Der große Gatsby

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Der Eröffnungsfilm der Filmfestspiele Cannes 2013! Ein Film wie ein LSD-Trip in Disneyland: Wie erwartet, adaptiert Baz Luhrmann („Moulin Rouge“) den Literaturklassiker mit den opulentesten Mitteln, die im modernen Hollywood zur Verfügung standen. Zwar bleibt er in Sachen Dramaturgie fast komplett der Vorlage treu, doch dank 3D-Technik, Hip-Hop-Beats von Jay Z. und explodierenden Farben wird der Film zum alkoholgeschwängerten Bilderrausch – ein echtes Spektakel.

Webseite: www.dergrossegatsby-derfilm.com

The Great Gatsby
USA 2013
Regie: Baz Luhrmann
Buch: Baz Luhrmann & Craig Pearce nach dem Roman von F. Scott Fitzgerald
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan, Joel Edgerton, Isla Fisher, Jason Clarke
Länge: 142 Minuten
Verleih: Warner
Start: 16.5.2013

PRESSESTIMMEN:

"Eine schillernde Pop-Orgie, ein Fest für die Sinne. Sehenswert!"
(ZDF Heute Journal)

"Opulent und schrill... Aufwendig, fulminant und verschwenderisch gedreht."
(ARD Tagesthemen)

"...mit einem glänzenden Leonardo DiCaprio."
(WDR)

FILMKRITIK:

Nach dem Rausch folgt der Kater: Aus Nick Carraway, im Roman noch distanzierter Bewunderer und Erzähler von F. Scott Fitzgeralds Geschichte, ist zu Beginn des Films ein Wrack geworden. Wir sehen Tobey Maguire mit Stoppelbart, wie er im opulenten Behandlungszimmer einer Entziehungsklinik steht, während der Arzt seine Akte studiert. Depression, Alkohol, Angstzustände. Carraway blickt aus dem Fenster in die Ferne und erinnert sich an seine Zeit mit Jay Gatsby, jenem Tausendsassa und Dandy, der mit seinen ausschweifenden Partys ganz New York in Atem hielt. Der Arzt legt Carraway als Therapiemaßnahme einen Füller hin. „Schreiben Sie alles auf, was sie erinnern“, fordert er den jungen Mann auf. Es ist in Wahrheit die Geschichte von F. Scott Fitzgerald. Wie er sie wahrscheinlich am eigenen Leib erlebt hat.

Eigentlich erzählt Baz Luhrmann aber noch einmal eine ganz andere Geschichte, nämlich die vom Aufstieg und Fall junger Emporkömmlinge und ehemaliger Kriegshelden im amerikanischen Osten der 20-Jahre. Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio) dient als personifiziertes Scheitern des amerikanischen Traums, als Sinnbild für den Pomp, den Rausch und den Kapitalismus, der am Ende des Jahrzehnts von heute auf morgen zusammenbricht. Euro-Krise, Pleitestaaten, ein Leben auf Pump: Es könnte gegenwärtig keinen aktuelleren, dringlicheren Film geben. Und was es für einer geworden ist! „Moulin Rouge“ oder Rob Marshalls „Chicago“ wirken dagegen nahezu so schnöde ausstaffiert wie die betriebliche Weihnachtsfeier der Kreissparkasse. Baz Luhrmann feuert aus allen Kanonen seiner reichhaltigen Fantasie.

So ist „Der große Gatsby“ vor allem ein optisches Spektakel, mehr noch: ein wahrer Rausch. Bei Gatsbys opulenten Partys regnet es permanent Konfetti, die Champagnerkorken fliegen um die Wette durch seine Villa, überall vibriert es. Die Gäste werfen sich enthemmt in den Pool, bestaunen jubelnd das Feuerwerk oder springen wie floureszierende Flummis zur Ragtime- und Swing-Musik unterm Kronleuchter auf und ab. Ein choreografisches Chaos, das trotzdem perfekt inszeniert ist: „Ich liebe große Partys“, sagt die kühle Jordan Baker (Elizabeth Debicki), „sie sind so schön intim. Auf kleinen Partys hat man gar keine Privatsphäre“. Selten hat ein Satz im Hollywood-Kino die Perfektion der Dekadenz mit feinerer Ironie zum Ausdruck gebracht.

Es wird Zuschauer geben, die den Film vielleicht als zu artifiziell, oberflächlich oder gar effekthascherisch erleben werden. Als ein Kinowerk, der mit seinen Schauwerten protzen möchte und damit über den Dingen steht. Doch genau dieses Phänomen der amerikanischen 20er-Jahre und ihrer Upperclass in Zeiten der Prohibition beschreibt Luhrmann nun mal mit ihren eigenen Bildern. Nobel geht die Welt zugrunde, und sei es, dass hierfür die Strahlkraft der Darsteller geopfert werden muss. Inmitten der perfekt ausgeleuchteten Bilder und dem endlosen Glanz der Requisiten dieses kaleidoskopischen Karnevals wirken die DiCaprio, Maguire und Carey Mulligan (als Gatsbys große Liebe) mitunter etwas unbeholfen und überwältigt. Wie Zuschauer, die unter einem explodieren Feuerwerk stehen und das Spektakel mit großen Augen bestaunen.

David Siems