Die außergewöhnliche Reise der Celeste Garcia

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Einen Science-Fiction-Film aus Kuba bekommt man nicht alle Tage zu sehen, allein das schon macht das Regiedebüt des erfahrenen Drehbuchautors Arturo Infantes bemerkenswert. Weltraumaction sollte man allerdings nicht erwarten, denn „Die außergewöhnliche Reise der Celeste Garcia“ benutzt sein Sci-Fi-Motiv ganz unterschwellig und erzählt stattdessen von seiner Titelheldin, die nach Jahren des immer gleichen Trotts noch einmal einen Neuanfang wagen möchte.

Website: www.kairosfilm.de

OT: El Viaje Extraordinario de Celeste Garcia
Kuba/ Deutschland 2018
Regie & Buch: Arturo Infante
Darsteller: Maria Isabel Diaz, Omar Franco, Nestor Jimenez, Yerlin Perez, Tamara Castellanos, Veronica Diaz, Roberto Espinosa
Länge: 92 Minuten
Verleih: Kairos
Kinostart: 23.9.2021

FILMKRITIK:

Die ehemalige Lehrerin Celeste Garcia (Maria Isabel Diaz) führt nach ihrer Pensionierung ein beschauliches Leben in Havanna, arbeitet als Teilzeitkraft im Planetarium und kümmert sich um ihren 25jährigen Sohn Pedrito (Roberto Espinosa), der immer noch zu Hause lebt und den ganzen Tag mit seinen Videospielen beschäftigt ist. Ein wenig mehr Aufregung wünscht sich Celeste in ihrem täglichen Trott, der so beschaulich abläuft, wie das Leben in der kubanischen Hauptstadt.

Als sie eines Tages nach Hause kommt, ist die Wohnung ihrer Nachbarin Polina von der Polizei abgesperrt und die Nachbarin verschwunden. Und dann hört Celeste in den abendlichen Nachrichten im Staatsfernsehen etwas seltsames: Der Sprecher erklärt der Bevölkerung, dass Kuba seit langem von Außerirdischen vom Planeten Gryok Besuch hat. Unbemerkt haben die Aliens sich unter die Bevölkerung gemischt, um die besonderen Erfolge des kubanischen Sonderweges mit eigenen Augen zu erleben, Erfolge, die, wie der Nachrichtensprecher betont, trotz des Embargos durch die Vereinigten Staaten errungen wurden. Und als wäre das nicht schon seltsam genug, findet Celeste in ihrer Wohnung eine Einladung zum Planeten der Gryoks, die einige Kubaner als Botschafter in ihre Welt holen wollen. Voller Enthusiasmus beginnt sich Celeste auf die bevorstehende Reise vorzubereiten und erinnert sich derweil an Momente, die ihr bisheriges Leben geprägt haben.

In einer alten, verfallenen Schule spielt „Die außergewöhnliche Reise der Celeste Garcia“ in erster Linie, umfunktioniert zum Ort, wo die Auserwählten sich auf ihr neues Leben vorbereiten. Eine bunte Gruppe kubanischer Charaktere ist das, vom alternden Musiker, einer schwangeren Frau, bis zu einem jüngeren Paar, das unbedingt ausreisen möchte. Unweigerlich muss man spätestens hier an den Wunsch vieler Kubaner denken, ihre mit wirtschaftlichen Problemen kämpfende Heimat zu verlassen und ihr Glück im Ausland, am liebsten im ebenso nahen wie fernen Amerika zu suchen. Doch die Vorbereitung auf die Migration macht schnell deutlich, dass auch das Leben auf Gyrok kein Zuckerschlecken ist, das auch dort strenge Regeln gelten, das auch in diesem scheinbaren Ort der Freiheit, nicht Alle alle Möglichkeiten haben.

So deutlich sich diese Prämisse auf dem Papier liest, so subtil erzählt Arturo Infante von seiner Titelfigur, einfühlsam gespielt von der auch international bekannten Maria Isabel Diaz, die etwa in Almodovars „Volver“ oder Mel Gibsons „Apocalypto“ zu sehen war. Ob Celeste Garcia dann am Ende mit dem Raumschiff in ein neues Leben aufbricht oder doch in ihrer Heimat zurückbleibt, spielt keine Rolle mehr. Längst hat sie erkannt, dass nicht der Ort an dem sie lebt für ihr Glücklichsein entscheidend ist, sondern die Menschen, die sie umgeben und vor allem ihr eigener Blick auf ihr Dasein.

Michael Meyns