Couch Connections

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9 Länder, 53 Couches – Der Österreicher Christoph Pehofer ist neun Monate um die Welt gereist, hat dabei auf fremden Sofas übernachtet und auf diese Weise zahlreiche Menschen kennengelernt. Dabei erhielt er Einblicke in andere Lebenswelten sowie fremde Kulturen. Und: Er schloss Freundschaften über die Grenzen von Kontinenten hinweg. „Couch Connections“ ist eine liebevoll und mit Herzblut umgesetzte Doku, die die Gastgeber des Regisseurs ins Zentrum rückt und von einer angenehmen, unmittelbaren Authentizität lebt.

Webseite: https://www.couch-connections.com/de/film/

Österreich 2017 - 2020
Regie: Christoph Pehofer
Drehbuch: Manuel Pammer

Länge: 75 Minuten
Kinostart: 14.07.2022
Verleih: Der Filmverleih

FILMKRITIK:

Pehofers abenteuerlicher Trip verlief quer durch Nordamerika und Asien. Die Nächte verbrachte er meist nicht in Hotels oder Hostels sondern in den Wohnungen wildfremder Menschen. Das Prinzip nennt sich Couchsurfing: Der Gast kann kostenlos bei seinem Host übernachten, lernt die Stadt und die Besonderheiten vor Ort kennen. Es geht um Austausch, Netzwerken und den Abbau von Vorurteilen. In einer Zeit, in welcher der Kontakt zwischen differierenden Kulturen oft mit Angst oder Ablehnung gleichgesetzt wird. Der Film zeigt: Couchsurfing steht für das Gegenteil und die Gastfreundschaft der Menschen überall auf der Welt ist überwältigend.

Der Mensch ist im Kern gut und die Welt ein toller Ort – solange sich die Menschen offen sowie vorurteilsfrei aufeinander zubewegen. So lautet die simple aber glaubwürdige, wahrhaftige Botschaft dieser Reise-Doku, die noch etwas anderes verdeutlichen möchte. Und zwar, wie gastfreundlich und herzensgut viele Menschen an anderen Orten der Welt sind, in denen alles andere als Reichtum und Wohlstand vorherrschen. Etwa in Vietnam. Dort kommt Pehofer unter anderen bei einer jungen Frau unter, die ihre nicht einmal 25-Quadratemeter-Wohnung mit ihrem Bruder teilen muss. Und ihren Gast aus Deutschland dennoch bei sich aufnimmt und es ihm so angenehm wie möglich macht.

Bei einer indischen Familie erhält Pehofer sogar ein eigenes Zimmer, während die Gastgeberin mit ihren Eltern in einem Bett schläft. Reichhaltige, dreimalige Mahlzeiten am Tag inklusive. In Indien behandle man Gäste wie Götter und man heiße sie immer und ohne eine Gegenleistung zu erwarten herzlich willkommen, sagt ein Familienmitglied in einer Szene. Seine Hosts und deren Familien macht Pehofer zu einem wichtigen Teil seiner Dokumentation: indem er sie ausführlich vorstellt, sie in ihrem Alltag zeigt und detailliert zu den Beweggründen befragt, wieso sie Teil des weltweiten Couchsurfer-Netzwerks wurden.

Auf diese Weise erhält der Betrachter ausführliche Einblicke in die Lebensweise der Porträtierten. Da Pehofer seine Handkamera immer griffbereit hat und sie auch mal seinen Gastgeber-Familien oder fremden Personen auf der Straße in die Hand drückt, entstehen viele emotionale, unverstellte Momente, die die Authentizität und Unmittelbarkeit des Gezeigten untermauern. Dies setzt sich in den Gesprächs- und Interviewsequenzen fort, die Pehofer ebenfalls mit seiner bewegten Kamera aufzeichnet, anstatt auf die Perfektion makelloser Stativ-Bilder zu setzen.

Die Menschen und die Regionen, die der sympathische, ausgebildete Filmemacher kennenlernt und dem Zuschauer präsentiert, sind facettenreich und vielseitig: von Montreal und Kingston in Kanada über die vietnamesischen Großstädte Hanoi und Saigon, Jaipur und Udaipur in Indien, mehrere Städte in Südkorea und Sri Lanka bis nach L.A. und Santa Barbara, zwei der Stationen in den USA.

Zum vollständigen Bild gehört, dass Pehofer seine Hosts auch nach deren Sorgen befragt. Zum Beispiel ob sie bisweilen Angst hätten oder unsicher wären, wenn Fremde bei ihnen nächtigen. Eine der Interviewten, eine Frau aus Kanada, äußert freimütig und selbstbewusst, dass sie durchaus auch etwas von ihren Gästen erwarte. Sie sollen die Stadt erkunden und sich nicht nur, im Internet surfend, in ihrem Zimmer aufhalten. Sonst fühle sie sich ausgenutzt. Und natürlich gehöre es dazu, stets für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. Diese Offenheit und Ehrlichkeit zieht sich wie ein roter Faden durch alle Interviews sowie Szenen zwischen-menschlicher Begegnung und Kommunikation, die „Couch Connections“ lebensnah und ungeschönt einfängt.

 

Björn Schneider