Der Bunker

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Ein namenloser Student sucht in einem im Wald gelegenen Bunker eigentlich nur Ruhe für seine wissenschaftliche Arbeit. Das Vermieter-Ehepaar kommt ihm jedoch schon zu Beginn merkwürdig vor und schon bald soll er deren achtjährigen Sohn in Geographie und Finanzwesen unterrichten. Denn: dieser soll schließlich später Präsident der USA werden. Nicht die einzige Merkwürdigkeit, die den Studenten in nächster Zeit im Bunker erwartet. Das Spielfilmdebüt „Der Bunker“ ist ein bitterböses, atmosphärisches, zutiefst verstörendes Psycho-Drama mit Horror-Elementen voller bizarrer Einfälle und befremdlicher Figuren.

Webseite: www.dropoutcinema.org

Deutschland 2015
Regie: Nikias Chryssos
Drehbuch: Nikias Chryssos
Darsteller: Pit Bukowski, Daniel Fripan,
Oona von Maydell, David Scheller
Länge: 85 Minuten
Verleih: Drop-Out Cinema
Kinostart: 21. Januar 2016

FILMKRITIK:

Ein Student (Pit Bukowski) sucht eines Tages ein Ehepaar (Oona von Maydell und David Scheller) auf, das in einem Wald versteckt in einem unterirdischen Bunker lebt. Das Ehepaar hatte in einer Anzeige einen Untermieter gesucht. Der Student hofft, dort endlich die Ruhe zu finden, die er für  seine wichtige wissenschaftliche Forschungsarbeit braucht. Schon kurze Zeit nach seinem Einzug, hat das Paar jedoch etwas ganz anderes mit ihm vor: er soll den Hauslehrer von Sohn Klaus spielen und ihn in den Fächern unterrichten, die es braucht, um US-Präsident zu werden. Denn genau das haben die Eltern mit ihrem achtjährigen Sohn vor: er soll später einmal Präsident der USA werden. Zu dumm nur, dass Klaus geistig nicht voll auf der Höhe ist. Auch Mama und Papa selbst verhalten sich bald immer merkwürdiger.

„Der Bunker“ war eines der filmischen Highlights des letztjährigen Fantasy Filmfests und wurde zuvor bereits im Rahmen der 65. Berlinale gezeigt. Dort feierte der Film seine Premiere. Es ist der erste abendfüllende Film von Nikias Chryssos, einem deutsch-griechischem Regisseur und Drehbuchautor, der bisher vor allem mit seinen Kurzfilmen „Down“ (2003) und „Hochhaus“ (20096) für Aufsehen sorgte. Die Hauptrolle spielt der 27-jährige Pit Bukowski, der in den letzten Jahren sowohl im TV („Tatort“) als auch im Kino (z.B. „Lost Place“, „Zwischen Welten“) zu sehen war.

Wer seine Freude an makabren Filmen mit skurrilen, absonderlichen Figuren hat, kommt an „Der Bunker“ nur schwer vorbei. Nicht nur einmal bleibt einem bei diesem beklemmenden Psycho-Drama das Lachen im Halse stecken, wenn die vier Hauptfiguren (mehr Personen treten in diesem Film nicht auf) ihr kammerspielartiges Treiben voller grotesker Verhaltensweisen und abartiger Eigenarten vollziehen. Zunächst einmal erfährt man über den Hintergrund der Figuren praktisch nichts. Auch wird nichts darüber preisgegeben, wo sich z.B. der Wald befindet oder seit wann die Familie in dem Mikrokosmos des Bunkers abgeschottet von der Außenwelt lebt. Selbst der Student bleibt namenlos und wird im Verlauf des Films nur mit „Herr Student“ angesprochen.

Sicher ist nur, dass die Eltern nicht uneigennützig einen Untermieter für ihren Bunker gesucht haben. Sie brauchten einen neuen Hauslehrer für den in ihren Augen „hochbegabten und in der Schule unterforderten“ Sohn Klaus. Klaus ist acht Jahre alt, erinnert vom Gesicht her aber eher einen ausgewachsenen Mann, außerdem hat er einen leicht deformierten (Ober-) Körper inklusive sehr dünner, kurzer Beine. Der 31-jähirge Schauspieler Daniel Fripan spielt diesen grenzdebilen, zurückgebliebenen Sohn einzigartig. Mit seiner unwahrscheinlichen Tollpatschig- und Unfähigkeit, erzeugt er Mitleid. Gleichzeitig kommt er aber auch sensibel, naiv und kindlich-süß daher. Auf dem Filmfestival Fantaspoa in Brasilien erhielt Fripan für diese Rolle im Frühjahr 2015 den Preis als bester Darsteller.

Es bleibt nicht die einzige Merkwürdigkeit in diesem Film, der voller surrealer Ideen und Inhalte steckt: Klaus soll als künftiger Präsident die Hauptstädte der Länder der Welt, das globale Finanzwesen und Philosophie beherrschen. Etwas anderes steht nicht auf dem Lehrplan. Von „Spielen“ hat der Junge noch nie etwas gehört im Leben. Weitere Beispiele aus dem Kuriositätenkabinett: Mama gibt Klaus noch immer die Brust, ein außerirdisches Wesen scheint im Bein der Mutter zu leben und mit verzerrter Dämonen-Stimme aus einer Wunder zu sprechen oder der immer wieder abgehaltene „Witze-Abend“, bei dem der Vater mit Clowns-Fratze vor der versammelten Meute sitzt und (unfassbar schlechte) Witze zum Besten gibt. Wer noch mehr Absurdes und Abseitiges sehen will, das gleichermaßen abschreckt und anzieht, muss den Gang ins Kino wagen. Es lohnt sich.

Björn Schneider