Die guten und die besseren Tage

Weiblicher Alkoholismus wird in Filmen nicht allzu oft thematisiert. Und schon gar nicht in einer Komödie. Die französische Produktion „Die guten und die besseren Tage“ wagt genau das und erzählt von weiblichen Insassen einer Suchtklinik – die eine ganz besondere Challenge in der marokkanischen Wüste planen. Der Mix aus Sozialdrama, Tragikomödie und Roadmovie handelt von unterdrückten Gefühlen und Ängsten aber auch von Hoffnung, Freundschaft und Gemeinschaft. Konsequent aus weiblicher Perspektive erzählt. 

 

Über den Film

Originaltitel

Des jours meilleurs

Deutscher Titel

Die guten und die besseren Tage

Produktionsland

FRA,BEL

Filmdauer

104 min

Produktionsjahr

2025

Regisseur

Bennett, Elsa / Dard, Hippolyte

Verleih

n.n.

Starttermin

31.07.2025

 

Suzanne (Valérie Bonneton) ist am Boden zerstört: Nach einem Autounfall verliert sie das Sorgerecht für ihre drei Kinder. Der Unfall passierte in alkoholisiertem Zustand. Ohne weitere Perspektive bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich in eine Entzugsklinik für Suchtkranke einweisen zu lassen. In der Klinik, in der nur Frauen behandelt werden, trifft sie auf Alice (Sabrina Ouazani) und Diane (Michèle Laroque). Es dauert nicht lange und Suzanne freundet sich mit den beiden so unterschiedlichen Frauen an. Zusammenhalt und Teamgeist sind auch gefragt, denn der engagierte Sporttherapeut Denis (Clovis Cornillac) will den Patientinnen neuen Mut geben und plant ein ehrgeiziges Projekt: Sie sollen gemeinsam am marokkanischen Wüstenrennen Dunes Rally teilnehmen. Mit viel Geduld, Einfühlungsvermögen und einem langen Atem versucht er, das ungewöhnliche Team auf Kurs zu bringen.

„Die guten und die besseren Tage“ – schon der Titel des Films versprüht eine gewisse Positivität und steht für einen wohlwollenden, optimistischen Blick auf das Leben. Ausnehmend schlechte Tage oder gar einen Rückfall in alte, toxische Verhaltensmuster mit übermäßigem Alkoholkonsum? Genau das wollen die Protagonistinnen in diesem Film hinter sich lassen. Aus dem illustren Figurenkabinett der Filmemacher Elsa Bennett und Hippolyte Dard sticht vor allem Suzanne (feinfühlig und präzise: Valérie Bonneton) hervor, über die der Zuschauer am meisten erfährt – und in deren Leben, vor und während der Klinikzeit, wir am intensivsten teilhaben. Sie ist das erzählerische Zentrum und um sie herum baut sich eine mitreißende Geschichte um Mut, Disziplin und Alkoholabhängigkeit auf.

In kurzen Gesprächssituationen, in denen die Patientinnen der Oberärztin Rede und Antwort stehen, reißt „Die guten und die besseren Tage“ die vielfältigen Gründe, die in eine Abhängigkeit führen können, an. Darunter: der Tod geliebter Menschen, Arbeitslosigkeit, ausbleibender beruflicher Erfolg, Trennung und Krankheit. So richtig nah kommt man, neben Suzanne, allerdings nur den wenigsten Figuren. Selbst über Diane und Alice erfährt man nur bruchstückhaft Informationen zu ihrer Vorgeschichte oder Biografie. Dafür überzeugt ein anderer Charakter, der frischen Wind in die Erzählung bringt und als belebendes Element fungiert: der früher selbst alkoholkranke Denis, der als Mischung aus Motivationstrainer und verständnisvoll-empathischer Therapeut mit einem Faible für Motoren und Autos daherkommt. Clovis Cornillac spielt diese interessante Figur mit hingebungsvollem Ausdruck und großer Willenskraft. 

Trotz der Schicksalsschläge, durch welche die Frauen erst in die Sucht geraten sind, und all der ernsten Aspekte bleibt der Humor die wichtigste Zutat in diesem Feelgood-Roadmovie. Aus den Unterschiedlichkeiten der Frauen und während der Vorbereitungen auf die Rallye ergeben sich etliche skurrile Szenen und heitere Momente, die das gesamte Szenario rund um unbequeme Themen wie „Suchterkrankung“ und „psychische Leiden“ auflockern. Zudem war es eine gute Entscheidung, „Die guten und die besseren Tage“ dramaturgisch und inhaltlich aufzuteilen. 

Denn in den letzten 30 Minuten und mit Beginn des von etlichen Pannen und Missgeschicken geprägten Wüstenrennens erfährt der Film nochmals eine entscheidende Wandlung in Stimmung und Tonalität, die ihm sichtlich gut bekommt. Dann wird aus der in der Klinik verorteten Tragikomödie ein turbulenter Wüstenabenteuer-Spaß mit witzigen Zufällen und beschwingter Komik.

 

Björn Schneider

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