Champions

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Wie aus der Zeit gefallen mutet Bobby Farrellys „Champions“ an, zumindest auf den ersten Blick. Schon in früheren Brachialkomödien hatte Farrelly – damals noch als Regieduo mit seinem Bruder Peter – immer wieder Figuren gezeigt, die „anders“ als die Norm waren und genau da macht er nun weiter. Das Ergebnis ist ein Film über Selbstbestimmung und Selbstvertrauen, der sehr einfach, um nicht zu sagen schlicht erzählt ist, aber ein großes Herz besitzt.

USA 2023
Regie: Bobby Farrelly
Buch: Mark Rizzo, nach dem Film “Campeones” von Javier Fesser,
Darsteller: Woody Harrelson, Kaitlin Olson, Matt Cook, Ernie Hudson, Cheech Marin, Madison Tevlin, Joshua Felder, Kevin Iannucci, Ashton Gunning

Länge: 123 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 27. April 2023

FILMKRITIK:

Trostloser als in Des Moines, Iowa, kann es kaum werden. In diese vollkommen austauschbare Stadt im Herzen der USA hat es Marcus (Woody Harrelson) verschlagen, einen Basketballcoach mit Ambitionen. Dass er nur als Assistenztrainer eines College-Teams arbeitet wurmt ihn zutiefst, doch sein großes Manko wird schnell klar: So sehr sich Marcus mit Basketball auskennt, so wenig versteht er von Menschen und ihren Bedürfnissen.

Einen Autounfall unter Alkoholeinfluss später steht Marcus vor der Wahl: Entweder ein halbes Jahr Gefängnis oder 90 Tage lang Trainer eines speziellen Teams werden. „The Friends“, die Freunde, nennt sich die Gruppe an Menschen mit Einschränkungen, deren Trainer Marcus wird. Zum Beispiel Marlon (Casey Metcalfe), der einen dicken Helm trägt und gerne seltsames, eher unnützes Wissen zitiert. Oder Showtime (Bradley Edens), der den Ball stets mit dem Rücken zum Korb wirft – und ihn dementsprechend immer verfehlt. Johnny (Kevin Iannucci) wiederum hat Trisomie 21 und eine Schwester, Alex (Kaitlin Olson), mit der Marcus anfangs einen One Night Stand hatte und die bald als Fahrerin des Temas agiert.

Denn nach und nach beginnt Marcus, dem Team beizubringen, gut Basketball zu spielen, so dass eine Fahrt zu einem „Special Olympics“ Turnier im kanadischen Winnipeg möglich erscheint. Doch der Lernprozess ist ein wechselseitiger, auch wenn es Marcus bisweilen schwer fällt, seine Lektion zu begreifen.

„Dumm und Dümmer“, „Schwer verliebt“ oder „Unzertrennlich“ hießen die Filme, mit denen Bobby Farrelly zusammen mit seinem Bruder Peter vor gut 20 Jahren große Erfolge feierte. Während Peter inzwischen Prestigefilme dreht und für „Green Book“ sogar den Oscar gewann, hatte Bobby eine längere Pause eingelegt. Nun hat er ein Remake des spanischen Erfolgsfilm „Campeones“ gedreht, der einen Aspekt seiner früheren Filme nimmt und in den Mittelpunkt stellt: Wie kaum ein anderes Regieduo hatten die Farrellys Menschen mit Einschränkungen eine Plattform gegeben, wollten zeigen, dass auch „Behinderte“ oder auf englisch „Retards“, wie damals noch eher abfällig oft gesagt wurde, gleichwertige Teile der Gesellschaft sind. Der Unterschied: Damals tauchten diese Charaktere entweder in Nebenrollen auf oder wurden von bekannten Darstellern gespielt.

„Champions“ wird zwar auch aus der Perspektive des Trainers Marcus erzählt, der Raum, den sein Team, also die Menschen mit Einschränkungen einnehmen ist jedoch nicht nur viel größer, vor allem spielen die Akteure praktisch sich selber. Trotz einiger Momente des typischen Farrelly-Brachialhumors haftet „Champions“ dadurch eine Authentizität an, die seine früheren Filme weder hatten noch anstrebten. Statt dessen reflektiert „Champions“ in manchen Szenen gar den Umgang und auch die mögliche Ausbeutung dieser „speziellen“ Menschen.

Welchen Lernprozess der anfangs ungehobelte, aber herzensgute Marcus im Laufe des Films durchlebt ist vom ersten Moment klar. Weniger überraschungsfrei als „Champions“ kann ein Film kaum ablaufen, aber dennoch: So schlicht die Geschichte erzählt wird, ihrem Charme kann man sich kaum entziehen. Zumal der angemahnte Humanismus, die Aufrufe zu Toleranz keineswegs aufgesetzt wirken, sondern wahrhaftig. So banal sich eine Moral wie „Wir sind alle Champions“ auch anhören mag, man kann sich ihr nicht wirklich entziehen.

 

Michael Meyns