Die Entdeckung der Unendlichkeit

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"Die Entdeckung der Unendlichkeit" erzählt das Leben des seit Jahrzehnten an den Rollstuhl gefesselten Physikers Stephen Hawkings und seiner langjährigen Frau Jane - und er tut dies keineswegs so kitschig wie zu befürchten war, sondern auf unprätentiöse Weise. Mögen die Höhen und Tiefen einer schwierigen Ehe und eines besonderen Lebens auch etwas geglättet sein, sehenswert und berührend ist James Marshs Film auf alle Fälle geworden.

Webseite: www.die-entdeckung-der-unendlichkeit.de

OT: The Theory of Everything
GB 2014
Regie: James Marsh
Buch: Anthony McCarten
Darsteller: Eddie Redmayne, Felicity Jones, Charlie Cox, Emily Watson, David Thwlis, Adam Godley
Länge: 123 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 25. Dezember 2014
 

Pressestimmen:

"Hauptdarsteller Eddie Redmayne gilt bereits als Oscar-Kandidat..."
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Mit kaum 20 Jahren wurde beim angehenden Physiker Stephen Hawking Anfang der 60er Jahre die schwere Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose diagnostiziert, die im Normalfall in kurzer Zeit zum Tod führt. 50 Jahre später lebt Hawking immer noch, seit Jahrzehnten auf den Rollstuhl angewiesen, seit einem Luftröhrenschnitt im Jahre 1985 auch auf einen Sprachcomputer, dessen blecherne Roboterstimme ihn erst recht zu einer Ikone gemacht hat. Mit der Veröffentlichung der populärwissenschaftlichen Abhandlung „Eine kurze Geschichte der Zeit“, die sich weltweit rund 25 Millionen Mal verkaufte, wurde Hawking zum Medienstar, der Gastauftritte bei Star Trek und den Simpsons hatte und in der Öffentlichkeit als Genie angesehen wird, der die theoretische Physik revolutionierte.

Dass Hawking weder mit dem Nobelpreis für Physik noch mit der Fields Medal – der wichtigsten Auszeichnung für Mathematik – ausgezeichnet wurde, zeigt jedoch, dass er bei seinen Wissenschafts-Kollegen zwar als guter Physiker respektiert ist, seine Entdeckungen allerdings alles andere als revolutionär sind. Sein Ruhm in der Öffentlichkeit resultiert aus der fraglos faszinierenden Kombination aus einem Leben in fast vollständiger Bewegungsunfähigkeit und der Beschäftigung mit den großen Fragen des Universums, genauer gesagt der so genannten Weltformel, nach der Physiker seit Jahrzehnten suchen, und die eine Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des Universums und der menschlichen Existenz geben soll.

Um diese Fragen dreht sich auch James Marshs respektvoller Film „Die Entdeckung der Unendlichkeit“, der sich in typischer Manier eines biographischen Films am Leben seiner Hauptfigur entlang bewegt und dabei ebensoviel Wert auf die Schilderung von Privatem wie Beruflichem legt. Während die physikalischen Ideen Hawkings dabei eher aus dem Nichts zu kommen scheinen und mittels kurzer Szenen nur bruchstückhaft angedeutet werden, verbringt Marsh viel Zeit mit der Schilderung der Romanze zwischen Stephen (Eddie Redmayne) und Jane (Felicity Jones) Hawking. Schon kurz nach der Hochzeit war Stephen an den Rollstuhl gefesselt, verwandelte sich Janes Rolle immer mehr in die einer Pflegerin, die ihrem Mann den Rücken frei hielt, die bald drei Kinder großzog und ihre eigenen beruflichen Pläne lange Jahre hintenan stellte. Dass Stephen mit zunehmendem Erfolg immer mehr von der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vereinnahmt wurde, deutet der Film nur an und schildert das langsame Ende der Liebe ausgesprochen vorsichtig.

Zusammengehalten wird der Film vor allem von Hauptdarsteller Eddie Redmayne, der Hawking nicht zuletzt dank einer überzeugenden Maske erstaunlich ähnlich sieht, sowohl mit 20 als auch mit 50. Auch die Ambivalenzen seiner Figur deutet Redmayne an, die Momente der Egozentrik, das Bestreben, im Mittelpunkt zu stehen, später auch der wandernde Blick, der mit unverhohlener Lust über seine Pflegerin gleitet, die nach der Scheidung von Jane seine zweite Frau werden sollte. Auch wenn man sich manchmal einen etwas weniger respektvollen Umgang mit dem Thema gewünscht hätte, einen etwas ehrlicheren Umgang mit einer sicher nicht immer leichten Ehe und einem streitbaren Mann, bleibt „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ein sehenswerter, oft berührender Film über eine der schillerndsten Gestalten unserer Zeit.
 
Michael Meyns