Aus meiner Haut

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Nach mehreren kurzen Filmen – mit einem errang er auch den Studenten-Oscar – legt Alex Schaad mit „Aus meiner Haut“ sein Langfilmdebüt hin. Einen Film mit Science-Fiction-Thematik, der sich aber vor allem durch seine Spiritualität auszeichnet und der Frage nachgeht, was es ist, das man an einem Menschen liebt. Denn hier geht es um den willentlichen Körpertausch, um andere Erfahrungen zu sammeln und – idealerweise – eine Form von Katharsis zu erleben. Ein bemerkenswerter Film, der reichlich Stoff zur Diskussion liefert.

Webseite: https://www.x-verleih.de/filme/aus-meiner-haut/

Deutschland 2022
Regie: Alex Schaad
Buch: Alex Schaad, Dimitrij Schaad
Darsteller: Mala Emde, Jonas Dassler, Dimitrij Schaad

Länge: 103 Minuten
Verleih: X Filmverleih
Kinostart: 2. Februar 2023

FILMKRITIK:

Leyla und Tristan begeben sich an einen Ort, an dem ein Wunder möglich ist. Hier können Menschen ihre Körper tauschen. Eine alte Freundin von Leyla hat sie eingeladen: Stella. Stella lebt nun im Körper ihres Vaters, der ihn seiner todkranken Tochter überließ. Zwei Wochen lang findet nun bei einigen Pärchen der Körpertausch statt, so auch bei Leyla und Tristan, die mit Fabienne und Mo tauschen. Während Leyla in der Erfahrung aufgeht, ihre Depression abschüttelt und zum ersten Mal seit langer Zeit wieder glücklich ist, hat Tristan damit Schwierigkeiten. Er möchte wieder ihr altes Leben, und sie möchte gerne in einem anderen Körper verbleiben.

Alex Schaad schrieb das Drehbuch zusammen mit seinem älteren Bruder Dimitrij, der als Mo hier auch eine kleinere Rolle spielt. Eine, die wie allen der Körpertauschfiguren, die Möglichkeit offeriert, ganz anders zu agieren. Jeder der Hauptdarsteller spielt hier mehrere Rollen. Das ist immer der Reiz eines Körpertauschs, der hier aber auf einer transzendentalen Ebene stattfindet. Schaad nutzt das SF-Element der Geschichte, um etwas über den Menschen an sich auszusagen.

Er untersucht, was es ist, das uns ausmacht. Ist es der Körper? Unser Verstand? Und wie besteht die Liebe fort, wenn der Mensch, den man an seiner Seite haben will, gar nicht mehr wie er selbst erscheint? Während Leyla erstmals glücklich ist, ist Tristan das nicht. Weil er sich im Körper des anderen unwohl fühlt, und weil er keine Zukunft sieht, wenn Leyla nicht mehr sie selbst ist. Denn Leyla vollzieht einen weiteren Tausch, diesmal mit einem Alkoholiker, der nicht mehr am Leben hängt. Sie könnte diesen Körper auch für immer behalten, aber was würde das mit Tristan und ihr machen? Leyla kann sich in dieser neuen Form der Beziehung zurechtfinden, Tristan gelingt das nicht. Der Film spielt dabei auch mit dem Thema Gender und stellt die Frage, wie Liebe bestellt ist.

Die meisten würden wohl sagen, sie lieben den Geist, den Verstand, die Essenz des anderen, aber was ist, wenn diese weibliche Essenz in einem männlichen Körper steckt? Ist dann die Liebe noch möglich, wie sie war? Tristan versucht es, bis hin zu einer geschlechtlichen Begegnung. Aber er kann auch nicht aus seiner Haut, selbst wenn er die Erfahrung, in der Haut eines anderen gesteckt zu haben, schon gemacht hat. Tristan möchte Leyla – wie sie ist, aber idealerweise glücklich. Ein Konflikt, der nicht auflösbar scheint, der den Kern dieses gedankenanregenden Films aber definiert. Was macht den Menschen aus, und was ist es, das der andere an einem liebt? Diesen Fragen geht Alex Schaad mit hoher Spiritualität nach. Er findet nicht unbedingt eine Antwort, aber er fordert den Zuschauer heraus, selbst eine zu liefern.

 

Peter Osteried