Blindgänger

Hunderttausende Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg liegen noch verborgen unter deutschen Böden und manchmal kommt eine zum Vorschein. Diese kurz vor der Explosion stehenden Fremdkörper dienen Kerstin Polte als Allegorie für einen etwas überladenen Episodenfilm, der im Zentrum von Hamburg sehr viele Figuren und Probleme zusammenbringt.

 

 

Über den Film

Originaltitel

Blindgänger

Deutscher Titel

Blindgänger

Produktionsland

DEU

Filmdauer

95 min

Produktionsjahr

2024

Produzent

Decker, Dirk

Regisseur

Polte, Kerstin

Verleih

missingFILMs – Acrivulis & Severin GbR

Starttermin

29.05.2025

 

Lane Petersen (Anne Ratte-Polle) leidet an Panikattacken. Unter normalen Umständen kein riesiges Problem, außer man arbeitet wie Lane als Bombenentschärferin, ein Berufsfeld in dem Ruhe und Konzentration lebensnotwendig erscheinen. So befindet sich Lane bei Ava Shabani (Haley Louise Jones) in psychologischer Behandlung, doch eine Freigabe hat sie noch nicht erhalten.

Die wäre umso notwendiger, da Otto Bismarck (Bernhard Schütz), ihr Chef beim KRD, dem Kampfmittelräumdienst, sich wegen des Verdachts auf Prostata-Krebs krankgemeldet hat. Und das ausgerechnet, als im Herzen von Hamburg auf einer Baustelle ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg auftaucht.

Daniela Reiter (Thelma Buabeng), die Leiterin der Abteilung koordiniert die Aktion, die aus vielerlei Gründen problematisch wird: Eine Sturmflut bahnt sich an, die mit starken Winden für zusätzliche Probleme sorgt, zudem spielen am Abend der FC. St Pauli im Lokalduell gegen den Hamburger SV, vor allem aber sorgt die notwendige Räumung des Bombenfundortes für Probleme.

Dort lebt etwa Viktor Knigge (Karl Markovics), der abends gerne auf dem Kiez in Frauenkleidung tanzt und in seiner Wohnung den afghanischen Flüchtling Junis Nerwa (Ivar Wafaei) aufgenommen hat. Dieser ist durch Explosionen in seiner Heimat ebenso traumatisiert wie Lanes demente Mutter Margit (Barbara Nüsse), die sich noch an die Ereignisse des Feuersturms des Zweiten Weltkriegs erinnert.

Man merkt: Drehbuchautorin und Regisseurin Kerstin Polte entfaltet in ihrem zweiten Spielfilm „Blindgänger“ ein mehr als dichtes Geflecht aus Figuren und Allegorien, die auf fast schon magische Weise durch den zu entschärfenden Blindgänger verbunden sind. Und als wäre all das nicht genug, entwickelt sich im Laufe des Films auch noch eine emotionale Bindung zwischen der Bombenentschärferin Lane und ihre Ärztin Ava, während Otto erfahren muss, dass seine Frau eine Affäre mit einem ihrer deutlich jüngeren Studenten hat.

So vollgestopft mit Figuren ist der Film, dass kaum Eine längeren Raum bekommt, sich zu entfalten, so forciert die Verbindungen zwischen Figuren und Situationen, dass die ohnehin nicht allzu subtile Allegorie umso bemühter wirkt. Vielleicht standen die Episodenfilme Robert Altmans Pate, von „Nashville“ bis „Short Cuts“, in denen ein vielfältiges Figurenensemble lose um ein Thema kreisten, es aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchteten. Manchmal gelingt das auch in „Blindgänger“, entstehen kurze, wahrhaftige Momente, doch angesichts des überfrachteten Films, der in kaum 90 Minuten fast ein Dutzend Figuren gerecht zu werden versucht, bleibt am Ende zu viel auf der Strecke. Weniger allegorische Aufladung wäre hier mehr gewesen.

 

Michael Meyns

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