Chanson d’Amour

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Im weißen Anzug und mit gefühlvoller Stimme singt Alain Moreau (Gérard Depardieu) Woche für Woche die alten Chansons. Doch ein Charles Aznavour ist aus ihm nie geworden, stattdessen tritt er auf Tanztees für Senioren und in Provinzdiscos auf...
In seinem umjubelten Cannes-Wettbewerbsbeitrag „Chanson d’Amour“ erzählt Xavier Giannoli von der Würde am unteren Ende des Unterhaltungsbetriebs und von der Suche nach Halt und der stets besungenen Liebe. Dabei fängt der Regisseur das Milieu mit exquisiten Bildern und einem genauen Blick für viele amüsante Details ein, während sich der alternde Schlagerhüne und die junge, attraktive Immobilienmaklerin Marion (Cécile de France) mit kleinen Gesten und zurückhaltenden Emotionen langsam annähern. Das funktioniert aber vor allem durch das herausragende Duo Cécile de France und Gérard Depardieu in einer der besten Rollen seiner Karriere.
 

Webseite: www.chansondamour.de

Quand j’étais chanteur
Frankreich 2006
Regie: Xavier Giannoli
Darsteller: Gérard Depardieu, Cécile de France, Mathieu Amalric, Christine Citti, Patrick Pineau, Alain Chanoine, Christophe
112 Minuten
Verleih: Prokino/Fox
Start am 18.1.07

PRESSESTIMMEN:

Und wieder einmal eine ganz große Vorstellung von Gerard Depardieu: In Xavier Giannolis zärtlicher Tragikomödie glänzt der französische Mimen-Monolith als sanfter Provinzbarde, dessen Einsamkeit durch die Liebe zu einer jüngeren Immobilienmaklerin kurzzeitig durchbrochen wird. Ein Film, der zu Herzen geht wie eine dieser wunderbaren alten Schlagerschnulzen.
Der Stern

Regisseur Xavier Giannoli zaubert mit eher konventionellen Zutaten eine wunderbar beseelte Romanze über ein Paar, das keine Illusionen mehr hat. Sehr melancholisch, still, einfach schön.
Brigitte

Gerard Depardieu zeigt sich in seinem neuen Film "Chanson d'Amour" ungewohnt anrührend. In der melancholischen Liebesgeschichte verkörpert er einen abgehalterten Sänger, der durch die französische Provinz tingelt und dort sentimentale Schlager zum Besten gibt. Mit Schmelz, Charme und Sanftmut erobert er eine berückend schöne Frau...
Der Spiegel

 

FILMKRITIK:

„Man wird altmodisch, wenn man zu lange bleibt“, sinniert Schlagersänger Alain Moreau (Gérard Depardieu) an einer Stelle in Xaviers Giannolis „Chanson d’Amour“. Er selber ist auch schon sehr  lange im Geschäft: Als Schlagersänger tritt er in Discos auf und bei gemächlichen Tanztees für Rentner. Im weißen Anzug und mit einer mit Haarspray zurecht gelegten Tolle singt er dann ein paar Mal in der Woche alte Chansons, die – wovon auch sonst – von Liebe und vom Leben erzählen. Die Sentimentalen mag er vor allem. „Sie geben Halt, den wir alle suchen“, sagt er. Schließlich hat er keine Frau und die Karriere verläuft in betäubender Gleichförmigkeit, auch wenn er sich ganz gut darin eingerichtet hat. Eines Tages lernt der einsame Chansonnier die junge Immobilienmaklerin Marion (Cécile de France) kennen. Zunächst verbringt er nur eine Nacht mit ihr, will sie danach aber wieder sehen. Er lässt sich von ihr Häuser und Wohnungen zeigen – in der unübersehbaren Hoffnung, dass sie sich dabei einander annähren, ja vielleicht sogar eine gemeinsame Zukunft möglich wird.

Eigentlich würde man diese offensichtliche Anziehung zwischen dem hünenhaften Sehnsuchtsbarden und der jungen Maklerin kaum glauben, ist es doch offensichtlich nicht nur das Alter, das diese beiden denkbar unterschiedlichen Menschen trennt. Doch der Gefühlsbalanceakt mit diesen beiden Menschen, die ihre Berührungspunkte in der Einsamkeit haben, gelingt in „Chanson d’Amour“ – was Regisseur Giannoli überwiegend seinem grandiosen Duo Cécile de France und Gérard Depardieu zu verdanken hat. Vor allem Depardieu gibt dabei eine der besten Vorstellungen seiner Karriere. Nicht nur die Lieder von Charles Aznavour, Michel Delpech und einigen anderen singt er selber. Der massige Franzose schlägt auch in seinem Spiel der kleinen Gesten konsequent die richtigen Töne zwischen Traurigkeit und Selbstironie an – als professioneller Charmeur und Auslaufmodell am unteren Ende des Unterhaltungsbetriebs.

Doch so wie Giannoli seinem Alain Moreau durchweg die Würde lässt, so fängt er auch das Milieu ohne verächtlichen Humor ein. Dabei ist es ihm gelungen, seinen Film trotz aller Schnulzen mit exquisiten, etwas herunter gekühlten Bildern konsequent unkitschig zu inszenieren und immer wieder mit amüsanten Details anzureichern. Mal beobachtet die Kamera, wie sich Moreau seine Strähnchen blondiert, mal streift sie durch den Zuschauerraum und fängt einnickende Senioren oder eine glückliche Frau ein, die im Hintergrund einen in der Tombola gewonnenen Rasenmäher vorbei schiebt. „Chanson d’Amour“ ist ein Film der vorsichtigen Emotionen und subtilen Gesten, eine atmosphärische Depardieu-Show über Würde, das Aufhören und die Suche nach Nähe, voll gesogen mit der Melancholie der Schlager. Nur schade, dass Giannoli diese Zurückhaltung nicht über den Schluss und diese letzte Einstellung in den letzten Sekunden vor dem Abspann rettet und in diesem Film voller Andeutungen plötzlich überdeutlich wird.

Sascha Rettig

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Zu Goldenen Schallplatten hat Alain Moreau (Gérard Depardieu) es als Chansonsänger nie gebracht. Seine sind allenfalls Fälschungen. Trotzdem ist dieser Moreau eine authentische Figur mit glaubhaftem Schicksal und glaubhafter Einsamkeit. Ein Typ, der nach außen gute Laune verbreitet und sein Publikum zu unterhalten weiß, für sich jedoch die Perspektive verloren hat. Wie ein Hamster im Laufrad zieht er durch die französische Provinz, spielt bei Dorffesten vor wie er selbst oft einsamen Herzen zum Tanz auf. Glanz und Scheitern liegen hier nahe beieinander.

 

In einer Welt des schönen Scheins hat sich auch Moreaus Freund Bruno (Eric Almeric), ein junger dynamischer Immobilienmakler, eingerichtet. Über ihn lernt der Sänger eines Tages dessen junge Angestellte Marion (Cécile de France) kennen, und ehe diese sich’s versieht, hat sie schon die erste Nacht mit dem empfindsamen Schlagermann hinter sich. Für sie gibt es nun kein Entkommen mehr. Um ihr nahe zu sein, interessiert sich der frisch Verliebte für den Kauf einer Wohnung, glaubt gar an eine gemeinsame Zukunft.

Gérard Depardieu in der Rolle des in die Jahre gekommenen Sängers ist eine Entdeckung. Mit seiner Leibesfülle, dem leicht schmierigen längeren Haar und einem nicht gerade als „good looking“ zu bezeichnenden Äußeren nimmt man ihm seinen schweren Stand in der von Zeitgeist und Trends bestimmten Unterhaltungsbranche gerne ab. Einer wie Moreau ist da nur noch Auslaufmodell. Routine hilft da zwar, den Spielregeln entsprechend aufzutreten, in seiner Einsamkeit aber ist der Künstler sich selbst überlassen. Wenn Dépardieu seinen Alain Moreau bei einem Ausflug auf den Puy de Dome oberhalb von Clermont-Ferrand einmal sagen lässt: „Das Massiv Central bin ich“, dann bedeutet dieser Satz vor dieser Kulisse auch, dass Moreau sich körperlich zwar wie ein Fels in der Brandung fühlt, jedoch auch weiß, dass seine Zeit als funkensprühender Vulkan vorbei ist. Im sinnbildlichen Tanz mit Cécile de France lässt Dépardieu dabei auch gnadenlose Ehrlichkeit und entwaffnende Selbstironie aufscheinen.

Erstaunlich an „Chanson d’Amour“ ist aber auch, dass es keiner Vorliebe für das seichte musikalische Genre der hier betrachteten Chansonwelt bedarf, um Gefallen an dieser warmherzigen Geschichte zu finden. Gleichwohl sind die Chansons bekannter französischer Interpreten wie Charles Aznavour, Michel Delpech oder auch des mit einem kleinen Auftritt gewürdigten Christophe begleitendes, nicht aber dominantes Element. Den melancholischen Liedern Alain Moreaus verleiht Dépardieu mit dunkler und rauer Stimme einen ganz eigenen Charme – und wenn einem nach Verlassen des Kinosaals noch die ein oder andere Zeile oder Melodie im Kopf herumschwirrt, dann sollte das nicht wundern, sondern Bestätigung für die Überzeugungskraft einer vorzüglichen Komödie sein.

Thomas Volkmann