Das krumme Haus

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Binnen kürzester Zeit erscheint mit „Das krumme Haus“ die zweite neue Verfilmung eines Agatha-Christie-Romans in den Kinos. Eigenen Angaben zufolge, stellte dieser das Lieblingswerk der britischen Autorin dar. Kann die Leinwandadaption dem gerecht werden?

Webseite: www.DasKrummeHaus-derFilm.de

OT: Crooked House
UK 2017
Regie: Gilles Paquet-Brenner
Darsteller: Glenn Close, Max Irons, Gillian Anderson, Stefanie Martini, Christina Hendricks, Christian McKay, Honor Kneafsey
Länge: 115 Minuten
Verleih: 20th Century Fox
Kinostart: 06.09.2018

FILMKRITIK:

Als am Oberhaupt der angesehenen Familie Leonides ein kaltblütiger Mord verübt wird, zieht es den jungen Privatdetektiv Charles Hayward (Max Irons) auch persönlich in den Fall hinein. Unter den vielen Verdächtigen findet sich nämlich auch seine ehemalige Verlobte Sophia (Stefanie Martini), die ihn höchstpersönlich mit dem Fall beauftragt. Charles stürzt sich in Aussicht auf eine Hochzeit mit seiner Ex-Freundin mit Feuereifer in die Ermittlungen und befragt einen Hausbewohner nach dem anderen. Doch langsam wird ihm klar, dass jeder von ihnen nicht nur ein Motiv hatte, den unliebsamen Hausherr um die Ecke zu bringen, sondern auch die Gelegenheit…

Schon lange bevor die Planungen zu Kenneth Branaghs 70-Millimeter-Kammerspiel „Mord im Orient Express“ begannen, machte sich Regisseur Gilles Paquet-Brenner („Dark Places: Gefährliche Erinnerung“) an die Umsetzung des weitaus weniger bekannten Romans „Das krumme Haus“. Der englische Titel „crooked house“ spielt dabei vor allem auf das Wort „crook“ – auf Englisch: Gauner“ – an, denn wie schon im „Orient Express“ handelt es sich auch hierbei um eine nach klassischem Whodunit-Prinzip aufgezogene Mördersuche. Im Mittelpunkt stehen die Bewohner des titelgebenden „krummen Hauses“ Three Gables, denen sich Protagonist Charles Hayward nach und nach nähert. Ein Verhör nach dem anderen bringt ihm langsam die Gepflogenheiten des Hauses, aber auch die Spleens der darin lebenden Bewohner näher; und das sind so viele, dass einfach nur die Ansammlung an exzentrischen Figuren schon mal an der Glaubwürdigkeit der Geschichte kratzen kann.

Doch genau das ist es, was „Das krumme Haus“ auch für Kundige des Romans – die Autoren weichen kaum von der Vorlage ab – so spannend macht. Durch die klassisch-altmodische Inszenierung ohne Schnörkel wirkt der Film wie aus der Zeit gefallen. Die Kulisse des Three Gables, in dem sich ein Großteil der Handlung abspielt, ist bis unters Dach vollgestopft mit luxuriösem Nippes. Besonders interessant ist allerdings die Ausstattung der Wohnräume: Jedes Zimmer ist ganz den darin lebenden Hausbewohnern angepasst und gibt mitunter eher Aufschluss über die darin lebenden Menschen, als das, was Charles in seinen Gesprächen über sie herausfindet.

Aus der Perspektive des Protagonisten erzählt, lernt das Publikum genau wie dieser nach und nach all die Eigenheiten der Verdächtigen kennen. Vor unseren Augen entspinnt sich ein spektakuläres Familiengefüge, das in seiner Komplexität ordentlich darüber zum Mitknobeln einlädt, wer von all diesen Verdächtigen denn nun wirklich der Mörder ist. Wer die Auflösung kennt, den wird der Überraschungseffekt am Ende von „Das krumme Haus“ natürlich nicht schocken können. Alle anderen dürfte diese durchaus überraschen. Darüber hinaus ist, wie schon im Falle von „Mord im Orient Express“ auch hier vor allem der Weg das Ziel. Und der ist nicht bloß amüsant, sondern auch ganz schön stilsicher.

Antje Wessels