Fair Game

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Doug Liman („Die Bourne Identität“) bleibt auch mit seiner neuen Arbeit „Fair Game“ dem Milieu des Polit- und Spionagethrillers verbunden. Der in Cannes uraufgeführte, auf wahren Ereignissen basierende Film schildert die Affäre um die vom Weißen Haus enttarnte CIA-Agentin Valerie Plame und die von der Bush-Administration manipulierten Beweise im Vorfeld des letzten Irak-Krieges. Überraschenderweise liegen die Qualitäten der Geschichte weniger im Politischen denn im Privaten.

Webseite: www.tobis.de

USA 2010
Regie: Doug Liman
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth nach den Büchern „The Politics of Truth“ von Joseph Wilson und „Fair Game“ von Valerie Plame
Darsteller: Sean Penn, Naomi Watts, Sam Shepard, Noah Emmerich, Michael Kelly, Bruce McGill
Laufzeit: 105 Minuten
Kinostart: 25.11.2010
Verleih: Tobis
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Heute ist hinlänglich bekannt, dass die von der früheren US-Regierung vorgelegten, angeblichen Beweise in Bezug auf Saddam Husseins geheimes Atomprogramm und ein damit zusammenhängendes Geschäft über den Ankauf von Uran aus dem Niger allesamt gefälscht waren. Damals, vor acht Jahren, dienten sie der Bush-Administration jedoch als Legitimation für den von ihr lange geplanten Einmarsch in den Irak. Für den ehemaligen US-Botschafter und Afrika-Experten Joe Wilson (Sean Penn), der im Auftrag der Regierung das vermeintliche Uran-Geschäft untersuchte, ergibt sich aus der Täuschung der Öffentlichkeit eine fast schon staatsbürgerliche Pflicht zur Aufklärung. In einem Artikel für die „New York Times“ schildert er die Fakten. Seine Richtigstellung, wonach es nie eine Uran-Lieferung aus dem Niger in den Irak gegeben habe, sorgt in Washington für hektische Betriebsamkeit.

An dieser Stelle geschieht etwas, das Joe nie für möglich gehalten hätte. Eine aus Regierungskreisen lancierte Indiskretion enttarnt seine Frau Valerie Plame (Naomi Watts) als hochrangige CIA-Agentin. Von einem Tag auf den anderen steht das Paar vor einem Scherbenhaufen. Valeries Karriere beim Geheimdienst ist schlagartig beendet, von den Medien müssen sich beide bohrende Fragen Gefallen lassen und schließlich droht ihre Ehe, an Joes unüberlegtem Vorstoß zu zerbrechen.

Doug Limans „Fair Game“ beweist wieder einmal, dass die Realität die spannendsten und zugleich unglaublichsten Geschichten schreibt. Auch wenn man weiß, dass der von George W. Bush und seinen Vertrauten forcierte Irak-Krieg auf einer Lüge basierte, fällt es schwer, die beispiellose Schlammschlacht in diesem Fall so zu akzeptieren. Man will einfach nicht glauben, dass in einer selbst ernannten Vorzeige-Demokratie solch schmutzige Intrigen und Winkelzüge möglich sind. Und doch lässt sich die Geschichte von „Fair Game“ nach Abschluss aller Ermittlungen und Untersuchungen kaum in Zweifel ziehen.

Liman drehte einen engagierten, im besten Sinn altmodischen Politthriller, dessen überzeugende Abrechnung mit der Ära Bush allerdings unter gewissen Abnutzungserscheinungen leidet. Vieles von dem, was uns der Film bei seinem Blick in die Schaltzentrale der Macht an Eindrücken gewährt, ist eher das Gegenteil einer echten Neuigkeit. Das schematische Weltbild der Neocons und ihrer einflussreichen Vordenker wie Karl Rove und Dick Cheney wurde in den vergangenen Jahren schon zu oft als Zielscheibe eines sicherlich gut gemeinten, liberalen Aufklärungsimpetus bemüht. Von diesem ist auch „Fair Game“ beseelt. Vor allem Sean Penn, der aus seiner persönlichen politischen Einstellung und seiner Abneigung gegen die Republikaner nie einen Hehl machte, darf in mehreren Monologen über staatsbürgerliche Pflichten, politische Ethik und Moral dozieren. Dabei scheint es, als mühe sich der Film an einem Gegner ab, der spätestens mit Obamas Einzug ins Weiße Haus längst das Feld geräumt hat.

Von diesen Schwächen einmal abgesehen, funktioniert die Story über weite Strecken als kluger und sachlicher Gegenentwurf zu Action-zentrierten Agententhrillern wie sie Hollywood bis heute hervorbringt (jüngstes Beispiel: „Salt“). Liman schildert, wie es den Mächtigen beinahe gelingt, nicht nur eine Familie zu zerstören sondern auch – unter Mithilfe bestimmter Medien – die Wahrheit nach den eigenen Vorgaben zurechtzubiegen. Interessanterweise hinterlässt „Fair Game“ den stärksten Eindruck, wenn er sich ganz auf die Innensicht der Wilsons konzentriert. Auch dank einer großartigen, zwischen Stärke und Zerbrechlichkeit changierenden Naomi Watts entwickelt sich der Politskandal fast unmerklich zu einem packenden Ehedrama. Mitansehen zu müssen, wie nur die besten Absichten zwei Menschen auseinander bringen können, ist eine ausgesprochen unbequeme Erfahrung.

Marcus Wessel

Ein einer gewissen Realität abgeschauter Politkrimi, der zur Regierungszeit des unglückseligen George W. Bush spielt.

Valerie Plame ist CIA-Agentin, der höchsten Geheimhaltungsstufe unterworfen. Sie stellt mit Wissenschaftlern Untersuchungen im Mittleren Osten an. Es geht vor allem um die Frage, ob die Iraker unter Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen vorbereiten oder besitzen. Dazu muss wegen bestimmter Materiallieferungen auch in benachbarten Ländern nachgeforscht werden.

Joe Wilson, Diplomat, ist Valeries Ehemann. Er erklärt sich bereit, entsprechende Untersuchungen in Niger anzustellen. Ergebnis: Saddam Hussein bezieht keine Produkte (Uran und Röhren in diesem Falle), die ihn befähigen würden, die inkriminierten Waffen herzustellen.

Die Amerikaner beginnen den Irak-Krieg trotzdem. Sie rechtfertigen ihn insbesondere mit dem Argument der Massenvernichtungswaffen (die es im Irak nicht gibt). Joe Wilson kann nicht glauben, was er dazu im Fernsehen – vom damaligen Außenminister Colin Powell vorgetragen – mit ansehen muss.

Er geht mit dem Thema „Was ich nicht gefunden habe“ an die Öffentlichkeit, zum Beispiel in einem Artikel in der „New York Times“. Nun aber wird, von Regierungsseite ultimativ unterstützt, der Ruf und die Existenz des Ehepaares Wilson/Plame untergraben.

Auch die Ehebeziehung ist schwer gefährdet.

Sehr nahe an der Realität und Wahrheit im Mittleren Osten und in den Vereinigten Staaten! Dazu mit Spannung, Tempo und Perfektion inszeniert - vom unheilvollen Geschehen im Irak, vom investigativen Journalismus und seinen nützlichen, notwendigen und schrecklichen Ergebnissen und Erfolgen einmal ganz abgesehen.

Naomi Watts (Valerie) und Sean Penn (Joe) spielen – wie zu erwarten war – ihre Rollen so, dass man sie besser einfach nicht darstellen kann.

Thomas Engel