Das grosse Museum

Zum Vergrößern klicken

Nicht die Kunst steht im Mittelpunkt von Johannes Holzhausens herausragender Dokumentation „Das grosse Museum“, sondern die Institution Museum, in diesem Fall das Kunsthistorische Museum Wien. Mit großer Beobachtungsgabe und viel feinem Witz zeigt Holzhausen, wie es hinter den Kulissen des Museums zugeht und wirft weit reichende Fragen nach dem Selbstverständnis einer solchen Kulturinstitution auf.

Webseite: www.realfictionfilme.de

Österreich 2014 - Dokumentation
Regie: Johannes Holzhausen
Länge: 95 Minuten
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 16. Oktober 2014

FILMKRITIK:

Geht man durch ein Museum, sieht man in der Regel nur die Exponate, die in perfektem Licht präsentiert werden, dazu vielleicht noch den mehr oder weniger eindrucksvollen Museumsbau selbst. Versteckte Kameras, das auffällige aber doch zurückhaltende Wachpersonal deutet zwar an, dass es da noch eine andere Ebene gibt, doch diese bleibt in aller Regel verborgen.

Mit seiner Dokumentation „Das grosse Museum“ blickt der österreichische Dokumentarfilmregisseur Johannes Holzhausen nun hinter die Exponate, hinter die Kulissen und beschreibt auf faszinierende Weise, wie so eine Institution funktioniert. Mit seinem zurückhaltenden, neugierigen, aufmerksamen Blickt steht er ganz in der Tradition des großen amerikanischen Dokumentaristen Frederick Wiseman, der im Laufe der letzten Jahrzehnte von Schulen über Irrenanstalten und Militärbasen fast jede relevante Institution der amerikanischen Öffentlichkeit porträtiert hat und zufällig ebenfalls gerade einen Film über ein Museum gedreht hat: „National Gallery.“. Ein interessantes Double-Feature wäre dies gewiss, wobei sich Holzhausens Film dabei nicht verstecken muss.

Denn die größte Qualität von „Das grosse Museum“ ist das unterschwellige, pointierte Aufzeigen von bestimmten Fragen, ohne dabei eine dezidiert moralische oder ideologische Position zu beziehen. So lose der Film auch konstruiert ist, folgt er doch einer klaren Linie: Der Restaurierung und Wiedereröffnung der so genannten „Schatzkammer“, in der die kostbarsten Stücke des Museums aufbewahrt werden. Diese Schatzkammer ist ganz besonders ein Überbleibsel der Habsburger Zeit, präsentiert Kronen und Zepter und hält das Andenken auf längst vergangene royale Zeiten hoch. Eine nicht ganz unproblematische Haltung, gerade in einem demokratischen Land, das sich allerdings mit seiner Vergangenheit nicht immer konsequent auseinandersetzt.

Doch die Vermarktung der Schatzkammer, die Zurschaustellung funkelnder Juwelen und ähnlichem verspricht hohe Einnahmen, und die sind für eine so große und dementsprechend teure Institution wie das Kunsthistorische Museum Wien in Zeiten knapper öffentlicher Kassen lebensnotwendig. Immer wieder deutet Holzhausen den daraus resultierenden Konflikt an, verfolgt Versammlungen der Museumsleitung, in der über Änderungen im Namen der Schatzkammer (zukünftig „Königliche Schatzkammer“) ebenso intensiv und ausführlich diskutiert wird wie über die Art der Schrift auf Werbeplakaten.

Zudem kommen Restaurateure und Kuratoren zu Wort, Mitglieder des Wachpersonals und Archivare, zeigt Holzhausen die Mitarbeiter des Museums bei Auktionen, Verhandlungen über Schenkungen, Besuchen von Leitern befreundeter Museen, bleibt dabei zwar stets auf Distanz, verrät aber doch seine Sympathien. Und findet vor allem immer wieder pointierte, ironische Bilder, die viel darüber erzählen, welch Pragmatismus notwendig ist, um die Institution Museum nach außen so perfekt und organisiert erscheinen zu lassen.
 
Michael Meyns