Cody – Wie ein Hund die Welt verändert

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Ein Hauch von „Susi & Strolch“ umweht Martin Skalskys Dokumentarfilm „Cody“, in dem der Halter eines ehemaligen rumänischen Straßenhundes der Vergangenheit des titelgebenden Vierbeiners nachspürt. Das Ergebnis ist speziell für Hundeliebhaber*innen interessant, die vielleicht ebenfalls einen Straßenhund adoptiert haben und sich Fragen zum Vorleben des Tiers stellen. Einen echten Erkenntnisgewinn liefert der auf Skalsky und seine Beziehung zu Cody zugeschnittene Film indes nicht. Auch deshalb scheint der Zusatztitel „Wie ein Hund die Welt verändert“ etwas hoch gegriffen: Cody verändert lediglich die Welt seines neuen Besitzers.

Webseite: www.cody-derfilm.de

OT: Cody: The dog days are over
Schweiz 2019
Regie: Martin Skalsky
Mitwirkende: Martin Skalsky, Cristina Paun, Marsha Hickmott, Maike Maja Nowak, Mark Rowlands, Lya Battle
Laufzeit: 90 Min.
Verleih: Filmwelt
Kinostart: 30.07.2019

FILMKRITIK:

Seine Liebe zu Hunden verdeutlicht der eigentlich als Filmkomponist tätige Martin Skalsky gleich zu Beginn mit einem Zitat von Milan Kundera: „Hunde sind unsere Verbindung zum Paradies.“ Es folgt eine Liebeserklärung an Cody, ein ehemals auf den rumänischen Straßen lebender Mischlingshund, den der in Zürich lebende Skalsky und seine Familie adoptiert haben. Längst ist Cody zum vollwertigen Familienmitglied avanciert, das offensichtlich auch Skalskys Wahrnehmung verändert hat.

Verständlicherweise treibt den neuen Besitzer die Frage um, was Cody in seinem Vorleben erlebt hat. War es egoistisch, das Tier aus dem gewohnten Umfeld zu reißen und ihm somit ein großes Stück Freiheit zu entziehen? Ging es Cody vielleicht gut oder gar besser, als er im Verbund mit vielen Artgenossen auf der Straße lebte? Auf der Suche nach einer Antwort reist Skalsky nach Rumänien und erfährt von der lokalen Tierschützerin Cristina Paun, dass Cody tatsächlich eine Hundefreundin hatte: Blanche, die stets an seiner Seite war. Skalsky findet heraus, dass Blanche inzwischen bei der Londonerin Marsha Hickmott lebt. Das wiederum wirft die Frage auf, ob die Hunde zusammengeführt werden sollten, und wenn ja, wie dann weiter vorzugehen ist. Wäre es nicht grausam, den Tieren ein Wiedersehen zu ermöglichen, um sie sogleich erneut zu trennen? Erinnern sich die beiden überhaupt aneinander?

Beim Versuch, Codys Gefühlswelt zu ergründen, stellt Martin Skalsky immer wieder Fragen an sich selbst und den Umgang der Menschen mit Tieren. Statt aber auf größere ethische Zusammenhänge zu verweisen, bleibt der Film nah am konkreten Fall, dessen Relevanz für die Allgemeinheit durchaus fraglich ist. Aber immerhin ist der Stoff dazu geeignet, manch Zuschauende ins Grübeln zu bringen. Auch, indem die Doku das spontane Bild vom elenden Leben der Straßenhunde hinterfragt. Statt Streicheleinheiten und Bio-Hundefutter erleben die in Rudeln lebenden Straßentiere nämlich ein Maß an Freiheit, das ihnen selbst die reflektiertesten HalterInnen kaum bieten können.

Leider ist die filmische Umsetzung der persönlichen Reise kaum geeignet, wirkliches Interesse aufkommen zu lassen. Handwerklich wirkt alles etwas fad, mit teils wenig pointierten Gesprächspassagen und einer insgesamt schleppenden Erzählweise. Symptomatisch dafür ist Skalskys Stimme aus dem Off, die nett und unaufgeregt klingt, aber auch tranduselig und daher nur eingeschränkt kinotauglich. Die eingefügten Zitate und Fotomontagen, die häufig angebrachte Klaviermusik, die an einen Imagefilm erinnernden Outdoor-Bilder: All das wirkt dröge.

Dennoch ist die Botschaft des Regisseurs, der aktiv für Tierrechte und Achtsamkeit gegenüber (hier vor allem Haus-)Tieren eintritt, grundsätzlich begrüßenswert. Das Anerkennen der Empathiefähigkeit von Tieren, das Eingehen auf ihre Bedürfnisse und das Reflektieren der eigenen Gründe für die Haltung eines Tiers, sind Fragen, die nicht erst bei Grausamkeiten wie der Massentierhaltung anfangen, sondern in den eigenen vier Wänden. Filmbeiträge wie „Cody“ tragen sicher dazu bei, dass manche TierbesitzerInnen die Haltung von Tieren als Accessoire, Langeweilevertreiber oder anderweitig dem Menschen dienliches Wesen in Frage stellen, sondern sie als eigenständige Lebewesen schätzen.

Christian Horn