„Wer hätte denn gedacht, dass es die Bienen sein würden?“ presst Richard Widmark im schundigen Horror-Klassiker „Der Schwarm“ markig zwischen den Zähnen hervor, als Killer-Bienen die USA bedrohen. Über die mörderischen Majas kann der neuseeländische Kult-Horror-Regisseur Jonathan King nur müde lächeln. Er ging 2007 mit seiner hochironischen Trash-Horror-Splatter-Comedy „Black Sheep“ einen großen Schritt weiter und hat aus den knuffig-niedlichen Wolleproduzenten erbarmungslose Killermaschinen gemacht, die vor wirklich nichts zurückschrecken.
Nun kommt die blutige Bienenparodie wieder ins Kino, und nach 87 atemlosen, zitatgespickten Gore-Minuten taumelt der Splatter-Fan aus dem Kinosaal und stammelt: „Wer hätte denn gedacht, dass es die Schafe sein würden?“
Neuseeland 2007
Regie und Drehbuch: Jonathan King
Darsteller: Nathan Meister, Peter Feeney, Tommy Dabis, Danielle Mason, Oliver Driver, Glenis Levestam, Matthew Chamberain, Sam Clarke
Kamera: Richard Bluck
Musik: Richard Bluck
Länge 87 Minuten
Verleih: Der Filmverleih GmbH
Start: 30.10.2024
FILMKRITIK:
Henry Oldfield hat keine schönen Erinnerungen an seine Jugend auf einer riesigen Schaf-Farm in Neuseeland. Das Mobbing seines Bruders und der plötzliche Unfalltod seines Vaters haben ihn nachhaltig traumatisiert: Seit 15 Jahren hat er außerdem panische Angst vor Schafen. Jetzt kehrt er auf das väterliche Anwesen zurück, um seinen Anteil an der Farm an seinen Bruder zu verkaufen. Der ist gerade dabei, finanzkräftigen Investoren das „Oldfield“ vorzustellen: ein gentechnisch verändertes Schaf, wie der Züchter es sich wünscht: ein robuster Wolle-Macher, der auch noch hervorragend schmeckt. Natürlich – wir befinden uns schließlich in einem Horrorfilm – ist gentechnisch schiefgegangen, was nur schiefgehen konnte, und aus den niedlichen Bählämmchen sind Horror-Hammel mit einem ausgeprägten Appetit auf Menschenfleisch geworden. Und damit nicht genug: Wer einen Schafsbiss überlebt, mutiert erstaunlich schnell selbst zum Schurwolle-Zombie. Nun bleibt Henry Oldfield keine andere Wahl, als sein Schaftrauma auf die handfeste Art endgültig zu überwinden und nebenbei den seit Jahrzehnten schwelenden Bruderkonflikt auszutragen. Unterstützt von seinem Jugendfreund Tucker und der Tierschutzaktivistin Experience nimmt er den aussichtslos erscheinenden Kampf gegen die blökenden Bestien auf.
Die Story des Films ist vollkommen hanebüchen. Regisseur und Drehbuchautor Jonathan King hat sie aus Versatzstücken bekannter Genre-Filme zusammengebastelt: Tier-Horror, Werwolf-Grusel und Zombie-Splatter wurden zu einem sehr blutigen Cocktail gemixt, der mit einem gewaltigen Augenzwinkern serviert wird.
Aber Achtung: Möglicherweise könnte es sein, dass sensible Naturen die Augen vor Entsetzen aufreißen, denn Jonathan King ist kein Kind von Traurigkeit. „Black Sheep“ ist absolut nichts für zartbesaitete Naturen und sensible Arthouse-Fans. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto beherzter dreht King an der Splatter- und Gore-Schraube, dass das Blut nur so von der Leinwand spritzt. Peter Jacksons seit über 30 Jahren auf dem Index stehende Trash-Horror-Parodie „Braindead“ war unverkennbar eine Inspirationsquelle für „Black Sheep“, und deshalb sollte hier nur ins Kino gehen, wer die vollkommen überdrehten und sämtliche Grenzen guten Geschmacks absichtlich verletzenden Gewaltdarstellungen goutieren kann.
Wer jedoch eine derart durchironisierte Trash-Unterhaltung mag, wird „Black Sheep“ lieben. Jonathan King ist nichts heilig, er zieht alles konsequent durch den Kakao und ergreift niemals Partei: Profitgierige Gentechniker bekommen genauso ihr Fett weg wie durchgeknallte Öko-Freaks, denn Respektlosigkeit ist in Neuseeland Programm.
Unterstützt wird King dabei von einem hervorragenden Schauspiel-Ensemble, das sich mit Wonne in die Aufgabe gestürzt hat, dusslige Horror-Film-Schauspielerei bis zum Exzess zu übertreiben. Und für die Special Effects zeichnet tatsächlich Peter Jacksons mehrfach preisgekrönte Firma Wētā FX verantwortlich, die sich nicht nur bei besagtem „Braindead“, sondern auch bei der „Ringe“- und der „Hobbit“-Trilogie ins Zeug gelegt hat.
Kurz: „Black Sheep“ ist ein auf vielen Ebenen gemeiner und frecher Horrorfilm … gute Unterhaltung allerdings nur für Menschen, die dieses Genre und seinen tief schwarzen Humor lieben.
Gaby Sikorski