Die Farbe Lila

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Ein Remake losgelöst vom Original zu sehen, ist per se schon schwer. Wenn sich dann die Erzählform noch ändert, kann das von Vor-, aber auch Nachteil sein. Steven Spielbergs Film aus dem Jahr 1985 war eine ernsthafte Adaption, Blitz Bazawules Film aus dem Jahr 2023 adaptiert das Bühnenmusical, das auf Basis des Romans entstand – und schon damals fragte man sich, wie eine derart ernste und eindringliche Geschichte mit Gesang und Tanz funktionieren soll.

Webseite: https://www.warnerbros.de/de-de/filme/die-farbe-lila

The Color Purple
USA 2023
Regie: Blitz Bazawule
Buch: Marcus Gardley
Darsteller: Fantasia Barrino, Taraji P. Henson, Danielle Brooks

Länge: 140 Minuten
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 8. Februar 2024

FILMKRITIK:

Georgia im Jahr 1909: Cellie und Nettie sind Schwestern und leben ein hartes Leben. Mister ist an Nettie interessiert, deren Vater gibt ihm aber nur Cellie. Denn Nettie ist zu Höherem berufen. Die hässliche Cellie wiederum ist für Mister gut genug. Das Leben bei Mister ist für Cellie ungleich härter als ihr vorheriges. Er treibt sie zur Arbeit an, nachts vergewaltigt er sie. Die Jahre ziehen ins Land und in Cellie wächst der Entschluss, sich von Mister zu lösen …

Wer noch den kraftvollen Film von Steven Spielberg vor Augen hat, der wird vielleicht Probleme mit dieser neuen Adaption haben. Denn die erdrückende Ernsthaftigkeit kann sich nicht entfalten, wenn sie von Musical-Einlagen abgelöst wird. Das verleiht dem Ganzen auch eine episodische Erzählstruktur, bei der das Gefühl aufkommt, alles wird gut, wenn nur gesungen wird.

Auf der Bühne war das ein großer Erfolg, aber es ist trotzdem schwierig, in diese Geschichte hineinzukommen. Die Musical-Einlagen sollten es leichter machen, sich auf die Emotionen einzulassen, das Gegenteil ist der Fall. Die neue Version „Die Farbe Lila“ kratzt an der Oberfläche, sie lässt aber rohes, ungefiltertes, echtes Gefühl nie aufkommen.

Das Musical ist die Friede-Freude-Eierkuchen-Version der Geschichte, so als ob man die originalen Grimmschen Märchen mit dem vergleichen würde, wie sie heute sind. Der Kern ist noch vorhanden, aber die Wucht nicht mehr. Da helfen auch tolle Ausstattung, starke Kameraarbeit, hervorragende Mimen und tatsächlich gut ins Ohr gehende Songs nicht.

Diesen Film kann man im Grunde nur dann völlig genießen, wenn man Spielbergs Version nie gesehen hat. Und wenn man außer Acht lässt, dass die Aktivistin Alice Walker, die mit diesem Roman berühmt wurde, eine Antisemitin ist, die sich während der Corona-Zeit endgültig radikalisiert und absurdeste Verschwörungstheorien das Judentum betreffend absondert.

Das Musical kommt entsprechend mit reichlich Ballast daher. Der macht es schwer, den Film zu mögen. Denn letztlich wünscht man sich bei „Die Farbe Lila“ die Ehrlichkeit zurück, mit der Spielberg einst erzählt hat.

 

Peter Osteried