Es ist eine wahre Geschichte, die hier erzählt wird. Eine von einem älteren Ehepaar, das entlang der britischen Küste wanderte. Nicht, weil die zwei es wollten, sondern weil ihnen nichts mehr blieb. Was Raynor Winn sich während dieser monatelangen Wanderung notierte, fasste sie später zu einem Buch zusammen, das unerwartet zum Bestseller avancierte.
Über den Film
Originaltitel
The Salt Path
Deutscher Titel
Der Salzpfad
Produktionsland
ENG
Filmdauer
115 min
Produktionsjahr
2024
Produzent
Elizabeth Karlsen, Stephen Woolley
Regisseur
Marianne Elliott
Verleih
DCM Film Distribution GmbH
Starttermin
17.07.2025
Raynor und Moth Winn sind auf dem South West Coast Path unterwegs, dem längsten ununterbrochenen Wanderweg in England, der von Minehead nach Poole entlang der Küste von Devon, Cornwall und Dorset bis nach London führt. Sie haben sich für diese Wanderung entschlossen, weil ihnen nichts mehr blieb. Die Winns haben ihr Haus verloren, sie müssen von 40 Pfund in der Woche leben und so machen sie sich auf den Weg. Einen Weg, der beschwerlich ist, der aber Moth, der gesundheitlich angeschlagen ist, tatsächlich zur Besserung verhilft…
Leichte Dreharbeiten waren dies für Gillian Anderson und Jason Isaacs sicher nicht. Klar, ihnen erging es besser als den Raynors, die sie darstellen, aber sie waren bei Wind und Wetter draußen, immer unterwegs, die Hügel rauf und runter. Die Anstrengungen sieht man beiden auch an. Das lässt „Der Salzpfad“ so erleb- und spürbar werden. Der Film strahlt eine immense Authentizität aus, eingerahmt von der schroffen Schönheit der englischen Küste.
Filme, in denen Figuren sich auf Wanderung begeben, um etwas zu verarbeiten oder mit sich ins Reine zu kommen, gibt es viele. Dieser hat den Vorteil, dass er eine wahre Geschichte erzählt. Und: Er erzählt nicht davon, dass Menschen sich einfach auf Wanderschaft begeben, weil es sie dazu treibt, sondern weil sie in ihrer Obdachlosigkeit im Grunde gar keine Wahl mehr haben. Das Leben im Zelt ist schließlich umsonst.
Es wäre leicht, eine Geschichte wie diese romantisierend darzustellen. Weil Wandern eben nicht Wandern ist, weil Kilometer um Kilometer, Tag um Tag mit Schmerz und Leid und Entbehrungen verbunden ist. Dies ist kein Urlaub, dies ist nacktes Überleben, heruntergebrochen auf das Mindestmaß dessen, was man als Mensch braucht: ein Dach über den Kopf (und sei es nur ein Zelt) und etwas zu essen. Und selbst da macht der Film keine Kompromisse. Er zeigt, wie beschwerlich das Schlafen im Zelt ist, wie die Kälte sich anschleicht. Aber er zeigt auch, von wie wenig die Raynors überleben müssen. Bisweilen ist es deprimierend, dem Ehepaar zuzusehen, und dann auch wieder inspirierend, weil sie zeigen, zu welcher Anpassung der Mensch fähig ist. Dass man sich an alles gewöhnen kann, dass kaum etwas im Leben wirklich wichtig ist, außer der Mensch, der einem wirklich nahesteht.
Auf ihrer Reise begegnen die Raynors den unterschiedlichsten Menschen. Es sind Zufallsbegegnungen, mit Gesprächen, die irrelevant erscheinen, die aber umso mehr Bedeutung erlangen, je länger die Wanderung geht. Weil die Interaktion mit der Normalität, wenn man das so nennen will, auch so etwas wie ein Anker für die Hauptfiguren ist. Sie haben alles verloren, aber sie geben nicht auf. Am Ende hat es sich gelohnt, wie sich im Text am Ende des Films nachlesen lässt. Und: Die Raynors wandern noch immer, weil das Wandern ihr Leben verändert und bereichert hat.
Peter Osteried