Cyrano

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Ende des 19. Jahrhunderts schrieb Edmond Rostand sein Drama „Cyrano de Bergerac“, das seitdem in vielen Variationen auf die Bühne und die Leinwand kam. Eine zumindest inhaltlich moderne Adaption des Klassikers schrieb Erica Schmid für ihren Mann Peter Dinklage, das nun als Basis für den schwelgerischen, tief romantischen „Cyrano“ von Joe Wright diente.

Website: https://www.upig.de/micro/cyrano

Regie: Joe Wright
Buch: Erica Schmidt, nach ihrem Stück, basierend auf dem Vers-Drama von Edmond Rostand
Darsteller: Peter Dinklage, Haley Bennett, Kelvin Harrison Jr., Ben Mendelsohn, Bashir Salahuddin, Monica Dolan
Länge: 123 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 3. März 2022

FILMKRITIK:

Klassischerweise ist es die überdimensionierte Nase, die Cyrano de Bergerac zum Gespött macht, die den Dichter zu einem wütenden, an sich selbst zweifelnden Mann werden lässt, der so manchen im Duell niederstreckt, der es wagt, die Nase zu erwähnen oder auch nur anzusehen. Die ultimative Verfilmung des berühmten Stücks von Edmond Rostand entstand 1990 mit Gerard Depardieu in der Hauptrolle. Doch nicht nur werkgetreue Versionen wurden im Lauf der Zeit gedreht, die amerikanische Komödie „Roxanne“ mit Steve Martin verlegte die Geschichte ebenso in die Gegenwart wie zuletzt auch Aron Lehmann, der in „Das schönste Mädchen der Welt“ mit gereimten Hip-Hop-Versen eine sehr moderne Variante ablieferte.

Schon das ursprüngliche Stück arbeitete mit Versen, der fast gesungen wurden, der Sprung zum Musical liegt also nah. Joe Wrights „Cyrano“ ist nun zwar kein ganz klassisches Beispiel für ein Musical, in dem fast nur gesungen wird, doch Songs sind ein markantes Element seiner Version der Cyrano-Geschichte – und auch die größte Schwäche.

Inhaltlich folgt Wright der klassischen Geschichte, der größte Unterschied: Das äußerliche Merkmal, das Cyranos Unglück ist, ist nicht mehr eine überdimensionierte Nase, sondern seine geringe Größe. 135 Zentimeter misst Peter Dinklage, der die längste Zeit seiner Karriere als Schauspieler auf Rollen beschränkt war, in denen er meist fragwürdig konnotierte Wesen spielte, „Gnome“, Phantasiegestalten, grundsätzlich jedenfalls Figuren, deren besonderes Äußeres immer Thema war. Doch die Zeiten ändern sich und so ist die unübersehbare Tatsache, dass Dinklages Cyrano deutlich kleiner ist, als die ihn umgebenden Figuren, kaum ein Thema. Zu viele Beleidigungen hat er im Lauf seines Lebens schon gehört, so dass ihn selbst die Bezeichnung als „Freak“ kaum aus der Ruhe bringt. Doch der feingekleidete Herr, der Cyrano so beleidigt findet sich bald tot in dessen Armen, denn Cyrano beherrscht das Schwert so gut wie die Worte.

Diese Fähigkeit macht ihn zum idealen Vertrauten von Christian (Kelvin Harrison Jr.), einem jungen Rekruten in Cyranos Einheit. In Barock-Kulissen auf Sizilien wurde zwar gedreht, Schauplatz ist jedoch eine phantastische, irreale Welt, die in Momenten wie ein französischer Kostümball wirkt, dann wie ein etwas zu stark gepuderter Historienfilm.

Und im Mittelpunkt steht die unerfüllte Liebe Cyranos zu Roxanne (Haley Bennett), die er seit Jahren kennt und ihn nun darum bittet, auf ihren Schwarm Christian aufzupassen. Der ist ein zwar gutaussehender, aber wenig wortgewandter Mann, doch dank von Cyrano verfassten Briefen gewinnt er das Herz Roxannes. Bei einem persönlichen Treffen mit der Angebeteten stammelt er allerdings so unbeholfen daher, dass jeder Anflug von Romantik sofort verfliegt.

Als schwelgerischer Kostümfilm inszeniert Joe Wright die klassische Geschichte, hat dabei mit Peter Dinklage und Haley Bennett zwei Darsteller, deren unerfüllte Liebe oft herzzerreißend romantisch wirkt. Einziger Wermutstropfen ist der Gesang, denn gerade Dinklage hat zwar viele Talente, singen gehört jedoch nicht dazu. So erreicht dieser „Cyrano“ zwar nicht die filmischen Höhen der Depardieu-Version, als romantischer Liebesfilm kann aber auch die Neuverfilmung überzeugen.

Michael Meyns