David Copperfield

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Armando Iannucci ist für seine eher satirischen Werke bekannt. So warf er im Kino zuletzt mit „The Death of Stalin“ einen bissigen Blick auf die Sowjetunion. Dass er als nächstes Projekt eine neue Verfilmung von Charles Dickens‘ „David Copperfield“ angehen würde, war sicherlich nicht naheliegend. Er stürzt sich aber mit Feuereifer auf die Geschichte und macht einen bunten Reigen daraus, der schön anzusehen ist, aber emotional nicht immer greift.

The Personal History of David Copperfield
USA, Großbritannien 2019
Regie: Armando Iannucci
Buch: Simon Blackwell, Armando Iannucci
Darsteller: Dev Patel, Hugh Laurie, Tilda Swinton, Ben Whishaw
Länge: 119 Minuten
Verleih: Entertainment One, Vertrieb: Paramount
Kinostart: 10. September 2020

Pressestimmen:

"Diese Charles-Dickens-Verfilmung ist so einfallsreich erzählt, so politisch wach, so klamaukfrei lustig, dass man sich wünscht, der Vorlagengeber selbst könnte sie noch sehen." STERN

FILMKRITIK:

Als seine Mutter wieder heiratet, ist der kleine David Copperfield dem neuen Vater ein Dorn im Auge, weswegen dieser ihn in seine Flaschenfabrik schickt, wo er harte Arbeit zu leisten hat. Als Jahre später Davids Mutter stirbt, verlässt er die Fabrik und kommt bei seiner Tante unter. Er findet einen Job, eine Frau, die er liebt, genießt das Leben und beginnt zu schreiben. Seine eigene Geschichte ist es, die ihn nicht mehr loslässt.

Dickens-Verfilmungen ist in der Regel gemein, dass sie eher düster gehalten sind. Sie zeichnen das dreckige Bild einer britischen Gesellschaft, in der der Einzelne von der Unbill der Welt um ihn herum immer und immer wieder in den Schlamm gepresst wird. So ergeht es David Copperfield auch bei Iannucci, aber der inszeniert das Ganze enorm farbenfroh und wird der episodischen Struktur der Vorlage, die Dickens Kapitel für Kapitel in Zeitungen veröffentlich hat, mehr als gerecht. Denn jede neue Episode wird mit einem eigenen Titel eingeleitet. Der Übergang ist dabei oftmals ein Erlebnis, spielt Iannucci hier doch mit der Technik und der Form.

Wenn man seinem Film etwas zugutehalten will, dann sicherlich, dass er außergewöhnlich verspielt ist. Die Kostüme sind prächtig, selbst die der Hungerleider wie Mr. Micawber, der ständig vor seinen Gläubigern auf der Flucht ist. Die Primärtöne stechen richtig ins Auge, das Dekors ist phantastisch, und die Figuren sind teils recht schrill gestaltet. Aber der Film leidet an seinem Drehbuch, das Dickens‘ Geschichte zur einer Art Slapstick-Version macht, die bisweilen den Humor von Monty Python zu kopieren versucht, daran aber scheitert. Selbst in den wirklich dramatischen Momenten kann Iannucci nicht auf den Schalk verzichten. Er unterminiert damit die Wirkung seines Films, bei dem die Figuren zwar schön schräg sind, so etwa Hugh Laurie als Drachen steigen lassender Mr. Dick, aber den Zuschauer niemals berühren.

Angesichts eines formidablen Ensembles ist das umso bedauerlicher. Dev Patel spielt die Titelfigur ausgesprochen gut, seine Kollegen schlagen sich auch sehr ordentlich, aber die Wirklichkeit der Situation, die Authentizität der Vorlage, wird niemals erreicht. Doch vielleicht sollte das auch gar nicht der Fall sein, wirkt dieses England des 18. Jahrhunderts der farbenblinden Besetzung doch ohnehin irgendwie märchenhaft und unwirklich.

Peter Osteried