Egal was kommt

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Ein junger Mann erfüllt sich seinen großen Traum und reist mit dem Motorrad ein Jahr lang rund um die Welt. Dank der Unterstützung von Menschen, die ihm unterwegs begegnen, bewältigt er alle Krisen und Beinahe-Katastrophen. Aus seiner Reise hat Christian Vogel eine Dokumentation gemacht, die ein bisschen mehr ist als ein normales Road Movie und vor allem mehr als ein Reisevideo: Sehr warmherzig, humorvoll und ohne Eitelkeit berichtet er von den Höhen und Tiefen seiner Tour. Die Dokumentation beeindruckt mehr mit ihrer Authentizität als mit cineastischen Finessen und ist trotz einiger Längen ein interessanter kleiner Film für Motorradfans und Weltreisende.

Webseite: egalwaskommt-derfilm.de

Dokumentarfilm
Deutschland 2018
Regie/Buch/Kamera: Christian Vogel
Länge: 121 Minuten
Verleih: Busch Media, Vertrieb: Die Filmagentinnen
Kinostart: 2. August 2018

FILMKRITIK:

Christian Vogel ist wild entschlossen, sich seinen Lebenstraum von der Weltreise zu erfüllen. Zu den Vorbereitungen gehören neben einem Intensivkurs in Motorradtechnik medizinische Tipps vom Arztfreund und jede Menge Internetrecherchen. Der Job als TV-Journalist ist gekündigt, die Wohnung ebenfalls, alle Ersparnisse sind zusammengekratzt, die Maschine ist startklar. Auch wenn er gerade Miriam, seine große Liebe, kennengelernt hat, bleibt Christian bei seinem Plan. Im Mai 2015 geht es los, die Reise wird beinahe ein Jahr dauern. Nicht nur unvergessliche Erlebnisse und einzigartige Bilder stehen ihm bevor, sondern die Tour wird Christian immer wieder ans Limit bringen und manchmal sogar darüber hinaus. Von den USA über Kanada und Alaska geht es nach Ostasien, von dort aus über die Mongolei, Indien und Pakistan zurück nach Europa. 333 Tage voller Erfahrungen mit Menschen, Straßen, Natur und Gefahren, und die Kamera ist immer dabei.
 
„Losgefahren bin ich allein. Wieder angekommen bin ich dank anderer“, sagt Christian Vogel selbst über sein großes Abenteuer, wobei er auf der Reise mehr als einmal selbst überrascht davon ist, was er alles kann. Ganz auf sich selbst gestellt, muss er technische Tücken bewältigen und mit den Herausforderungen zurechtkommen, die ihm begegnen. Doch schon bald stellt Christian fest, dass es überall auf der Welt hilfsbereite Menschen gibt, die ihm aus der Patsche helfen. Ob Sanddünen in der Wüste oder Schnee im Himalaya – Christian beißt sich durch. Egal, was kommt. Die Sehnsucht nach Freiheit treibt ihn an und der unbändige Wunsch, die Welt zu sehen. Er ist ein würdiger Hauptdarsteller, dieser freundliche, humorvolle junge Mann, der manchmal vor lauter Lebensfreude freihändig fährt und dazu Siegesposen macht. Die zweite Hauptrolle im Film spielt Christians Motorrad, eine BMW GS 1200 ADV, die er speziell für die Reise auf- und ausgerüstet hat.
 
Der Reisende kommentiert seine Abenteuer selbst, was den Film authentisch und sympathisch macht und über einige Längen hinwegsehen lässt. Ebenso angenehm wie interessant ist, dass auch seine Eltern und seine Freundin Miriam zu Wort kommen. So wird deutlich, wie sehr alle zu ihm halten, wie sie ihn unterstützen und um ihn bangen müssen. Ein schwerer Unfall sorgt für einen ungeplanten Aufenthalt in Indien, bringt aber auch Christian und Miriam für einige Zeit zusammen. Wenn es endlich weitergeht, sind sowohl Christian als auch sein Motorrad wiederhergestellt, was nur mit Unterstützung von vielen Seiten möglich wird. Insgesamt beeindruckend ist der Zusammenhalt zwischen den Bikern, die weltweite Verbindungen unterhalten und sich ganz selbstverständlich untereinander helfen. Eher beiläufig behandelt Christian Vogel politische und gesellschaftliche Zustände, meist stehen einzelne Menschen im Mittelpunkt, nur selten geht es um Sehenswürdigkeiten oder touristische Ziele. Wirklich spektakulär ist dabei das Grenzritual an der indisch-pakistanischen Grenze, wo sich die Soldaten bei der täglichen Wachablösung vor ihrem Publikum in eine Art grotesken Wettstreit hineinsteigern. Dieser Ausschnitt ist zwar bemerkenswert, aber eher untypisch für den Film. Denn ob in der mongolischen Wüste, im Gewusel indischer Großstädte oder auf den schnurgeraden amerikanischen Highways, überall trifft Christian Vogel auf hilfsbereite, freundliche Menschen, sogar im Hindukusch, wo Christian aus Sicherheitsgründen mit einer Eskorte fahren muss, oder in China, wo er einen Reiseleiter bezahlen muss, der ihn ausspioniert und überwacht, aber eigentlich doch ein ganz netter Kerl ist. Wohin er auch kommt: Christian Vogel sucht die Freiheit, er findet zu sich selbst und entdeckt dabei die Menschen, die Natur – die Welt.
 
Gaby Sikorski