Die Ehegeschichte mit den beiden Stars Charlotte Gainsbourg und José Garcia in den Hauptrollen ist eine unterhaltsame Alltagskomödie um ein Ehepaar mit zwei bald erwachsenen Kindern, das nach 20 Jahren eine langweilige und nervige Gewohnheitsehe führt. Und nun, da eigentlich alles zu spät ist, soll ein gemeinsamer Familientrip zu den Stätten der familiären Schlüsselerlebnisse die Wende bringen. Ob das so klappt?
Webseite: https://weltkino.de/filme/es-liegt-an-dir-cheri
Nous, les Leroy
Frankreich 2024
Regie und Drehbuch: Florent Bernard
Darsteller: Charlotte Gainsbourg, José Garcia, Lily Aubry, Hadrien Heaulmé
Kamera: Julien Hirsch
Musik: Alexis Rault, Théophane Bernard-Brunel
Länge: 102 Minuten
Verleih: Weltkino
Start: 19. Dezember 2024
FILMKRITIK:
Sandrine (Charlotte Gainsbourgh) will sich trennen, Christophe (José Garcia) will, dass sie bleibt. Die Familie, die Kinder, die gemeinsamen Erlebnisse ... für Christophe ist das der Kitt, der die Ehe zusammenhält. Und statt sich an den bekannten Spruch von den Reisenden zu halten, die man nicht aufhalten soll, verlegt er sich auf eine andere Schiene, auf eine Last-Chance-Geschichte: Entweder kann er seine Frau anlässlich eines Familientrips zu den Schlüsselorten des gemeinsamen Lebens davon überzeugen zu bleiben, oder sie geht.
Das hört sich bekannt an, und tatsächlich gab es in „Akropolis Bonjour – Monsieur Thierry macht Urlaub“ eine ähnliche Vorgabe. Doch hier sieht die Geschichte bei näherem Hinschauen etwas anders aus: Das Paar ist jünger, die Kinder deshalb ebenfalls, und es geht auch nur für ein Wochenende in die Umgebung statt eine Woche nach Griechenland. Doch der Hauptunterschied ist: Florent Bernard, bisher vor allem in Frankreich bekannt als Autor von Comedy-Serien, hat für sein Kinodebüt eine Alltagsgeschichte ausgewählt – mit einem ziemlich durchschnittlichen Ehepaar in einem realistischen Umfeld. Das macht die Aufgabe deutlich schwieriger, denn Komödien leben bekanntlich auch von Übertreibungen und von den Gegensätzen zwischen den Figuren. Aber je realistischer eine Geschichte ist, desto kleiner werden die Kontraste.
Jedenfalls ist aus der Beziehung zwischen Sandrine und Christophe sowohl die Luft als auch die Lust raus. Und zwar schon lange. Wenn sie miteinander sprechen, was selten genug passiert, dann endet das häufig in Zank und Streiterei. Sandrine hat keine Hoffnung mehr, dass sich daran etwas ändern könnte. Deshalb hat sie auch bereits die beiden Kinder Bastien (Hadrien Heaulmé) und Lorelei (Lily Aubry) in ihre Trennungspläne eingeweiht, und siehe da: Die Geschwister verstehen sie und sind auf ihrer Seite. Trotz ihrer Bedenken lässt sich Sandrine auf den Wochenend-Trip ein, den Christophe geplant hat, um in der Zeit zurückzureisen und die Geschichte der Liebe zwischen Sandrine und Christophe zu erzählen. Die einzelnen Stationen haben sämtlichst einen hohen Erinnerungswert: Da gibt es u. a. die erste gemeinsame Wohnung, der Kinderspielplatz, auf dem Sandrine Christophes Heiratsantrag entgegengenommen hat, und das ehemalige Hochzeitsrestaurant. Christophe hat den Trip so gut es geht vorbereitet, aber natürlich geht doch einiges daneben. Dennoch: Sandrine ist irgendwie beeindruckt, und bald sieht es so aus, als ob sie sich doch noch von Christophes Bemühungen zum Bleiben überzeugen lassen könnte.
Wie in „Akropolis, Bonjour“ haben wir also wieder einen Ehemann im fortgeschrittenen Alter, der tatsächlich glaubt, er könne alles wiedergutmachen, was in den letzten 20 bis 30 Jahren – vor allem durch sein eigenes Wirken – kaputt gegangen ist, wenn er sich nur ein einziges Mal richtig Mühe gibt. Sandrine beobachtet dieses Treiben teils verwundert, teils amüsiert, teils genervt. Charlotte Gainsbourg spielt relativ selten in Komödien, aber sie beherrscht auch das und ist der unumstrittene Star dieses Films. Als lässig elegante Frau um die 50 zeigt sie eine tolle Performance – sie ist ihrem Mann in praktisch jeder Beziehung haushoch überlegen. Und er weiß es. José Garcia hat als Christophe eine undankbare Rolle. Seine Aggressivität wirkt weniger komisch als peinlich – wie ein wildgewordener Foxterrier, der um sich herum kläfft und beißt. Das macht ihn wenig sympathisch, so dass sich die Frage stellt: Warum sollte Sandrine zu diesem Stinkstiefel zurückkehren? Sie lässt sich immer wieder von ihm provozieren, und die Sticheleien und Keifereien nehmen kein Ende, Erinnerungswochenende hin oder her. So ist es nur logisch, dass es schließlich die Kinder sind, die ihre Eltern dazu auffordern, sich endlich wie Erwachsene zu benehmen. Eine gute Idee!
Gaby Sikorski