Copa 71

Offiziell war die WM 1991 in China die erste Frauen-Weltmeisterschaft im Fußball. Dass es bereits zwanzig Jahre zuvor ein solches Turnier in Mexiko gab, wissen nur eingefleischte (Frauen-) Fußball-Fans. Das Sportereignis hätte der Startschuss für die weltweite Akzeptanz des Frauenfußballs werden können – doch es kam anders. Die mit reichlich Archivmaterial ausgestattete und spannend umgesetzte Doku „Copa 71“ befasst sich mit der „vergessenen Weltmeisterschaft“.

 

Über den Film

Originaltitel

Copa 71

Deutscher Titel

Copa 71

Produktionsland

GBR

Filmdauer

91 min

Produktionsjahr

2023

Produzent

Gregory, Victoria / Gargi , Jannat / Godas, Anna

Regisseur

Ramsay, Rachel / Erskine, James

Verleih

Grandfilm GmbH

Starttermin

26.06.2025

 

Frauenfußball erfreut sich nicht erst seit den 00er-Jahren einer immer größeren Beliebtheit (2003 und 2007 wurden die DFB-Frauen Weltmeisterinnen). So fand bereits 1971 in Mexico City das internationale Frauenfußballturnier „Copa 71“ statt. Die Veranstaltung entwickelte sich zu einer der meistbesuchten Frauensportveranstaltungen überhaupt – und geriet in den Jahren danach völlig in Vergessenheit. Die Dokumentation „Copa 71“ erzählt von diesem außergewöhnlichen Sport-Event.

Die Filmemacher Rachel Ramsay und James Erskine haben für ihre Dokumentation Original-Filmaufnahmen des Turniers ausgegraben. Beachtliches Filmmaterial, das zum Teil über 50 Jahre versteckt in den Archiven lagerte. Es sind beeindruckende Szenen von einem Frauenfußballturnier, das die Massen anzog. Sechs Teams nahmen an der WM teil, die Dänemark im Finale gegen das Heimteam aus Mexiko mit 3:0 für sich entschied. Einige Spiele wurden von über 100 000 Zuschauern gesehen, darunter das Finale, das 112 000 Menschen ins legendäre Aztekenstadion in Mexiko-City lockte (es ist bis heute das bestbesuchte Frauensportevent aller Zeiten).

Ramsay und Erskine präsentieren mitreißende Momente und Highlights aus den wichtigsten Spielen. Jene Spielszenen unterlegen sie stimmungsvoll mit originalem Audiomaterial und O-Tönen von damals. Hinzu kommen Interviews mit einstigen Spielerinnen, die von der ausgelassenen, frenetischen Stimmung in den Stadien und den hitzigen Duellen unter der mexikanischen Sonne berichten. Einige der Fußballerinnen lernen wir näher kennen, zum Beispiel die Mexikanerin Silvia Zaragoza oder die Britin Carol Wilson.

Der Zuschauer verfolgt den Weg der Frauenfußball-Nationalteams, dramaturgisch klug montiert, von den ersten Spielen bis ins Finale und fühlt sich ins Jahr 1971 zurückversetzt. Eine Zeit, die stark von gesellschaftlich gewachsenen, antiquierten Ansichten, (scheinbar) starren Geschlechterrollen und harschen Vorurteilen geprägt war – gerade gegenüber Frauen. Davon künden etwa einige Straßen-Interviews und Passanten-Statements aus den 60er- und 70er-Jahren. „Das ist eine Kuriosität“ oder „Das bringt mich zum Lachen“, lauten die harten, aber zu jener Zeit weit verbreiteten Urteile einiger Männer, die zum Thema „Frauenfußball“ befragt werden.

Fußball spielende Frauen, die sich im Dreck wälzen und einem Ball hinterherjagen? Für viele Männer damals unvorstellbar. Und ebenso für die (ausschließlich männlich besetzte) Führungsetage des Fußball-Weltverbandes Fifa. „Copa 71“ arbeitet nämlich auch heraus, wie sich die Fifa und einige nationale Fußballverbände nach dem Erfolg des Turniers von 1971 quer stellten. Sie verhinderten eine weltweite Ausbreitung des Frauenfußballs und damit den entscheidenden Schritt in Richtung globaler Akzeptanz. Frauenteams wurden verboten oder man untersagte ihnen, weiterhin in Stadien zu spielen. Und so geriet die Copa 71 allmählich in Vergessenheit. Die Fifa hat das Turnier bis heute nicht offiziell anerkannt.

Bisweilen wirkt die instrumentale musikalische Untermalung der Spielausschnitte und Fotos vom Turnier etwas dominant und emotionalisierend. Andererseits setzen Ramsay und Erskine auf gut gewählte, passende Evergreens – Empowerment-Klassiker der 60er- und 70er-Jahre mit Botschaft. Sie stammen von starken, selbstbewussten Frauen der Rock- und Pop-Geschichte, darunter Carole King („I Feel the Earth Move“) und Nancy Sinatra („These Boots Are Made for Walking“).

Ohne das 71er-Turnier wäre die erste offizielle Frauen-WM 1991 in China nicht möglich gewesen, sagt die ehemalige US-Nationalspielerin Alex Morgan. Und trifft mit dieser Äußerung, im wahrsten Sinne, voll „ins Schwarze“. Denn die Spielerinnen der WM 1971 waren ihrer Zeit voraus und leisteten Pionierarbeit, das zeigt „Copa 71“ nachdrücklich und auf fesselnde Weise.

 

Björn Schneider

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