Ibrahim Gezer – einer, der sich nicht unterkriegen lässt. Der Film über ihn und sein bewegtes Leben zeigt einen liebenswerten Optimisten. Er ist Imker von Beruf und aus Leidenschaft. Die Bienen haben ihn sein ganzes Leben lang begleitet. Als Kurde wurde er aus seiner Heimat vertrieben, er verlor fast alles, was ihm lieb und teuer war, fand den Weg in die Schweiz und geriet in die Mühlen der Bürokratie. Die Bienen sind für ihn Trost und Fixpunkt in einer fremden Welt.
Dank seines sympathischen Protagonisten und einer berührenden und glücklicherweise unpathetischen Handlung hat der ebenfalls kurdische Filmemacher Mano Khalil einen leisen, schönen Film geschaffen, der von Hoffnung handelt, von Güte und Vertrauen.
Webseite: www.braveheartsinternational.com
Schweiz 2013 - Dokumentarfilm
Drehbuch, Kamera, Regie: Mano Khalil
Zusammenarbeit Drehvorlage: Manuela Steiner
Musik: Mario Batkovic
Länge: 107 Minuten
Fassung: OmU – Originalsprachen: Kurdisch, Schweizerdeutsch, Hochdeutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Arabisch
Verleih: BraveHearts International Filmverleih
Kinostart: 30. Januar 2014
PREISE:
Solothurner Filmtage, Hauptpreis – Prix de Soleure, 2013
München, DOK.Filmfestival – Bester Dokumentarfilm Dok-deutsch Preis 2013
Lessinia Film Festival, Italien, Lessinia d’Argento, Silberpreis, Bester Dokumentarfilm 2013
Neue Heimatsfilmfestival, Österreich – Publikumspreis 2013
Duhok International Film Festival, Irakisch Kurdistan, Best Kurdish Documentary Film 2013
FILMKRITIK:
Ein alter Mann auf einer Wiese, der lächelnd inmitten laut summender Bienen steht. Sie sind seine Freunde, so wie er ihr Freund ist. Ein idyllisches Bild in einer idyllischen Landschaft. Doch der Schein trügt, denn Ibrahim Gezer ist alles andere als ein Bilderbuch-Großvater. Auf der Flucht vor der türkischen Regierung musste sich der Kurde jahrelang in den Bergen verstecken. Er war inhaftiert und verlor seine Frau und all seine Besitztümer, bis er endlich in die Schweiz gelangte.
Ebenso behutsam wie ruhig entwickelt sich diese Geschichte eines Helden wider Willen, der ein bisschen Schwejk ist und ein bisschen Don Quijote, aber vor allem immer Ibrahim Gezer: naturverbunden, unglaublich liebenswürdig und ein Familienmensch mit einem sehr großen Herzen. Ein bisschen schlitzohrig ist er auch noch, aber das ist ganz hilfreich angesichts der Schweizer Bürokratie, die ihm zwar Geld für Möbel bewilligt, aber nicht für Bienen. Denn Bienen sind ja nur ein Hobby … Aber ihnen gehört seine ganze Leidenschaft. Sie haben ihm das Leben gerettet, als er auf der Flucht war, und sie sind die einzige Konstante, auf die er sich immer verlassen kann.
Er strahlt so viel Gelassenheit und Würde aus, so viel Kraft und Optimismus, nur ganz selten verliert er die Beherrschung. Dieser Mann wird angetrieben von einer Lebensfreude, die ansteckend wirkt. Woher nimmt er diese Freundlichkeit? Warum hat er niemals aufgegeben?
Mano Khalil hat einen eindrucksvollen Film geschaffen, dessen subversive Kraft sich bald zeigt, und zwar in Form einer unaufdringlich philosophisch angehauchten Betrachtungsweise des Lebens. Denn schon bald erkennt man: Es sind nicht materielle Werte, die wichtig sind, sondern was zählt, sind die kleinen Momente des Glücks, Familie, Freunde und eine große Leidenschaft: „Bienen“ – fast das einzige deutsche Wort, das der alte Mann kennt, und genau diese Bienen sind es vermutlich, die ihn dazu bringen, trotz zahlloser Widrigkeiten immer weiterzumachen, überall neue Freunde zu finden und trotz allem, was man ihm angetan hat, den Glauben an das Gute im Menschen nicht zu verlieren.
Die Bildsprache ist so ruhig und angenehm wie Ibrahim Gezer selbst, der sich mit derselben Gelassenheit durch sein Leben zu bewegen scheint, wie er den Bienen begegnet. Bei ihnen findet er das, was er verloren hat: ein friedliches, schönes Leben. Aber er gibt nicht auf, und hin und wieder lässt er sich auch ganz gerne mal stechen – das sei gut gegen Rheumatismus. Mano Khalil würdigt in seinem vielfach preisgekrönten Dokumentarfilm Ibrahim Gezer als außergewöhnlichen Menschen, einen Helden des Alltags, der so viel Herzenswärme hat, dass er unbedingt etwas davon abgeben muss.
Gaby Sikorski