Das Zen Tagebuch

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„Das Zen Tagebuch“, eigentlich eher das Zen-Kochbuch, ein meditativer Film über die einfachen Dinge des Lebens, über den Genuss von Kohl und Wurzeln, über das Leben in den Bergen, im Einklang mit der Natur. In losen Episoden zeigt Yûji Nakae das Leben eines alternden Autors, der sich von der Welt zurückgezogen hat und die Einsamkeit sucht. Ein sehr spezieller, durch und durch japanischer Film.

Das Zen Tagebuch (Tsuchi o kurau jûnika getsu)
Japan 2022
Regie: Yûji Nakae
Buch: Yûji Nakae nach der Erzählung "Tsuchi wo Kurau Hibi – 12 Monate von der Erde essen" von Mizukami Tsutomu
Darsteller: Kenji Sawada, Takako Matsu, Fumi Dan, Naomi Nishida, Toshinori Omi, Koihachi Takigawa

Länge: 111 Minuten
Verleih: Film Kino Text
Kinostart: 31. August 2023

FILMKRITIK:

Ende der 70er Jahre erschien die autobiographische Erzählung "Tsuchi wo Kurau Hibi – 12 Monate von der Erde essen" von Mizukami Tsutomu, die als Vorlage für Yûji Nakaes Film dient. Und auch wenn sich das städtische Japan seitdem fundamental verändert hat, auf dem Land, in abgeschiedenen Regionen der japanischen Inseln, läuft das Leben oft noch so ab, wie vor vielen Jahren – zumindest, wenn man sich entschließt, so zu leben.
Das hat Tsutome (Kenji Sawada) getan, ein alternder Schriftsteller, dessen Frau vor vielen Jahren gestorben ist, deren Foto jedoch einen prominenten Platz in dem bescheidenen zu Hause, in dem der Autor lebt, einnimmt. Ein seltener Besuch seiner Lektorin Machiko (Takako Matsu) ist Anlass, einen Text über den Fortgang der Jahreszeiten zu schrieben, über das Leben im Einklang mit der Natur, über das Leben vom und mit dem Land.
Kontakt zur Außenwelt, Kontakt zu anderen Menschen hat Tsutome kaum, einige Wanderstunden entfernt lebt seine greise Mutter, die er zusammen mit seinem Hund, genannt Pfeffer, gelegentlich besucht, bisweilen trifft er einen Nachbar, der ihm das Dach repariert, einmal taucht seine ihm entfremdete Schwester auf.
Ein genügsames Leben beschreibt Yûji Nakae in seinem Film „Das Zen Tagebuch“, erzählt von einem Mann, der als Kind in ein Zen-Kloster geschickt wurde, zu arm waren seine Eltern, um ihn zu ernähren. Lange hielt es der junge Tsutome nicht im Kloster aus, doch die Lehren, die er dort erhielt, bestimmen nun sein Leben.
Ganz im Gegensatz zur auch in Japan vorherrschenden kapitalistischen Kultur, einem Leben im Überfluss und ständiger Verfügbarkeit sämtlicher Gemüse- oder Obstarten, versucht Tsutome im Einklang mit dem Land und der Natur zu leben und das zu Essen, was gerade reif ist. Viel Zeit verbringt er (und damit auch der Film) mit der Ernte und der Zubereitung von Gemüsen aller Art, von Baumsprossen, unterschiedlichen Pilzarten und Kohlsorten, dem Einlegen von Pfirsichen, dem Waschen von Wurzeln. Kleine Köstlichkeiten bereitet Tsutome jeden Tag zu, meist nur für sich selbst, gelegentlich auch für seine Lektorin, die ihm im Lauf der Jahre ans Herz gewachsen ist, sich aber doch nicht auf ihn und sein Leben einlassen kann.
Einer losen Struktur folgt Nakaes Film, Titel verkünden den Lauf des Jahres, markieren den Wechsel der Jahreszeiten: März – Der Untergrund erwacht; August – Der dämmernde Ruf der Zikaden; November – Es weht ein kalter Nordwind. Fast anachronistisch mutet „Das Zen Tagebuch“ an, ruhig und bedächtig, mäandernd und meditativ, ein Film zum Innehalten und Nachdenken und zum Bewundern der japanischen Kochkunst, die aus einfachen Zutaten Köstlichkeiten zuzubereiten versteht und in gewisser Weise den Film selbst spiegelt, der mit einfachen Zutaten viel erreicht.

Michael Meyns