Rieger