Eileen

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„Eileen“ entstand auf Basis eines hochgelobten Romans von Ottessa Moshfegh, die auch am Drehbuch mitgearbeitet hat. Bei der Umsetzung vom Roman zum Film bleibt man nahe an der Vorlage und ändert nur Kleinigkeiten. Vor allem fällt der Film aber auf, weil man das Gefühl nicht loswird, dass hier Großes drinsteckt, nur dass weder Skript noch Regie es vermochten, das aus ihm herauszukitzeln. Entsprechend dröge wird die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die von einer älteren Frau fasziniert ist und ihr Leben ändern möchte.

Webseite: https://www.upig.de/micro/eileen

USA 2023
Regie: William Oldroyd
Buch: Luke Goebel, Ottessa Moshfegh
Darsteller: Thomasin McKenzie, Shea Whigham, Sam Nivola, Anne Hathaway

Länge: 97 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 14. Dezember 2023

FILMKRITIK:

Anfang der 60er Jahre: Eileen ist 24 Jahre alt, kümmert sich um ihren alkoholkranken und paranoiden Vater und arbeitet in einer Erziehungsanstalt für Jungs. Dort fängt die neue Psychiaterin Rebecca an, von der Eileen sofort fasziniert ist. Weil sie eigenbestimmt lebt, tut und lässt, was sie will, und sich für sie interessiert. Rebecca lädt Eileen auf einen Drink ein – und später auch zum Feiern des Weihnachtsabends. Aber nichts ist so, wie es scheint.

Mit seinem Format von 1,66:1 und dem Schrifttypus, der für die Stabsangaben und den Titel genutzt wird, erinnert „Eileen“ an die Filme der späten 50er und frühen 60er Jahre. Das ist formal sehr schön gemacht. Es gibt auch anderes, das man an „Eileen“ mögen kann. Thomasin McKenzie spielt eine junge, unsichere, von einem anderen Leben träumende Frau, die sich von der älteren Rebecca angezogen fühlt. Wirkt es erst so, dass dies auf eine Coming-Out-Geschichte hinausläuft, ist es doch gänzlich anders. Das wollte Ottessa Moshfegh schon im Roman nicht. Vielmehr interessiert sie sich dafür, wie jemand versucht, aus einem Leben, das keinerlei Freude bereithält, auszubrechen – und das im Grunde auch tut, egal, was es kostet.

Aber in der Umsetzung funktioniert das nur bedingt. Denn der Film lässt sich praktisch eine Stunde Zeit für den Aufbau der Geschichte. Die eigentliche Geschichte, um die es dann geht, setzt viel zu spät ein. Zudem ist die Inszenierung so gehalten, dass der Zuschauer angehalten ist, den Film zu interpretieren. Immer wieder sieht man Eileens Tagträume, die allesamt gewalttätig sind, so dass sich die Frage ergibt: Ist alles real, was hier zu sehen ist? Oder könnte es nicht sein, dass hier eigentlich vom geistigen Zusammenbruch eines Menschen erzählt wird?

Wer den Roman kennt, kann diese Fragen verneinen. Dort ist es klar, dass alles genauso abläuft, wie es erzählt wird. Im Film regen sich Zweifel. Gerade diese Ambivalenz ist eine der wenigen Stärken von „Eileen“, denn ihr gegenüber steht eine erstaunlich langatmige Erzählweise. Es darf nicht verhehlt werden: „Eileen“ ist im Endeffekt ein langweiliger Film. Aber die Ideen, die darin stecken, sind interessant, die Diskussionen, die er im Nachgang anregt, sind reizvoll. Nur der Film selbst, der ist doch zu behäbig und wartet mit einem Ende auf, das im Grunde alles offenlässt, während die Autorin in ihrem Roman auch darüber hinausgeht.

 

Peter Osteried