Fast Food Nation

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Von den illegalen Arbeitern in der Fleischfabrik bis zum zweifelnden Marketingchef – mit „Fast Food Nation“ blickt der amerikanische Independentregisseur Richard Linklater auf die Fast-Food-Industrie und die Menschen, die in den Produktionskreislauf involviert sind. Trotz einer illusteren Besetzung und manch scharfen Kommentars hat er sich mit diesem Ensemblefilm nach der gleichnamigen Sachbuchvorlage von Eric Schlosser allerdings etwas verzettelt. „Fast Food Nation“ befindet sich in dem Dilemma, dass er weder scharfe Satire, noch wirklich tiefe Analyse dieses unappetitlichen Systems ist.

Webseite: www.senator.de

USA 2006
Regie: Richard Linklater
Drehbuch: Richard Linklater und Eric Schlosser basierend auf dessen gleichnamigem Buch
Darsteller: Greg Kinnear, Bruce Willis, Ethan Hawke, Patricia Arquette, Kris Kristofferson
112 Minuten, Farbe
Verleih: Senator
Start: 1.3.2007

PRESSESTIMMEN:

Geschickt balanciert "Fast Food Nation" zwischen Unheil und Unterhaltung, Entsetzen und Empathie.
KulturSPIEGEL

Hinter den bunten Fassaden der Nahrungsmittelindustrie: Richard Linklater hat den Sachbuch-Bestseller "Fast Food Nation" zu einem brisanten Spielfilm gemacht... Ein politisch explizites Dokudrama. - Sehenswert.
tip berlin

Ein großartiges Ensemble, kluge Denkanstöße und emotionale Tiefe. Kein filmisches Fast Food.
"Fast Food Nation" ist keine Spielfilmversion von "Super Size Me" und auch kein wütendes Traktat im Stil von Michael Moore. Linklater steht hier in der humanistischen Tradition von Ensemblefilm-Meistern wie Robert Altman und John Sayles. Das macht "Fast Food Nation" weniger radikal, mitunter schrammt er - trotz aller Ironie - sogar an der Melancholie entlang. Doch nicht zuletzt dieser unerwartete Tonfall macht den Film sehenswert. Er ist ein gesellschaftliches Statement mit Seele.
Cinema

FILMKRITIK:

Ob Rinderwahn oder für Weidevieh abgerodete Urwälder - die „Fast Food“-Ketten hatten besonders in den vergangenen Jahren viel Gegenwind und schlechte Publicity. Im Kino setzte und setzt sich diese Kritik fort: Nachdem sich Morgan Spurlock im dokumentarischen „Supersize me“ einem satirischen Selbstversuch mit Hamburgern und frittiertem Hühnerfleisch aussetzte, folgt jetzt Richard Linklaters „Fast Food Nation“. Statt auf den Konsum legt der vielseitige amerikanische Independentfilmer und Vegetarier in dieser Verfilmung von Eric Schlossers Sachbuch das Hauptaugenmerk allerdings auf die Produktionskette.

Mit einer so interessanten wie abenteuerlichen Besetzung, zu der neben Greg Kinnear auch Bruce Willis und Schauspieldebütantin Avril Lavigne gehören, unternimmt er dabei so etwas wie eine Rundumabrechnung und fügt seiner Filmographie, die zwischen Echtzeitromanzen wie „Before Sunrise“ und Experimenten wie dem wild herum philosophierenden „Waking Life“ changiert,  seinem Werk eine neue Facette hinzu: ein fiktives, nach „Traffic“-Art erzähltes Ensemblestück über die Burgerbrater-Industrie. Die erfolgt hier vor allem als Annäherung an die Menschen, die auf den unterschiedlichsten Stufen der Fast-Food-Produktionskette stehen.

Zu Beginn folgt „Fast Food Nation“ Don Henderson (Greg Kinnear), dem Marketingchef der Fast-Food-Kette Mickey’s. Als bekannt wird, dass sich Kolibakterien im Fleisch des Burgerhits "The Big One" befinden, macht es sich Henderson zur Aufgabe, dem Skandal auf die Spur zu kommen. Es ist eine von vielen Geschichten, die Linklater miteinander verbindet: Von den illegalen Arbeitern aus Mexiko, die ohne Rechte und unter furchtbaren Bedingungen in der Schlachtfabrik schuften, schlägt er den Bogen zu einer Schülergruppe, die sich gegen die Fleischindustrie engagieren wollen.

„Wir alle müssen von Zeit zu Zeit etwas Scheiße essen“, bemerkt Bruce Willis nüchtern in einer Szene. „Fast Food Nation“ ist allerdings nicht immer so pointiert wie bei dieser Bemerkung oder in der Szene, in der der Idealismus der Schüleraktivisten mit der Trägheit der zu befreienden Kühe kollidiert. Der Film befindet sich vielmehr in dem Dilemma, dass er weder scharfe Satire, noch wirklich tiefe Analyse eines unappetitlichen Systems ist. Man hat den Eindruck, dass er bisweilen zu weit abschweift und zu viel erzählen will und dabei doch  etwas unscharf wird. Hinzu kommen die erzählerischen Schwächen, durch die manches auf der Strecke bleibt – wie etwa Kinnear, der nach der Hälfte des Films einfach nicht mehr vorkommt. Und auch wenn Linklater kurz vor Schluss en détail die blutige Fließbandtötung von Rindern zeigt: Den Appetit auf Fast-Food-Snacks kann der Regisseur dem geneigten Konsumenten mit diesem Film nicht nachhaltig verderben.

Sascha Rettig
 

 

Amerikas Grenze zu Mexiko ist gut gesichert, trotzdem kommen, von Schleusern geführt, täglich zahllose mexikanische Immigranten ins Land.

So auch Coco, Sylvia und Raul. Sie wollen ein besseres Leben, müssen Arbeit finden. In der Großschlachterei Uni Globe Meat Packing (UMP), die für die für ihren Verkaufsschlager „Big One“ bekannte Burger-Kette „Mickey“ das Fleisch liefert, finden Coco und Raul Anstellung. Mike ist dort der Aufseher, der sich regelmäßig an jungen Mexikanerinnen vergreift.

Don Henderson ist bei „Mickey“ der Star. Er hat Big One groß gemacht. Routinemäßig muss in den Mickey-Filialen und bei UMP kontrolliert werden, ob alles in Ordnung, ob vor allem die Sauberkeit garantiert ist.

Doch dem ist nicht so. Um die Produktivität zu erhöhen, laufen die Bänder zu schnell, es gelangen Gedärme und Kot ins Burger-Fleisch. Don Henderson hört dies vom Rinderlieferanten Rudy ebenso wie vom Mickey-Regionalvertreter Harry, doch machen kann er nicht viel. Er ist Teil des Kreislaufes.

Amber, eine Mickey-Filialangestellte, die bisher loyal zur Firma hielt und außerordentlich tüchtig war, wird von ihrem Onkel Pete aufgeklärt und schließt sich einer Protestgruppe an.

Coco musste inzwischen bei Mickey ihrer Schwester Sylvia weichen, deren Mann Raul bei einem Betriebsunfall ein Bein verliert. Bei Raul wird im Blut Drogeneinfluss festgestellt. Das bedeutet reduzierte Versicherungsleistungen und Kündigung.

An der mexikanischen Grenze trifft ein neuer Schleusertransport ein.

Es ist kein lauter Protestfilm, wie ihn etwa Oliver Stone hätte drehen können. Es ist ein eher sachlicher, nüchterner Bericht über Zustände, wie sie nun einmal da und nicht leicht zu verändern sind. Es geht direkt oder indirekt um die möglichst große Produktivität und einen möglichst großen Gewinn der Fast-Food-Ketten; um die unmenschliche Behandlung und Ausbeutung von Immigranten; um „Gammelfleisch“; darum, dass Fast Food nicht gerade das Allergesündeste ist und in den USA – aber auch anderswo – jeder dritte oder vierte zu dick ist; dass erwiesene Negativzustände unter der Decke gehalten werden; und dass Aufdeckung und Protest nicht viel nützen.

Sehr ausführlich und einsichtig wird das von Richard Linklater alles geschildert – formal und technisch durchweg o. k. Manche bekannten Gesichter haben sich für den guten Zweck zur Verfügung gestellt, etwa Patricia Arquette, Ethan Hawke, Greg Kinnear, Kris Kristofferson, Bruce Willis und andere.

Vielleicht helfen Publikationen dieser Art (wie z.B. auch „We Feed the World“) eines Tages doch, in der persönlichen und in der Welternährung Unfug und Verbrechen aufzuklären und sogar abzustellen.

Thomas Engel