Ein Film, der Appetit macht: Vier Spitzenköche aus Tokio werden in Toshimichi Saitos Dokumentarfilm „Das Streben nach Perfektion“ porträtiert, vier Köche, die dieses Ziel schon fast erreicht haben. Ihre Restaurants zählen zu den besten der Welt, was sich zum einen in den atemberaubenden Preisen niederschlägt, zum anderen in atemberaubend schönen Kreationen.
Japan 2021
Regie & Buch: Toshimichi Saito
Dokumentarfilm
Länge: 79 Minuten
Verleih: 24 Bilder
Kinostart: 2. Mai 2024
FILMKRITIK:
Die japanische Kultur ist bekannt dafür, nach Perfektion zu streben, diese Perfektion dabei jedoch so natürlich wie möglich erscheinen zu lassen. In japanischen Gärten etwa wird die Natur so modelliert, dass sich markante Blickachsen ergeben, sich Gewächse in kleinen Teichen spiegeln, alles makellos wirkt, aber gleichzeitig wie von selbst gewachsen.
Ein ähnliches Ziel verfolgen auch die drei Köche und eine Köchin, die in „Das Streben nach Perfektion“ vor allem in dem Umfeld gezeigt werden, in dem sie sich am wohlsten fühlen: Ihren Restaurants. Dass diese meist klein und intim wirken hat einerseits mit dem Platzmangel (und den hohen Mieten) in Tokio zu tun, aber auch mit dem Wunsch, für die Gäste ein ganz besonderes kulinarisches Erlebnis zu kreieren.
Am extremsten bedient die einzige Frau im Bunde diese Haltung: Natsuko Shōji, die ihre Karriere damit begann, kleine Küchlein zu backen, die sich bald so großer Beliebtheit erfreuten, dass sie ein Restaurant namens Été eröffnete. Dieses bietet an einem großen Tisch gerade einmal sechs Personen Platz, die von der Chefin persönlich bedient werden. Was das Essen fast zu einem familiären Ereignis werden lässt.
Ganz anders als das Essen in den Restaurants von Yōsuke Suga, der am ehesten dem entspricht, was im Westen ein Starkoch wäre. Einst lernte er beim legendären französischen Koch Joël Robuchon, inzwischen hat er unter dem Namen Sugalabo exquisite französische Küche nach Tokio gebracht. Nebenbei kreiert er auch die Speisen für die On Board-Mahlzeiten der Japan Airlines – der ersten Klasse wohlgemerkt. Aber wer nach diesem Film Lust bekommt, sich in die kulinarische Exzellenz Tokios zu stürzen, der braucht ohnehin ein solches Maß an Kleingeld. Denn allein eine kurzfristige Reservierung in einem der gezeigten Restaurants kostet schon mal einen dreistelligen Betrag, zum Beispiel in dem Sushi-Lokal von Takaaki Sugita, der als bester Sushi-Koch seines Landes und damit quasi der Welt gilt. Auf den ersten Blick wirkt sein kleines Restaurant wie jedes andere Sushi-Lokal, man sitzt an der Bar, dahinter hantiert der Chef, doch was Sugita auftischt wirkt so einfach und köstlich, das man den perfekt filetierten Thunfisch fast nur anschauen möchte, statt ihn zu essen.
Noch extremer ist dieser Eindruck bei Takemasa Shinohara, der in seinem Restaurant Ginza Shinohara Kreationen serviert, die so absurd schön sind, die an Ikebana-Geflechte oder Tuschezeichnungen erinnern, das verständlich wird, warum viele Gäste häufiger ihr Handy in der Hand haben als die Stäbchen. Wie für die Welt von Instagram und Food-Bloggern gemacht wirken die Kreation, die in diesem Film gezeigt werden, einige Restaurant-Kritiker kommen dann auch zu Wort, mit eher oberflächlichen Worten der Entzückung.
Dass in den kurzen 79 Minuten von „Das Streben nach Perfektion“ das Wasser im Munde zusammenläuft bleibt dennoch nicht aus, zu schön sind die Kreationen der Starköche, selbst wenn es sich „nur“ um ein Stück Sushi handelt oder um eine Brioche, die frisch aus dem Ofen aufgeschnitten wird und so anregend dampft, dass man sie fast riechen kann. Ein ästhetisches Vergnügen, das Appetit auf sehr gutes Essen macht.
Michael Meyns