Das Haus auf Korsika

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Nach einer Erbschaft findet sich die gut 30jährige Christina plötzlich im Besitz eines baufälligen Hauses in den Hügeln Korsika. Dort, weitab ihrer belgischen Heimat, in der das Leben an ihr vorbeiläuft, sucht Christina nach einem neuen Anfang. Vor allem atmosphärisch überzeugt der Debütfilm von Pierre Duculot, der seine Figuren meist angenehm unaufgeregt in der eindrucksvollen Landschaft Korsikas beobachtet.

Webseite: www.dashausaufkorsika.de

Originaltitel: Au cul du loup
Belgien/Frankreich 2011
Regie, Buch: Pierre Duculot
Darsteller: Christelle Cornil, Francois Vincentelli, Marijke Pinoy, Roberto D’Orazio, Jean-Jacques Rausin, Pierre Nisse
Länge: 82 Minuten
Verleih: schwarz-weiss Filmverleih, Vertrieb: Die Filmagentinnen
Kinostart: 12. Juli 2012

PRESSESTIMMEN:

Einfühlsames, rau-romantisches Selbstfindungsdrama aus Belgien vor faszinierender Naturkulisse.
STERN

Eine Hausrenovierung als Selbstfindungstrip: Dafür findet der belgische Regisseur Pierre Duculot schöne Bilder und hat mit Christelle Cornil als Christina auf eine tolle Hauptdarstellerin gebaut. Je länger sie sich in ihrem "Haus auf Korsika" aufhält, umso größer wird in einem selbst die Sehnsucht auszusteigen.
Brigitte

Ein wundervoller Hymnus auf das Wagnis... Nicht ohne feinen Witz erzählt Duculot von einer folgenschweren Entscheidung, von einem Neuanfang und auch von einer Besinnung. Auf das Wesentliche zum Beispiel: die Natur, das Einfache, die Verlangsamung, den Mut, nicht ewig zu zweifeln, sondern einfach etwas zu wagen.
Player Leipzig

FILMKRITIK:

Charleroi, eine heruntergekommene belgische Kleinstadt. Am schwarzen Brett im Bürgeramt herrscht sowohl bei der Kategorie freie Stellen als auch bei den Auflistungen von Kulturveranstaltungen gähnende Leere. Und so gibt es eigentlich nichts, dass die rund 30jährige Christina in ihrer Heimatstadt hält: Ohne festen Job, mit einem Freund, der wenig Ambitionen auf eine Verbesserung der Lebensumstände zeigt, mit Eltern, die fest in ihrem Trott stecken. Unverhofft kommt da die Erbschaft eines Hauses auf Korsika, das Christina von ihrer Oma erbt. Ein Besuch des Hauses, in abgelegner, karger Landschaft soll eigentlich nur klären, wie viel der Verkauf einbringen könnte. Doch vom ersten Moment an spürt Christina eine große Verbundenheit zu der kleinen Ansammlung von Häusern, den zwei, drei Menschen denen sie begegnet, der grandiosen Natur, die so klar wirkt, wie Charleroi bedeckt. Die greise Flora berichtet Christina von der Jugend ihrer Großmutter, die offenbar eine größere Verbundenheit zu diesem Ort hatte, als ihre Nachkommen wussten. Und im schweigsamen Pascal, der zurückgezogen lebt und Ziegen züchtet, taucht auch ein Mann in Christinas Leben auf, der so ganz anderes ist als ihr Lebensgefährte Marco.

Nach ein paar Tagen in der wild-romantischen Natur verlässt Christina jedoch Korsika und kehrt eher widerwillig in ihr festgefahrenes Leben in Charleroi zurück. Die Vorstellung jedoch, ihr Leben in der Natur zu verbringen, lässt sie nicht mehr los. Doch sowohl ihre Eltern als auch Marco sind alles andere als begeistert von Christinas Idee, ihre Ersparnisse in ein Haus zu stecken, dass zumindest oberflächlich betrachtet wie eine Bruchbude wirkt. Mit allen Mitteln versuchen sie Christina in Charleroi zu halten, doch die bricht eines Tages einfach auf und fährt mit ihrer gesamten, sehr bescheidenen Habe nach Korsika, in der Hoffnung auf ein neues Leben.

Einen recht ambitionierten Ansatz verfolgt Pierre Duculot in seinem Debütfilm. Möglichst beiläufig versucht er zu erzählen, möglichst natürlich soll sich die Geschichte entfalten, wie dahin geworfen wirken, ohne allzu deutlichen dramaturgischen Eingriff oder plakative Momente. Die Schwierigkeit, die er meist, aber nicht immer meistert, ist nun, dass er dennoch dramatische Wendungen in seine Erzählung einbauen will, die Lebensweisen in der Natur auf Korsika und der Stadt in Charleroi kontrastieren will, allerdings ohne sie offensichtlich gegeneinander auszuspielen. Bisweilen führt dies dazu, dass Figuren unterentwickelt wirken, kleine Informationen dahin geworfen werden, die wichtig wirken, dann aber keine weitere Rolle spielen, dass das Verhalten gerade der Nebenfiguren nicht immer zwingend wirkt.

Immer dann aber, wenn Duculot bei seiner Hauptdarstellerin Christelle Cornil bleibt, sie einfach nur bei dem schwierigen und manchmal auch schmerzhaften Versuch beobachtet, ihr Leben gegen alle Hindernisse in andere Bahnen zu lenken, ist „Das Haus auf Korsika“ ein überaus sehenswerter Film. Die Beiläufigkeit, mit der er Christina hier beobachtet, setzt sich auch im Einsatz der Landschaft fort. Die ist zwar offensichtlich großartig und überaus eindrucksvoll, wird aber von Ducolot nicht zur allzu offensichtlichen Metapher verklärt. Auch wenn ihm diese sehr angenehme und im modernen Kino auch ungewöhnliche Zurückhaltung und Subtilität nicht durchgängig gelingt, bleibt „Das Haus auf Korsika“ ein sehr bemerkenswerter Debütfilm.

Michael Meyns

Charleroi, Belgien. Christina arbeitet in der Pizzeria des Vaters ihres Freundes. Von besonderer Güte ist ihr Leben keinesfalls. Da stirbt ihre Großmutter und vererbt ihr ein Haus auf Korsika, von dem bisher niemand etwas wusste.

Die Familie will sofort verkaufen. Was soll Christina auf der Insel Korsika?

Die junge Frau denkt anders. Wenn die Großmutter so entschieden hat, dann gibt es dafür Gründe. Sie setzt über nach Korsika, will das Haus sehen. Es ist ein Steinhaus, aber in einem nahezu hoffnungslosen Zustand. Und dazu in der gottverlassensten Gebirgsgegend, die man sich vorstellen kann.

Christine bleibt. Auch wenn ihr Leben primitiv ist. Die paar Nachbarn sind nett, besonders der Schäfer Pascal. Der Vater reist an, hilft das Haus herrichten.

Es war der Ort, wo sich ein wichtiger Teil des Lebens und der Liebe der Großmutter abspielte. Deshalb das lebenslange Geheimnis – und das Erbe für die Enkelin.

Christina wandert auf die Sommerweide, wo Pascal mit seinen Schafen die heißen Monate verbringt. Sie kommt an – und siehe da, er lebt da oben mit einer Frau zusammen. Die Enttäuschung ist groß.

Trotzdem: Diese korsische Gebirgsnatur hat es Christina angetan. So schnell wird sie nicht nach Charleroi zurückkehren, vielleicht nie mehr.

Zufällig bekommt sie mit, wie Pascal sich von der erwähnten jungen Frau verabschiedet – und das auf sehr kühle, nahezu unpersönliche Weise. Vielleicht kommt es zwischen ihr und Pascal doch noch zu einer gefühligen Fortsetzung.

Ohne merklichen Fehl und Tadel ist das erzählt und in Szene gesetzt. Man muss, so die Schlussfolgerung, das tun, wovon man selbst überzeugt ist, und nicht das, was andere sagen oder wollen. Das ist die Quintessenz der Story, die es auf jeden Fall wert ist, beherzigt zu werden. In unserer scheinzivilisierten Welt wird die Anziehungskraft der Natur immer größer. Christine hat es rechtzeitig begriffen. Aber viele, allzu viele immer noch nicht.

Pascal, Christines Mutter Annette oder ihr Vater Alberto, sie spielen alle ihren Rollen gemäß gut. Am meisten aber berührt Christelle Cornil als Christine. Um ihr künftiges Leben in der korsischen Bergwelt kann man sie nur beneiden. Sie macht das spürbar.

Thomas Engel