Beasts of the Southern Wild

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Mit einer sensationell guten Kinderdarstellerin erzählt “Beasts of the Southern Wild” von einer Gemeinschaft von Außenseitern und Verlierern, die im Sumpfdelta um New Orleans bewusst die geregelte Gesellschaft meiden. Unter ihnen wird die sechsjährige Hushpuppy unkonventionell vom mal liebevollen, dann oft abwesenden Vater aufgezogen. Auf sich gestellt, entwickelt das Kind eine fantastische Welt, die den Film zu einem der besten des Jahres macht.

Webseite: www.beastsofthesouthernwild.de

USA 2012
Regie: Benh Zeitlin
Darsteller: Quvenzhané Wallis, Dwight Henry, Jonshel Alexander
Länge: 92 Min.
Verleih: MFA
Kinostart: 20. Dezember 2012

PRESSESTIMMEN:

Ein hypnotischer, bildgewaltiger Trip zwischen Fantasie und Realität.
STERN

Eine Geschichte von Liebe und Hoffnung und dem Überleben mit dem Hurrikan Katrina: Der Film war der Überraschungserfolg beim Festival in Cannes - und gilt bereits als heimlicher Oscar-Anwärter. In der Low-Budget-Produktion, gedreht in den Sumpfgebieten des Mississippi-Delta von Louisiana, mit Laiendarstellern aus dem "Bayou" - jener von Hurrikans und dem steigenden Meeresspiegel bedrohten Region - erzählt Regie-Debütant Benh Zeitlin die berührende Geschichte eines Mädchens, das seine Heimat verliert… der schönste Film des Herbstes. …ein gewagter, geglückter, großer Film voller magischer Momente.
ARD titel thesen temperamente

Ein herzergreifendes Lehrstück über das Leben und seine Vergänglichkeit. Oscar-würdig! Märchenhaft und erschreckend real zugleich - ein Indie-Meisterwerk.
Cinema

Ein Meisterwerk, das Poesie mit Politik vereint.
Der Spiegel

FILMKRITIK:

Die sechsjährige Hushpuppy (Quvenzhané Wallis) lebt mit ihrem Vater Wink (Dwight Henry) im Marschland hinter einem Damm, der brave amerikanische Bürger bei New Orleans vor dem Golf von Mexiko schützt. Die Ungezähmten blieben im unregulierten Becken des Flussdeltas, in der freieren Natur. Hushpuppy wird von ihrem immer wieder heftig trinkenden Vater sehr unkonventionell zur Härte erzogen. So hat das kleine Mädchen, das auch Junge sein könnte, seine eigene Hütte neben der des Vaters. Die fackelt sie allerdings ab, als ihr Wink wieder für einige Tage im Krankenhaus verschwindet. Das erstaunliche Kind sucht auf seinen Exkursionen in die wild wuchernde Natur selbständig Erklärungen für dies und vieles andere. Sie horcht nach dem Herzschlag von Tieren und Pflanzen. Vor allem will Hushpuppy wissen, wo ihre Mutter ist.

Die kindlich fantasievollen Antworten, die wir im Off des Mädchens hören, gehen ins Magische, erzählen vom Schmelzen der Polkappen, einer großen Flut und riesigen prähistorischen Auerochsen, die dann auch im Bild heranstürmen. Die Flut kommt tatsächlich über die bunte Gemeinschaft von Trinkern und überzeugten Außenseitern in Form eines heftigen Wirbelsturms. Und über Hushpuppy, weil ihr Vater sterben wird.

Die verlorenen Existenzen wollen ihre zerstörten Häuser selbst nicht verlassen, als der Staat massiv anrückt. Verrückte Randerscheinungen, die in einer der eindrucksvollsten und atmosphärisch stärksten Filme von Sundance und „Certain Regard“ in Cannes 2012 viel Sympathie gewinnen. Selbst als sich die freiwillig Ausgegrenzten ein Loch in den Damm sprengen, damit die salzige Flut abfließen kann, die Tiere und Pflanzen umbringt. Eine Sensation dabei ist die Geschichte des kleinen Mädchens Hushpuppy, extrem stark gespielt von Quvenzhané Wallis. Sie erzählt neben vielen fantastischen, berührenden Momenten, tatsächlich auch von globaler Erwärmung und dem Abschmelzen der Polkappen - mit allen Folgen im Kleinen.

„Beasts of the Southern Wild” ist das Debüt des jungen Regisseurs Benh Zeitlin, der als Mitglied des unabhängigen Filmemacher-Kollektivs „Court 13“ nach New Orleans zog und dort seinen ersten Kurzfilm „Glory at Sea“ realisierte, nachdem 2008 Katrina die Stadt zerstörte. In jeder Faser, in jeder Szene feiert „Beasts of the Southern Wild” das Leben, so bildgewaltig und fantastisch, wie es die Sumpf-Bewohner in ihren ausgelassenen Feiern tun. Ein Muss für jeden, der nicht nur eingedämmte, sondern Filme voller Leben will.

Günter H. Jekubzik

Während der Wettbewerb der diesjährigen Filmfestspiele in Cannes zwar viele große Namen bereit hielt, aber wenig große Filme zeigte, war es am Ende der Newcomer Benh Zeitlin, der mit seinem Spielfimdebut Bilder auf die Leinwand des ‚Grand Salles ‚wuchtete, wie sie selbst eingefleischte Cineasten noch nicht gesehen haben, und dafür völlig zu Recht mit der Caméra D' Or ausgezeichnet wurde.

„Beasts of the Southern Wild“ spielt in Bathtub, einem fiktiven Dorf tief in den Sümpfen Louisianas, mitten im Mississippi-Delta, wo die Einwohner in selbstgebauten Hütten und jenseits aller Zivilisation ein eigenes Leben mit einer eigenen Kultur und einer eigenen Tradition leben und sich mit den immer wiederkehrenden Katastrophen längst arrangiert haben. Es ist eine apokalyptische Welt, die offensichtlich regelmäßig von Wirbelstürmen a la ‚Katrina’ oder Umweltkatastrophen a la ‚Deepwater Horizon’ heimgesucht wird und wo sich der über die Ufer getretene Mississippi längst nicht mehr beruhigen lässt. Hier lebt die kleine Hushpuppy zusammen mit ihrem Vater Wink. Sie haben sich im Müll der Zivilisation eingerichtet und leben, wie es früher vielleicht die Ureinwohner getan haben. Wink bereitet seine Tochter mit durchaus rüden Methoden darauf vor, dass er eines Tages nicht mehr für sie sorgen kann und sie allein auf sich gestellt sein wird. Doch Hushpuppy nimmt das alles relativ gelassen, denn in ihrem Kopf verändern sich die Katastrophen, denen sie begegnet, zu einem leuchtenden Märchen mit Monstern und dem Glauben, dass es ein regulierendes Element gibt, das immer wieder eine Balance zwischen allem Irdischen und dem Universum wiederherstellt. Doch dieses Gleichgewicht scheint durch die ernsthafte Erkrankung ihres Vaters in Gefahr, und Hushpuppy muss erstmals selber entscheiden und handeln.

Eigentlich erzählt Zeitlin eine Coming-of-Age Geschichte und lässt uns die kleine Hushpuppy ihre archaische Welt zeigen. Ein abgewrackter Schulbus und ein paar angerostet Ölfässer sind ihr Zuhause, ihr Vater ist meist betrunken, liebt sie jedoch auf schroffe, aber dennoch abgöttische Art und Weise. Sie bewegen sich auf einer Art Floss, das sie aus Schrott zusammengebaut haben und trotzen so, wie schon ihre Urahnen seit Ewigkeiten, allen Naturkatastrophen. Doch irgendetwas scheint sich zu verändern, Hushpuppy weiß zwar nicht was, spürt es aber umso deutlicher. Nach dem Verlust ihrer Mutter scheint nun auch der Tod des Vaters bevor zu stehen und die Wassermassen bedrohen ihre primitive Behausung. Die globale Erwärmung hat aber nicht nur das ständige Hochwasser verursacht, sondern auch urzeitliche Monster aus dem ewigen Eis befreit, die ihr nun wie Vorboten des Untergangs erscheinen.

Benh Zeitlin inszeniert hier einen mythologischen Kosmos mit einem bewegenden Soundtrack, apokalyptischen Bildern mit surrealen Elementen, die einem magischen Realismus huldigen, wie wir ihn so komplex und überwältigend schon lange nicht mehr im Kino gesehen haben. Und mitten drin steht ein sechsjähriges Mädchen, das sich von all dem nicht bange machen lässt und ihrer Umwelt trotzt, wie wir es unseren größten Filmhelden nicht zutrauen würden. Nach dem Film sollte man sich eigentlich nichts Größeres mehr vornahmen, denn der Kopf ist dann randvoll mit großartigen Bildern und verstörenden Gedanken.

Kalle Somnitz

Strand in Louisiana in der Nähe von New Orleans. Das Land ist durch einen Deich geschützt. Aber jenseits des Deiches, in der „Badewanne“ (Bathub) leben auch noch Menschen. Wink zum Beispiel mit seiner kleinen Tochter Hushpuppy und viele andere. Die Mutter ist tot.

Es ist schon eine eigenartige Gesellschaft, die sich hier zusammengetan hat. Die Behausungen und Fortbewegungsmittel könnten primitiver (und gleichzeitig origineller) nicht sein. Die Schnapsflasche ist immer greifbar. Von Ordnung und Hygiene hat da noch nie jemand etwas gehört.

Aber sie halten zusammen, sind eine verschworene Truppe, feiern gemeinsam („weltweit die meisten Feiertage“), pflegen einander, wenn jemand erkrankt. Hushpuppys Vater ist krank. Er wird nicht mehr lange leben. Wer wird für das Kind sorgen? Er spricht immer in einem unerträglich rüden Ton mit seiner Tochter, aber er liebt sie auch.

Ein gewaltiger Sturm kommt auf, der lange andauert und alles überschwemmt. Sie müssen wieder von vorn beginnen, alles neu aufbauen. Einmal werden alle zwangsevakuiert. Aber sie fliehen und kehren zurück.

Hushpuppy philosophiert geradezu, ist ein altkluges Kind. Doch das hängt mit dem besonderen Stil des Films zusammen. Er ist nicht nur Realität, sondern auch Phantasie, Märchen, Illusion, Vision.

Ungeheuer kraftvoll und direkt ist das gestaltet. Die Kamera liefert furiose Bilder, wie man sie lange nicht sah. Kein Wunder, dass dafür (2012) in Cannes die Camera d’or verliehen wurde.

Umweltfragen werden in Hushpuppys „Philosophie“ ebenso angeschnitten wie menschliche Existenzprobleme und weltumspannende Überlegungen. Alles muss zusammenspielen, fehlt ein Teil, zerbricht alles, sagt das Mädchen einmal sinngemäß.

Der melancholische und dann doch wieder zuversichtliche Blick, mit dem die etwa zehnjährige Hushpuppy (Quevenzhané Wallis) in die Welt schaut, bleibt hängen. Auch die Darstellung des pseudobrutalen Vaters (Dwight Henry) hinterlässt einen starken Eindruck.

Der Film ist ein sonderbarer Wurf, ein eigenwilliges Projekt, das aber beeindruckt und nachwirkt.

Thomas Engel