Beach Bum

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Harmony Korine ist an „normalen“ Geschichten nicht interessiert. Oder vielleicht doch, aber er macht daraus etwas ganz Eigenes. Das beweist er mit „Beach Bum“, der die Geschichte eines Künstlers erzählt, dessen Frau stirbt, die aber in ihrem letzten Willen verfügt hat, dass er erst einen Roman schreiben muss, bevor er ihr immenses Vermögen erbt. Das hätte das Zeug zu einer seichten Komödie gehabt, in Korines Händen wird daraus jedoch ein Grenzen sprengender Trip, der sicherlich nicht jedermann gefallen wird. Wer Korines „Spring Breakers“ jedoch mochte, ist hier genau richtig.

Webseite: www.constantin-film.de

The Beach Bum
Großbritannien, Schweiz, Frankreich, USA 2019
Regie & Drehbuch: Harmony Korine
Darsteller: Matthew McConaughey, Isla Fisher, Snoop Dogg, Zac Efron, Martin Lawrence, Jonah Hill
Länge: 94 Minuten
Verleih: Constantin Film
Kinostart: 28. März 2019

FILMKRITIK:

Moondog (Matthew McConaughey) lebt so, wie er es immer wollte. Der Poet hat einen Hang zu Drogen und schöne Frauen, er liebt aber auch seine Frau Minnie (Isla Fisher). Nach der Hochzeit ihrer Tochter Heather verstirbt Minnie bei einem Autounfall. In ihrem letzten Willen hat die immens reiche Frau festgelegt, dass Moondog sein Erbe nur bekommt, wenn er einen Roman schreibt und publiziert. Minnie war nämlich immer der Meinung, dass ihr Mann unter seinen Möglichkeiten bleibt. Nun möchte sie ihn posthum antreiben. Moondog nimmt die Herausforderung an, doch um dem nachzukommen, muss er sich auf einen Trip begeben, wie er schräger kaum sein könnte.
 
Schon mit seinem Drehbuch für „Kids“ zeigte Harmony Korine, dass er an Geschichten interessiert ist, die nicht unbedingt normalen Erzählmustern folgen. Bei seinem eigenen Werk „Spring Breakers“ konnte er im Jahr 2012 noch mehr in die Vollen gehen. Er nahm eine an sich normale Geschichte um das Erwachsenwerden von College-Mädels, machte aber sein eigenes Ding daraus: Eine metaphorische Abrechnung mit dem amerikanischen Traum. Seinen neuen Film „Beach Bum“ könnte man als thematisch ähnlich Fortführung sehen, denn die Hauptfigur Moondog lebt ihren Traum bereits. Darüber hinaus geht es um Kapitalismus pur. Um den Glauben, dass Geld alles ändern kann – und sogar Glück erkaufen kann.
 
Das wäre die Quintessenz, wäre „Beach Bum“ von einem geringeren Regisseur gemacht worden, mit einer Verpuppung der Hauptfigur, die sich am Ende neu erfindet und „normal“ wird. Nicht so jedoch hier: Moondog bleibt sich selbst treu. Und was noch wichtiger ist: Ihm ist das Geld völlig egal. Er erfüllt den Wunsch seiner verstorbenen Frau, aber das tut er nicht für die Millionen, die sie ihm hinterlassen hat, was das Ende sehr eindringlich zur Schau stellt. Nein, Moondog tut es, weil das seine Form der Trauer ist. Ansonsten merkt man nämlich nicht, dass er Minnie nachtrauert. Für ihn scheint das Leben einfach weiterzugehen.
 
Die Lektion ist aber auch noch eine andere: Moondog ist und empfindet sich als großartig, weil er einfach großartig ist. Er braucht niemanden, der das bestätigt, er braucht kein Geld, keinen Reichtum, eigentlich nichts – nur sich selbst und die Melodie, die er in seinem Kopf hört. Denn zu der tanzt er in dieser Welt, weit abseits aller Normen und Konventionen. Das mag verrückt anmuten, aber es ist auch bewundernswert, weil Moondog in einer Weise frei ist, wie es sich die meisten Menschen wünschen, aber kaum jemand würde es wagen, so zu leben. Weil man als Beach Bum, als Strandpenner, eben auch harte Zeiten erleben kann.
 
Matthew McConaughey in der Hauptrolle ist grandios. Er verschwindet ganz hinter der Figur und ihrer wundervollen Philosophie. Das übrige Ensemble ist auch namhaft. Nach acht Jahren sieht man erstmals wieder Martin Lawrence, und das in einer Sequenz, die mit einer unglaublich schrägen Pointe endet. Toll sind aber auch Zac Efron und Jonah Hill, die gegen ihr Image anspielen, so wie es auch mit den Disney-Serien-Darstellerinnen in „Spring Breakers“ der Fall gewesen ist.
 
„Beach Bum“ ist metaphorisch aufgeladene Unterhaltung, die sicherlich nichts für jedermann ist, die aber mit ihren Neon-Farben toll aussieht und mit den improvisiert anmutenden Szenen auch für reichlich freche Komik sorgt. Am Ende ist „Beach Bum“ das, worin es in Moondogs Leben immer geht: großartige Poesie.
 
Peter Osteried