Der Patriarch und seine Kinder – eine Geschichte von Zerwürfnissen und Missverständnissen, von Geduld und Gewalt. Doch im Grunde geht es allen um die Suche nach Liebe und Anerkennung. Zum 70. Geburtstag eines berühmten Pianisten wird seine Villa zum Schauplatz der Aufarbeitung familiärer Probleme.
Lars Kraume macht aus der schon häufig strapazierten Vorlage ein melancholisch tragisches Familiendrama, manchmal allzu brav inszeniert, nur gelegentlich erfreulich böse mit hübsch bissigen Dialogen. Dank eines sehr guten Darstellerteams, darunter ein überragender Lars Eidinger und die großartige Hannelore Elsner als versoffene Mutter, bietet der Film dann doch mehr Kinofeeling als die meisten Fernsehfilme.
Webseite: www.familienfest-derfilm.de
Deutschland 2015
Regie: Lars Kraume
Drehbuch: Andrea Stoll und Martin Rauhaus
Darsteller: Günther Maria Halmer, Hannelore Elsner, Michaela May, Lars Eidinger,
Jördis Triebel, Barnaby Metschurat, Marc Hosemann, Nele Mueller-Stöfen, Daniel Krauss
Verleih: NFP, Vertrieb: Filmwelt
Kinostart: 15. Oktober 2015
Lars Kraume macht aus der schon häufig strapazierten Vorlage ein melancholisch tragisches Familiendrama, manchmal allzu brav inszeniert, nur gelegentlich erfreulich böse mit hübsch bissigen Dialogen. Dank eines sehr guten Darstellerteams, darunter ein überragender Lars Eidinger und die großartige Hannelore Elsner als versoffene Mutter, bietet der Film dann doch mehr Kinofeeling als die meisten Fernsehfilme.
Webseite: www.familienfest-derfilm.de
Deutschland 2015
Regie: Lars Kraume
Drehbuch: Andrea Stoll und Martin Rauhaus
Darsteller: Günther Maria Halmer, Hannelore Elsner, Michaela May, Lars Eidinger,
Jördis Triebel, Barnaby Metschurat, Marc Hosemann, Nele Mueller-Stöfen, Daniel Krauss
Verleih: NFP, Vertrieb: Filmwelt
Kinostart: 15. Oktober 2015
Über den Film
Originaltitel
Familienfest
Deutscher Titel
Familienfest
Produktionsland
DEU
Filmdauer
94 min
Produktionsjahr
2014
Produzent
Benedict, Benjamin
Regisseur
Kraume, Lars
Verleih
Starttermin
14.10.2015
FILMKRITIK:
Familie Westhoff ist geradezu typisch für das deutsche Großbürgertum, wie man es aus dem Fernsehen kennt. Der erfolgsverwöhnte, im Geld schwimmende Vater Hannes ist ein Patriarch wie aus dem Bilderbuch, und seine drei Söhne haben jeweils ihr Päcklein zu tragen: Frederik ist schwul, Gregor pleite, und Max ist todkrank. Ihre Mutter Renate, schon lange von Hannes Westhoff geschieden, ist eine trinkfeste Romanautorin, und die zweite Ehefrau Anne ist eine Glucke, die sich der häuslichen Harmonie verschrieben hat. So oder ähnlich sieht es also bei den Reichen und Schönen aus, man kennt das ja: Geld macht nicht glücklich, es verdirbt den Charakter, und die Kinder aus solchen Familien werden durch zu viel Geld und Mangel an Liebe zu unglücklichen, lebensuntauglichen Erwachsenen, die ihr Leben lang nach Anerkennung heischen. Auf den ersten Blick also ist die Geschichte eine der üblichen, klischeebeladenen Fernsehstorys, in denen der Hartz IV-Empfänger deutlich erkennen kann, wie gut es ihm geht, weil er kein Geld hat.
Auf den zweiten Blick bietet das Drehbuch dann doch einige originelle Wendungen, die vor allem mit Max und seiner Krankheit zu tun haben. Er nimmt aus der Klinik, wo er wegen eines Unfalls auf dem Weg zu Papas Geburtstag landet, kurzerhand eine Krankenschwester mit – Jenny. Da sie von außen kommt, blickt sie unvoreingenommen auf das familiäre Desaster und wird bald zu einer wichtigen Figur. Sie ist die einzige, die von Max‘ Krankheit weiß und ihm Hilfe leistet. Jördis Triebel spielt die lebenskluge, junge Frau, die nicht nur vernünftig ist, sondern auch extrem gut zuhören kann, mit sehr viel Zurückhaltung und geradlinigem Charme. Schließlich ist sie es, die am Ende gemeinsam mit Max‘ Stiefmutter Anne die Fäden in der Hand hält.
Michaela May, die leider nur selten im Kino zu sehen ist, spielt die allzu freundliche Übermutter, die sich von ihrem dominanten Ehemann viel zu viel gefallen lässt. Dieser alternde Chef-Macho (Günther Maria Halmer) ist ein echter Sausack: gefühlsresistent, taktlos und herrisch. Zwischen ihm und Renate gibt es vieles, was nicht ausgesprochen wurde, aber nun ans Tageslicht kommt. Aus leisen Sticheleien werden Anklagen, aber ein Hannes Westhoff wäre nicht er selbst, wenn er sich auch nur ansatzweise auf seine Ex-Frau einlassen würde, die immerhin die Mutter seiner drei Söhne ist. Hannelore Elsner spielt diese Renate als innerlich und äußerlich verknitterten Haudegen, der irgendwann vor der Gewalt resigniert hat. Seit vielen Jahren versucht sie vergeblich, sich den Verstand wegzusaufen, und versorgt die ganze Familie mit herausgezischelten Gemeinheiten – eine Paraderolle für Hannelore Elsner, in der sie sehr selbstbewusst und uneitel agiert. Auffallend präsent und überzeugend ist Lars Eidinger als Max, der mit seiner Krankheit nicht nur die Tragik, sondern auch die unausweichliche Konfrontation mit familiären Realitäten in die Luxusvilla bringt. Eigentlich möchte er sagen, was mit ihm los ist und dass er bald sterben wird, aber weder sein Vater noch seine Brüder hören ihm zu. Jeder trägt seine persönlichen Allüren und Eifersüchteleien wie ein Kettenhemd mit sich.
Vieles erinnert hier thematisch an andere Filme, an DAS FEST und an diverse Ingmar-Bergman-Werke. Lars Kraume seziert die großbürgerliche Kleinfamilie als bekannten Ort des Schreckens und als Kampfplatz zwischen sämtlichen Beteiligten. Mehr fernseh- als kinotauglich sind die meisten Bilder, die er findet, besonders in der ersten Hälfte, wo eine komplizierte Exposition offenbar die gesamte Aufmerksamkeit erforderte, so dass für inszenatorische Kreativität kaum etwas übrig blieb. Ab und an kracht es mal oder dürfen auch mal die Fetzen fliegen, wenn wertvolle Partituren in Flammen aufgehen oder allzu lange verborgene Aggressionen wieder aufflackern. Wenn die Dialoge filmrealistisch wirken, dann ist das wohl den Darstellern zu verdanken, die hier möglicherweise selbst das Heft in die Hand genommen haben. Ansonsten haben die Dialoge manchmal zu viel Theatralik, sie wirken schwerfällig oder gestelzt, was besonders für Szenen mit mehr als drei Beteiligten gilt, die so durchkonstruiert präsentiert werden, als könnte man noch die Regieanweisungen mithören. Hier überwiegt dann das Gefühl, vieles bereits so oder ähnlich im Fernsehen gesehen zu haben.
Im letzten Drittel kommt dann deutlich mehr Schwung in die Inszenierung. Die Tragik wird deutlicher und damit auch die Unabwendbarkeit der Ereignisse. Da gibt es einige unerwartete Perspektiven, so eine sehr langsame Kamerafahrt durchs Haus und eine lange Treppe hinauf, vorbei an scheinbar in sich selbst erstarrten Familienmitgliedern, die jedes für sich die Einsamkeit des Einzelnen symbolisieren mögen. Diese Einsamkeit zu überwinden, ist die wahre Aufgabe der Familie – so könnte die Botschaft dieses Films lauten, der vor allem durch seine schauspielerischen Leistungen beeindruckt.
Gaby Sikorski