Der Wunsch

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Der Wunsch nach einem Kind ist der rote Faden von Judith Beuths Dokumentarfilm „Der Wunsch“, der aber vor allem ein Film über eine ungewöhnliche Beziehung ist: Der Querschnittsgelähmten Maria und ihrer Partnerin Christiane. Beim Max Ophüls Preis-Festival wurde Judith Beuths Debütfilm mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

Deutschland 2024
Regie & Buch: Judith Beuth
Dokumentarfilm

Länge: 105 Minuten
Verleih: Rise & Shine Cinema
Kinostart: 14. März 2024

FILMKRITIK:

Manchmal fallen Filmemachern Themen quasi in den Schoss, einen guten Film muss man aber dennoch daraus machen. Seit sie Kinder sind kennen sich die Filmemacherin Judith Beuth und Maria, eine der beiden Protagonistinnen von „Der Wunsch.“ Auch als das Leben der damals 17jährigen eine Wendung nahm, war Beuth dabei: Bei einem Badeausflug sprang Maria kopfüber in den See, stieß unglücklich mit dem Hals auf und ist seitdem querschnittsgelähmt.

Jahre später lernte Maria Christiane kennen, die zuerst ihre Pflegerin war und dann zur Partnerin wurde. Allein das wäre schon Stoff genug für einen Film: Die Abhängigkeit von Hilfe, der Versuch, Dinge wie Reisen zu verwirklichen, doch dann kam ein besonderer Wunsch auf, der den Beginn der Langzeitdokumentation markiert, die nun zu „Der Wunsch“ wurde.

Ein Kind sollte das Familienglück vervollkommnen, doch angesichts der Situation des Paares als gleichgeschlechtliche Beziehung war das ohnehin schon nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Im Freundeskreis nach Samenspendern zu suchen, wie es manche lesbische Paare machen, kam für Maria und Christiane nicht wirklich in Frage, die Adoption eines Kindes ist für ein gleichgeschlechtliches Paar erst seit wenigen Jahren möglich und auch die künstliche Befruchtung, etwa durch sogenannte Kinderwunsch-Kliniken ist schwierig.

Bei diesem Prozess, den Überlegungen, dem Hin und Her begleitet Beuth das Paar, zeigt Zweifel und bisweilen auch Verzweiflung, Momente der Hoffnung und der Enttäuschung.

Man kann zwar vermuten, dass die große Nähe der Filmemacherin zu ihren Subjekten bisweilen dazu beigetragen hat, größere emotionale Ausschläge nicht im Film vorkommen zu lassen, bei der Auswahl des Materials mit besonderer Rücksicht vorzugehen, um das Paar, aber auch die eigene Freundschaft zu ihnen zu schützen. Andererseits erweist sich gerade die Nähe zwischen Filmemacherin und Subjekt als große Stärke. Ein großes Vertrauen bestand augenscheinlich, ein Vertrauen, das es auch ermöglicht, Zweifel zu äußern.

Im Laufe des Films wird etwa deutlich, dass bei der Frage Kind oder nicht Kind, Christiane die treibende Kraft ist, nicht extrem dominant, aber doch mit deutlich größerem Verlangen, durch ein Kind die „normale“, konventionelle Form einer Familie zu erfüllen. Maria geht bei diesem Wunsch mit, allerdings nicht mit derselben Begeisterung. Vielfältige Formen der Abhängigkeit zeigen sich hier, die zwar auch aber nicht in erster Linie mit der Tatsache zu tun haben, dass Maria im Rollstuhl sitzt und auf Pflege angewiesen ist, während Christiane im wahrsten Sinne des Wortes einfach gehen könnte, wenn sie wollte.

Die speziellen Schwierigkeiten dieser Beziehung schwingen jedoch nur unterschwellig mit. Kein Problemfilm ist „Der Wunsch“ dadurch geworden, sondern eine behutsame Langzeitbeobachtung, die die vielfältigen Schwierigkeiten schildert, die in einer Beziehung aufkommen können und von denen Kinderbekommen oder nicht nur eine Facette ist.

 

Michael Meyns