Endzeit

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Ein Zombie-Film aus Deutschland, dazu noch fast ausschließlich von und mit Frauen hergestellt. Diese Faktoren machen Carolin Hellsgards zweiten Film „Endzeit“ zumindest ungewöhnlich. Inhaltlich dagegen kann der Versuch, unterschiedliche Genres zu einem feministischen Ganzen zu formen, jedoch nur bedingt überzeugen, so eindrucksvoll die Bilder eines dystopischen Deutschlands auch sind.

Webseite: www.farbfilm-verleih.de

Deutschland 2018
Regie: Carolin Hellsgard
Darsteller: Gro Swantje Kohlhof, Maja Lehrer, Trine Dyrholm, Barbara Philipp, Axel Werner, Amy Schuck
Länge: 90 Minuten
Verleih: Farbfilm
Kinostart: 22.8.2019

FILMKRITIK:

Vor zwei Jahren raffte ein Virus weite Teile der Bevölkerung hin, verwandelte die Massen in blutrünstige Wesen und verdammte die wenigen nicht infizierten zu einem Leben in streng bewachten Schutzräumen. Diese befinden sich in Weimar bzw. Jena, wo hinter hohen Mauern ein strenges Regime herrscht. Nur wer die Regeln befolgt hat die Chance, zu überleben, doch die Einschränkung der persönlichen Freiheit macht manchen Bewohnern zu schaffen.
 
Vivi (Gro Swantje Kohlhof) ist eine davon, sehr jung und sehr naiv, schwer traumatisiert von der Zombie-Apokalypse, macht sie sich Vorwürfe, ihre kleine Schwester nicht gerettet zu haben. Ganz anders agiert Eva (Maja Lehrer), die sich als harte Zombie-Killerin einen Ruf gemacht hat. Doch hinter der rauen Fassade verbergen sich Verletzungen und Emotionen, die nur langsam zum Vorschein kommen, als das ungleiche Duo im freien Feld zusammenkommt.
 
Auf der Flucht vor dem Regime finden sich die beiden in der wilden Natur wieder, allein auf sich gestellt. Immer wieder begegnen sie einzelnen Zombies, bald jedoch auch einem merkwürdigen Wesen (Trine Dyrholm), die wie eine Mischung aus Mensch und Pflanze wirkt. Verkörpert sie einen möglichen Neuanfang? Eine Überwindung der Trennung zwischen Mensch und Natur, die die Ursache allen Übels zu sein scheint?
 
Zombie-Filme gibt es wie Sand am Meer, die Regeln und Muster des Genres sind dadurch bekannt und müssen nicht umständlich erklärt werden. Wenige Überlebende verschanzen sich vor der Bedrohung der Massen, versuchen zu überleben, meist das Versprechen eines sicheren Schutzhafens zu erreichen oder sind auf der Suche nach einem Gegenmittel, das Heilung verspricht. Dieser Muster bedient sich auch Caroline Hellsgard in ihrem zweiten Film nach ihrem viel gelobten Debüt „Wanja“. Das Drehbuch schrieb die Comic-Autorin Olivia Vieweg, die keinerlei Erfahrung in diesem Sujet hat, was man dem fertigen Film lange auch anmerkt. Holprig beginnt die Geschichte, werden kurz die Parameter etabliert, die Bedrohung angedeutet, bis „Endzeit“ endlich zu seinem eigentlichen Kern findet: Erst als Vivi und Eva allein im Niemandsland umherziehen, in der nun wieder unberührten Natur, die sich durch das Fehlen der Menschen von der Zivilisation erholt, werden die eigentlichen Themen des Films deutlich.
 
Weniger um unmittelbare Fragen des Überlebens geht es Vieweg und Hellsgard, als um das Ausloten der Möglichkeit einer Welt, in der die Trennung von Mensch und Natur notgedrungen überwunden wird. Besonders die Begegnung mit dem von der dänischen Schauspielerin Trine Dyrholm gespielten Wesen führt zum Kern des Films, der deutlich weniger Zombie-Horror-Film ist, als mystisch-fantastisch. Eine neue Form des Lebewesens verkörpert diese Mischung aus Mensch und Pflanze, ein Einklang der, so scheint es zumindest angedeutet zu sein, die Lösung der Probleme sein könnte.
 
Schade, dass diese Ideen nicht weiter ausgelotet werden, sondern bald wieder den ausgetretenen Mustern des Zombie-Films Platz machen. Diese bedient Hellsgard eher beflissen als überzeugend, was ihren Film letztlich auch zu einem Zwitter-Wesen macht: Im Ansatz ein Genrefilm, der jedoch mehr sein will, in seinen besten Momenten auch ist, am Ende jedoch etwas unbefriedigend unterschiedlichste Ansätze zu verbinden sucht.
 
Michael Meyns