Ein Freitag in Barcelona

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Männer! Weit her ist es mit dem nicht wirklich starken Geschlecht auch in Spanien nicht mehr, wo Wirtschaftskrise und Potenzprobleme dem sprichwörtlichen südländischen Macho zu schaffen machen. Davon erzählt Cesc Gay in seiner pointierten, melancholischen Komödie „Ein Freitag in Barcelona“, die in unverbundenen Episoden einen Zustandsbericht über den Mann von heute abliefert.

Webseite: www.einfreitaginbarcelona-film.de

OT: Una Pistola En Cada Mano
Spanien 2012
Regie: Cesc Gay
Buch: Cesc Gay, Tomàs Aragay
Darsteller: Ricardo Darín, Luis Tosar, Javier Cámera, Eduardo Noriega, Leonor Watling, Candela Pena
Länge: 95 Minuten
FSK: ohne Altersbeschränkung
Verleih: Camino Filmverleih
Kinostart: 11. Juli 2013

PRESSESTIMMEN:

"Wie hat ein Mann heute zu sein? Der spanische Episodenfilm "Ein Freitag in Barcelona" zeigt mit leiser Selbstironie Männer, die unbeholfen im Leben und Lieben sind."
DIE ZEIT

"In fünf Episoden und einem Epilog erzählt der Film von acht Männern und ihrem höchst unterschiedlichen Scheitern im Leben und in der Liebe. Mit hervorragenden Schauspielern inszenierte, subtile Tragikomödie."
film-dienst

"...ein munter-melancholischer Großstadtreigen ...angenehm unaufgeregt, mit sanfter Ironie und großer Langmut beobachtet..."
DER SPIEGEL

"Ein liebevoll-ironisches Generationenporträt..."
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

In einem Hausflur begegnen sich zwei alte Freunde, die sich lange nicht gesehen haben. J. (die Männer bleiben namenlos, allein die Frauen haben – nicht nur im Abspann – Namen und Persönlichkeit) hat zwar Familie und Job, ist aber dennoch auf dem Weg zum Therapeuten. Sein alter Freund E. dagegen ist wie so viele im modernen Spanien arbeitslos, wurde von seiner Frau verlassen und lebt – welch Demütigung! – wieder bei seiner Mutter.

Auch S. lebt allein, seit er sich für eine kurze, längst beendete Affäre von seiner Frau Elena getrennt hat. Nur der gemeinsame Sohn verbindet sie noch, auch wenn S. eine Versöhnung herbeisehnt. Doch zu spät: Elena ist von einem anderen Mann schwanger.
Auf einer Parkbank sitzt G. und beobachtet das Haus, in dem seine Frau gerade ihren Liebhaber getroffen hat. Zufällig kommt sein Bekannter L. mit seinem Hund vorbei (bzw. dem seiner Exfrau), man plaudert, beklagt das Schicksal – und schließlich stellt sich heraus, dass L. der Geliebte von G.s Frau ist.

P. versucht seine Kollegin Mamen zu verführen, während zu Hause Frau und Kind auf ihn warten. Auch er wird am Ende des Films auf der Party sein, auf der fast alle Männer zu Besuch sind. Dorthin ist A. unterwegs, als er von Maria mitgenommen wird. Im Auto unterhalten sie sich über ihre schwierigen Beziehungen, während sich gleichzeitig Marias Mann und A.s Frau beim Weinkauf über den Weg laufen.

Trotz der episodischen Struktur – jeweils zwei Figuren in zehn bis 15 Minuten langen Dialogszenen – wirkt „Ein Freitag in Barcelona“ nie wie Stückwerk. Geschickt variieren Regisseur Cesc Gay und sein Co-Autor Tomàs Aragay die Themen, ohne sich zu wiederholen, und entwerfen markante Männerfiguren. Dabei ist der Blick auf die Männerwelt skeptisch: Eine durch und durch zufriedene, selbstbewusste, ausgeglichene Männerfigur findet sich hier nicht. Variationen des gescheiterten, an sich und seinem Leben zweifelnden Mann spielen die Autoren durch, Männer, die allesamt die 40 überschritten haben und sich nun, in der Mitte des Lebens, fragen, was sie erreicht haben und was da noch kommen soll.

Angesichts des Themas liegt ein Vergleich mit Woody Allen natürlich nah, doch trotz ähnlicher Sujets wie Beziehungskrisen und Lebensängsten schlägt „Ein Freitag in Barcelona“ einen eigenen, originellen Tonfall an. Deutlich weniger neurotisch und manieriert wirken die Figuren, viel „normaler“, aber deswegen nicht weniger prägnant. Das ist vielleicht die größte Qualität des Drehbuchs: Gleichzeitig von verschiedenen ganz durchschnittlichen Menschen zu erzählen, die aber dennoch eigene und vor allem interessante Persönlichkeiten sind. Ebenso sind Figuren und Schauplatz unverkennbar spanisch (auch wenn Barcelona selbst, anders als der deutsche Titel suggeriert, keinerlei Rolle spielt), aber doch auch universell: So oder so ähnlich würde ein Film über acht Männer der Mittelschicht wohl in allen Ländern der westlichen Welt aussehen, egal ob in Spanien, England oder Deutschland.

Mit „Ein Freitag in Barcelona“ ist Cesc Gay ein Film gelungen, der vor der Kamera eine Art who is who des spanischen Kinos versammelt und dank seines pointierten, subtilen Drehbuchs eine universelle Zustandsbeschreibung von Männlichkeit im Jahre 2013 ist.

Michael Meyns