Die Ruhelosen

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Einen einfachen Film hat Joachim Lafosse mit „Die Ruhelosen“ wirklich nicht abgeliefert. Er erzählt – ohne Übertreibung oder Unterlassung – vom Leben, wenn ein Partner bipolar ist. Was es mit ihm macht, was es aber auch mit den Menschen in seinem Umfeld macht. Großartig gespielt, in jedem Moment erleb- und nachvollziehbar, ein wirklich großer Film, der aber unangenehm anzusehen ist.

Webseite: https://www.eksystent.com/dieruhelosen.html

Les intranquilles
Frankreich / Belgien / Luxemburg 2021
Regie: Joachim Lafosse
Buch: Joachim Lafosse
Darsteller: Leïla Bekhti, Damien Bonnard, Gabriel Merz Chammah

Länge: 113 Minuten
Verleih: Eksystent Filmverleih
Kinostart: 14. Juli 2021

FILMKRITIK:

Leïla und Damien sind schon lange ein Paar, aber noch immer sehr verliebt. Doch Damien leidet an einer bipolaren Störung. Er hat Phasen, in denen er nicht genug tun kann, in denen die Welt ihm viel zu klein ist, und dann andere, die von tiefen Depressionen geprägt sind. Leïla hat gelernt, mit diesen Stimmungsschwankungen zu leben, aber als eine neue Phase des Exzesses und der entgrenzten Begeisterung beginnt, kann sie kaum noch mithalten. Sie stößt an ihre eigenen Grenzen.

Selten wurde eine bipolare Störung so eindringlich wie hier dargestellt. Joachim Lafosse bleibt nahe an der Realität, wenn er davon erzählt, wie diese Krankheit dem zusetzt, der sie hat, aber auch die psychologische Herausforderung für seine Partnerin in den Fokus rückt. Schmerzhaft wird der Film vor allem durch den Druck, den die Situation auf Leïla ausübt, weil an ihr der Schmerz erkennbar wird. Jemanden zu lieben, aber genau zu wissen, dass man ihm nicht helfen kann, wenn eine neue Phase beginnt.

Der Film schafft es dabei hervorragend, die Wechselwirkung der Gefühle darzustellen, die Leïla und Damien empfinden – der eine, weil sein Kopf nichts anderes zulässt, die andere, weil auch sie in gewisser Weise keine Wahl hat. Der Film macht es auch dem Zuschauer nicht leicht, weil er sehr schnell Sympathien für die beiden Hauptfiguren aufbaut. Leïla Bekhti und Damien Bonnard sind grandios in ihren Rollen. Sie holen den Zuschauer ab und ziehen ihn hinein in diese Welt der Unsicherheiten, in der himmelhochjauchzend auf zu Tode deprimiert folgt – und niemand etwas machen kann.

So stellt der Film auch die Frage, ob man damit leben kann – und wie man damit leben kann. Gerade das macht ihn aber auch schwierig, denn ein Happyend kann es nicht geben. Weil manches sich einfach nicht ändern lässt und weil das Leben eben weitergeht. Man kann sich nur dazu entscheiden, aus dem Schlechten das Gute herauszufiltern – und dann weiterzumachen.

 

Peter Osteried