Das ewige Leben

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Einige Jahre hat es gedauert, nun kommt der vierte Brenner-Krimi ins Kino. Auch in „Das ewige Leben“ gibt es zwar einen Kriminalfall zu lösen, doch noch mehr als in den Vorgängern geht es in Wolfgang Murnbergers atmosphärischem, düsteren Drama um die Psyche von Simon Brenner, der in seiner Heimatstadt Graz tief in die Geheimnisse seiner Vergangenheit eintaucht.

Webseite: www.dasewigeleben.de

Österreich/ Deutschland 2014
Regie: Wolfgang Murnberger
Buch: Josef Hader, Wolfgang Murnberger, Wolf Haas, nach dem Roman von Wolf Haas
Darsteller: Josef Hader, Tobias Moretti, Nora von Waldhausen, Roland Düringer, Margharethe Tiesel
Länge: 121 Minuten
Verleih: Majestic Filmverleih
Kinostart: 19. März 2015
 

FILMKRITIK:

Fehl am Platz wirkt Brenner (Joseh Hader) auch auf dem Arbeitsamt in Wien nicht: Zwischen all den trägen, traurigen Gestalten, die darauf warten, dass ihre Nummer aufleuchtet, sitzt Simon Brenner. Versichert ist er schon lange nicht mehr, eine feste Anstellung hat er seit Jahren nicht gehabt, er ist ein gesellschaftliches U-Boot, wie es die Beamtin formuliert. Nur eins hat er noch: das Haus seiner Eltern in Graz, und genau dorthin muss er nun, nicht unbedingt freiwillig, zurückkehren. Von Außen sieht das kleine Häuschen noch ganz manierlich aus, doch Innen ist es anders: das Dach ist leck, eine Katze hat es sich gemütlich gemacht, und auf dem Plattenspieler liegt immer noch eine Reminiszenz an die Jugend: Eric Burtons „When I was young“.

Das Brenner jung war ist lange her, doch die Erinnerungen an früher, als er mit seinen drei Jugendfreunden durch sonnendurchflutete Landschaften fuhr, nackt im See badete und einen Banküberfall beging, sind noch wach. Das Mofa von damals hat Brenner noch, er braust damit durch Graz und wirkt ein wenig lächerlich. Was genau damals passierte, daran kann sich Brenner nur sporadisch erinnern, ständige Kopfschmerzen versperren den Blick auf die Vergangenheit, lassen nur langsam die Wahrheit durchscheinen, deren Folgen bis in die Gegenwart spürbar sind.

Einer der alten Freunde ist schon lange tot und hat eine schöne Tochter hinterlassen, die möglicherweise nicht seine ist: Dr. Irrsiegler (Nora von Waldstätten) ist zufällig (oder auch nicht) Therapeutin geworden und behandelt Brenner nach einem Selbstmordversuch, der möglicherweise ein Mordanschlag war. Liiert ist sie mit dem deutlich älteren Aschenbrenner (Tobias Moretti), einem der alten Freunde, der es inzwischen zum Landespolizeichef gebracht und viel Dreck am Stecken hat. Und dann ist da noch Köck (Roland Düringer), der einen Schrottladen betreibt, Brenner aber auch kein Geld leihen kann und bald tot ist.

Im Laufe der Jahre sind die Brenner-Filme – angefangen bei „Komm, süßer Tod“ über „Silentium“ bis zu „Der Knochenmann“ – immer kontemplativer geworden und ähneln nur noch äußerlich einem Krimi. Auch in „Das ewige Leben“ spielt Spannung kaum eine Rolle, geht es weniger um das Was, als um das Warum. Nach und nach lüftet sich der Nebel, der den Blick auf die Vergangenheit versperrt hat, nicht zuletzt auf die Hoffnungen und Träume, die mit dem Freiheitsdrang der 70er Jahre verknüpft waren. Lange her ist diese Zeit, das Alter hat im Gesicht von Brenner und Aschenbrenner, die nicht nur namentlich eien Art Doppel bilden, deutliche Spuren hinterlassen, Furchen gezogen, die Hoffnungen von einst sind nur noch vage Erinnerungen.

Aus dieser Melancholie zeiht Wolfgang Murnbergers Film seine Kraft und setzt damit weniger auf den Schmäh, auf den Zynismus, der die Brenner-Filme bislang prägte. Davon ist zwar auch noch einiges zu spüren: ohne Bosheiten, ohne anarchischen, anarchistischen Humor wäre diese Figur nicht vorstellbar. Vor allem aber ist „Das ewige Leben“ ein verschachtelt erzählter Blick in die Psyche eines Mannes, der auch mit Anfang 50 noch nach sich selbst sucht – aber am Ende des Films auf einem guten Weg ist, doch noch was zu finden.
 
Michael Meyns