Feierabendbier

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In der Perspektive Deutsches Kino feiert Ben Brummers Regiedebüt “Feierabendbier” seine Weltpremiere, ein gelassenes Stück Kino, das entspannt die Fragen des Lebens umkreist. Von einem Wirt und seiner Liebe zu einem Auto wird erzählt, einer Liebe, die lange Zeit sein Leben bestimmt, bis er sich eines Besseren besinnt.

Webseite: www.facebook.com/feierabendbier.film

Deutschland 2017
Regie: Ben Brummer
Buch: Ben Brummer & Adrian Mikkat
Darsteller: Tilman Strauß, Julia Dietze, Johann Jürgens, Christian Tramitz, Jonathan Berlin, Sophia Schober, James Newton
Länge: 113 Minuten
Verleih: GAZE Film / One Filmverleih
Kinostart: 15. März 2018

FILMKRITIK:

Wer nichts wird, wird Wirt heißt es so schön, ein Spruch, der auf Magnus (Tilman Strauß) zutreffen könnte. Anfang 30 ist er und Wirt in seiner eigenen Bar - keiner Kneipe! - namens Feierabendbier, einer Bar, die eher sein Wohnzimmer ist als Arbeitsplatz. Hier treffen sich allabendlich dieselben Gestalten, vor allem Magnus bester Freund Dimi (Johan Jürgens), gleichzeitig sein KFZ-Mechaniker und somit verantwortlich für Magnus geliebten Mercedes SEC.
 
Im Gegensatz zu Magnus liebt Dimi die Frauen, ist deretwegen gerade in Philosophie eingeschrieben, weil dort die Beute leichter zu haben und attraktiver ist. Auch Dimis Chef, der schwule Patrick, verkehrt mit wechselnden Liebschaften in der Bar, allein Magnus hat seit langem keinen Sex. Dabei hat er eigentlich eine Frau, mit der er auch einen Sohn hat, doch die Beziehung ist längst in die Brüche gegangen, die Freundin hat einen neuen, seinen Sohn hat Magnus seit langem nicht gesehen, aber immerhin läuft ihm in der Bar die hübsche, junge Vivian (Julia Dietze) über den Weg. Und da ihm gerade das Auto gestohlen wurde, hat er auch wieder Zeit für anderes, doch was das Flirten angeht ist Magnus ist ziemlich eingerostet, vor allem kann er sich aber noch nicht so recht von einem Leben ohne sein Auto verabschieden.
 
Vom ersten Moment an strahlt Ben Brummers „Feierabendbier“ größte Gelassenheit aus, taucht ein in eine Welt, in der kaum etwas den behäbigen Lauf der Dinge ins Wanken bringen kann - außer natürlich das gestohlene Auto. Doch auch das erweist sich bald eher als geschickter MacGuffin, als Mittel, um die Geschichte anzutreiben, als Motivation der Hauptfigur, sich auch einmal aus seiner Bar zu bewegen, aber letztlich als Nebensächlichkeit. Zumal dieser Old- bzw. Newtimer auch kein besonders bemerkenswertes Auto ist, sondern einfach eine alte Karre, die seinem Besitzer ans Herz gewachsen ist, wohl mehr aus nostalgischem Verweis an eine längst vergangene, bessere Zeit, als aus wirklicher Zuneigung.
 
In Tilmann Strauß hat Ben Brummer einen idealen Hauptdarsteller gefunden, der trotz seiner umfangreichen Theatererfahrung - zunächst am Berliner Ensemble und inzwischen am Hamburger Schauspielhaus - gerade nicht theatralisch spielt, sondern filmisch zurückhaltend. Meist verzieht er kaum eine Miene, wirkt er gelassen und ist nicht aus der Ruhe zu bringen, ein einsamer Großstadtcowboy, der sich nach getaner Arbeit mit einem Drink und einer Zigarette auf sein Sofa legt und über das Leben sinniert. Lange Zeit bringt ihn nur die Sorge um sein Auto aus der Ruhe, doch nach und nach öffnet Strauß seine Rolle, lässt ihn in Konfrontationen mit seiner Ex aus der Haut fahren, deutet aber auch die Zuneigung an, die er trotz allem für seinen Sohn und bald auch für die neue Frau an seiner Seite empfindet.
 
Auch wenn sich dieser einsame Wolf im Laufe des Films öffnet, den Umgang mit anderen Menschen auch abseits von Gesprächen über die Theke hinweg zu schätzen lernt: Versöhnlich ist „Feierabendbier“ deswegen noch lange nicht. Denn so gelassen wie Ben Brummers Film begonnen hat, in souveränen, angenehm ruhigen, unprätentiösen Breitwandbildern gefilmt, so endet er auch. Immer noch in der Kneipe, umgeben von den selben Menschen, aber um ein paar Lebensweisheiten reicher und weiser.
 
Michael Meyns