Die Wiese – Ein Paradies nebenan

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Die Wiese – Ein Paradies nebenan. Der preisgekrönte Naturfilmer Jan Haft zeigt die Pflanzen- und Tiervielfalt der Wiese in nachhaltigen Bildern. Sie erinnern daran, wie wichtig dieses Biotop vor unserer Haustüre für das Funktionieren des Ökosystems doch ist.

Webseite: www.diewiese-derfilm.de

Deutschland 2019
Regie: Jan Haft
Länge: 90 Minuten
Verleih: polyband Medien GmbH, Vertrieb: 24 Bilder
Kinostart: 04.04.2019

FILMKRITIK:

Nirgendwo zeigt sich unsere heimische Pflanzen- und Tierwelt so vielseitig und bunt wie auf einer blühenden Sommerwiese. Dort tummeln sich unzählige Vögel, Insekten, Reptilien und anderen Tiere auf engem Raum. Umgeben sind sie von Kräutern, Gräsern und Blumen. Ein faszinierender Mikrokosmos, in der ein Drittel unserer Pflanzen- und Tierarten zu Hause ist. Regisseur Jan Haft begibt sich mit dem Zuschauer in eine außergewöhnliche Welt, die jeder zu kennen glaubt, und die doch voller Überraschungen steckt. Was macht die Wiese so besonders? Und warum ist die grüne Wunderwelt so sehr bedroht?

Der vielfach ausgezeichnete Münchener Tier- und Naturfilmer Haft wurde mit Filmen wie „Das Grüne Wunder – Unser Wald“, „Das Kornfeld“ oder „Magie der Moore“ über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Seit einigen Jahren führen ihn unterschiedlichste Projekte auch rund um die Welt. So befasste er sich in jüngeren Produktionen unter anderem mit der Natur Skandinaviens oder auch der Türkei. 

Jan Haft ist bekannt dafür, seine Filme mit großem technischen Aufwand und modernster Kameratechnik zu realisieren, damit der Zuschauer der Natur so nah als möglich kommt. Das gelingt dem im oberbayerischen Isental beheimateten Filmemacher auch mit „Die Wiese“. Dank hochauflösender Bilder sowie beeindruckender Zeitlupen-, Zeitraffer- und Makroaufnahmen wird der Betrachter regelrecht zu einem Bestandteil dieses vielfältigen Habitats. So kommen wir in „Kontakt“ mit einer Fülle an unterschiedlichsten Lebewesen, denen Haft aus dem „Schattendasein“ der dicht bewachsenen Graslandschaften verhilft.

Zu sehen gibt es Zirpen, Zikaden, Feldgrillen, Wildbienen, Heuschrecken, Maiwürmer, Krabbenspinnen oder auch Falter. Tiere, über die wir, wenn wir ehrlich sind, doch fast nichts wissen, obwohl sie die hiesigen Wiesen bevölkern. „Die Wiese“ rückt all diese Lebewesen gleichberechtigt in den Mittelpunkt und zeigt sie in ihrer Lebenswelt: beim Balz- und Paarungsverhalten, auf der Suche nach Nahrung und im Zusammenspiel mit den umgebenden Pflanzen. Eine der wichtigsten Botschaften des Films: wie ausgeklügelt dieses perfekt aufeinander abgestimmte System doch funktioniert und in welchem Abhängigkeitsverhältnis Tiere und Pflanzen zueinander stehen. Besonders einprägsam sind jene Bilder, die einen „uralten Tauschhandel“ zeigen. Das Bestäuben der Pflanzen. Die Biene bestäubt die Blüte und erhält im Gegenzug ihre Nahrungsgrundlage, den energiereichen Nektar und die Pollen.

Natürlich verdeutlicht Haft auch die Gefahren für die Grünflächen. Die zunehmende Umwandlung der Wiesen in Ackerland etwa. Auf den landwirtschaftlich nutzbaren Flächen werden (unsere) Lebensmittel angebaut, genauso wie Tierfutter und Energiepflanzen, allen voran Mais für die Biogasanlagen. Angenehm ist, dass Haft ohne erhobenen Zeigefinger auf diese Umstände verweist. Außerdem verzichtet er beim Aufzeigen der weitreichenden Folgen für die Tierwelt weitestgehend auf Pathos und emotionalisierende, bedeutungsschwangere Zeitlupenaufnahmen. Lediglich die Musik im Hintergrund erscheint an manchen Stellen zu dominant – gerade beim Chorgesang, der an einstimmige gregorianische Choralmusik erinnert. Weit wichtiger aber sind die Denkanstöße, zu denen Haft mit „Die Wiese“ verleitet. Nämlich darüber nachzudenken, wie der Umgang mit diesem Lebensraum so vonstattengehen kann, dass dessen fortschreitender Rückgang verhindert wird.

Björn Schneider