Der Konzertdealer

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Scumeck Sabottka ist ein „Konzertdealer“. Und zwar eine der erfolgreichsten überhaupt. Seit über 30 Jahren verhandelt, organisiert und plant er Konzerte und Tourneen der größten Rock- und Popkünstler. Darunter: Robbie Williams, Björk, R.E.M., Kraftwerk und Rammstein. Die Doku „Der Konzertdealer“ begleitet ihn in seinem Alltag und blickt hinter die Kulissen des Business. Dabei unterscheidet sich der Film von anderen Porträts in erster Linie durch seine kunstvolle, formvollendete Gestaltung und die ästhetische Optik. Garniert ist er zudem mit stimmungsvollen elektronischen Klängen, die den Szenen noch mehr Atmosphäre verleihen.

Webseite: www.partisan-filmverleih.de

Deutschland 2017
Regie & Drehbuch: Sobo Swobodnik
Darsteller: Scumeck Sabottka, Marcel Avram, Bettina Rust, Yasmine Hamdan, Rosiris Garrido
Länge: 86 Minuten
Verleih: Partisan Filmverleih
Kinostart: 05. Oktober 2017

FILMKRITIK:

Mit 15 Jahren verließ Scumeck Sabottka (der eigentlich Stefan mit Vornamen heißt) seine Heimat, den Ruhrpott, um in West-Berlin sein Glück zu finden. Als Busfahrer der  Band „Einstürzende Neubauten“, fand der ehemalige Punk Anfang der 80er-Jahre den Weg ins Business. 1984 gründete er dann seine Firma „MCT“ (Music Consulting Team), die sich zu den erfolgreichsten deutschen Konzertveranstaltern entwickelte. Die Dokumentation „Der Konzertdealer“ begleitet Sabottka bei seinen Reisen und harten Verhandlungen. Und: der Film wirft einen Blick hinter die Kulissen einer hart umkämpften Branche.

Der Regisseur des Films, Sobo Swobodnik, ist nicht nur Filmemacher und Drehbuchautor sondern auch Schriftsteller und Redakteur. Ende der 90er-Jahre veröffentlichte er unter dem Pseudonym „Sobo“ seine ersten Kinderbücher. 2002 erschien sein erster von mehreren Paul-Plotek-Krimis, für die er bis heute in der Literatur-Szene vor allem bekannt ist. Seinen Durchbruch als Dokufilmer erlebte Swobodnik 2011 mit einem Porträt über den österreichischen Schauspieler und Talkshow-Moderator Hermes Phettberg.

„Der Konzertdealer“ ist nicht einfach nur ein einfaches filmisches Porträt über einen Mann, der in seinem Metier zu den bekanntesten und erfolgreichsten Deutschlands, wahrscheinlich sogar in Europa, gehört. Das Besondere an dem Film sind seine kunstvolle Umsetzung und seine hohe Ästhetik.  Das beginnt schon damit, dass es sich hier um einen Schwarz-Weiß-Film handelt. Dieser Umstand verleiht dem Film von Beginn an etwas Puristisches und Klares. Hinzu kommen gestochen scharfe, formvollendete Bilder von eigentlich völlig alltäglichen und gängigen Handlungen bzw. Ereignissen: so sieht man Sabottka bei Verhandlungen mit „Kunden“ (also Künstlern), bei Gesprächen mit seinen Arbeitskollegen oder beim Sport.

Oft und gerne setzt Swobodnik neben Überblendungen, Unschärfen und dem Zeitraffer, auch die Zeitlupe als optisches Stilmittel ein. Damit gelingt es ihm, Entschleunigung und Entspannung in die Szenerie zu bekommen. Dies ist ein schöner, passender visueller Gegensatz zum sonst hektischen, stressigen Alltag des erfolgreichen Konzertveranstalters. Das Telefon ist Sabottkas ständiger Begleiter und viele der Szenen zeigen ihn dann auch am Handy, über das viele Termine vereinbart und Deals abgewickelt werden. Gut ist, dass sich der „Konzertdealer“ in keiner Weise an der beobachtenden Kamera zu stören scheint. So wird der Zuschauer hautnah und auf authentische Weise Zeuge der Tätigkeit Mannes, der in einem stark globalisierten, sich ständig verändernden Markt zu Hause ist.

Hinzu kommen amüsante Infos über einige der von Sabottka betreuten Künstler, von denen so manch einer durchaus gewöhnungsbedürftige Angewohnheiten und bizarre Sonderwünsche hat. Schön sind auch die vielen spannenden Anekdoten aus  Sabottkas früher Berliner Zeit. Es war eine, wie er sagt, „tolle Zeit“, damals zu Beginn der 80er-Jahre im West-Berliner Bezirk Kreuzberg.

Er jobbte in einem Plattenladen, feierte und trank viel. Dann kam eine erschreckende medizinische Diagnose: Hepatitis B. Jeder weitere Schluck Alkohol hätte sein Leben verkürzt. Aber die Erkrankung verschaffte ihm einen großen Vorteil: während alle stets betrunken waren, musste Sabottka immer nüchtern bleiben und konnte so die anderen fahren. So dauerte es nicht lange bis er Tourfahrer von New-Wave-Bands wie Abwärts oder Malaria, wurde. Der Rest ist Geschichte.

Zuletzt wird der Film noch von einem fiebrigen, atmosphärischen Elektro-Soundtrack angetrieben. Mal ruhiger und schwelgerisch, mal fieberhaft und ungezügelt, untermalt er die Szenen mit ausgewogenen, synthetischen Klängen.

Björn Schneider