Genug gesagt

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Es wurde auch Zeit, dass Nicole Holofcener die große Bühne betritt. Sie macht seit 1996 Filme. Sie drehte einige Episoden von „Sex and the City“ und „Six Feet Under“. Sie hatte Zeit, sich als scharfe Beobachterin weiblicher Verhaltensweisen und Autorin moderner Großstadtkomödien zu profilieren. Mit „Genug gesagt“ wird sie den Durchbruch schaffen. Der Film zeigt sie als selbstbewusste Regisseurin, die sich in Woody Allens Universum bewegt, es aber nach ihren Vorstellungen gestaltet. Und er zeigt James Gandolfini in seiner letzten, sehr unerwarteten Rolle.

Webseite: www.genug-gesagt.de

Enough Said
USA 2013
Buch und Regie: Nicole Holofcener
Darsteller: Julia Louis-Dreyfus, James Gandolfini, Catherine Keener, Toni Collette, Ben Falcone
Produzenten: Stefanie Azpiazu, Anthony Bregman
Länge: 93 Minuten
Verleih: Fox
Kinostart: 19.12.2013PRESSESTIMMEN: 
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FILMKRITIK:

Eva (Julia Louis-Dreyfus) ist eine alleinerziehende Mutter und arbeitet als Masseuse in Los Angeles. Große Veränderugen kündigen sich an, denn ihre Tochter wird bald zuhause ausziehen und ein College besuchen. Bei einer Party lernt sie den bärigen Albert (James Gandolfini) kennen, der ebenfalls geschieden ist und eine Tochter im gleichen Alter hat. Die beiden treffen sich zu einem Date und finden sich auf Anhieb sympathisch. Bei der gleichen Party trifft Eva auch auf die Lyrikerin Marianne (Catherine Keener), die eine neue Kundin und Freundin wird. Ständig beklagt sich Marianne über ihren Ex-Mann, seine Marotten und seine Kulturlosigkeit. Nach einiger Zeit dämmert Eva, dass es sich dabei um niemand anderen als Albert handelt. Aber sie behält die Erkenntnis für sich – und gefährdet damit ihre noch frische Liebesbeziehung.

Nicole Holofcener ist die Stieftochter von Woody Allens langjährigem Produzenten Charles H. Joffe, sie arbeitete sogar als Schnitt-Praktikantin an „Hannah und ihre Schwestern“ (1986). Unverkennbar ist sein Einfluss auf ihre Arbeit. Auch Holofceners Filme spielen in Großstädten in der gehobenen weißen Mittelschicht, auch ihre Figuren sind häufig Intellektuelle oder Künstler, die mit sich und ihrem Leben hadern. Vor allem aber spielt ihre eigene Lebenswirklichkeit eine wichtige Rolle für Holofceners Drehbücher. Vielleicht stärker noch als Woody Allen sind es eigene Erfahrungen und Sichtweisen, die sie in Filmen wie „Walking and Talking“ (1996) oder „Freunde mit Geld“ (2006) verarbeitet. Und so steht in ihrem Werk nicht die Neurose im Mittelpunkt, sondern die eine weibliche Sicht auf die Welt – und vor allem Freundschaften zwischen Frauen.

„Genug gesagt“ ist ihr bisher leichtgängigster, zugleich aber auch klarster Film. Die Geschichte lebt von einem klaren Grundkonflikt, der sich im Verlauf der Erzählung immer weiter zuspitzt. Nicole Holofcener nutzt ihn aber nicht für vordergründiges Geplänkel, sondern sie schaut genau hin und geht damit das Risiko ein, ihre Hauptfigur nicht immer im besten Licht dastehen zu lassen. Genau dieser Mut aber macht „Genug gesagt“ so spannend, dadurch bekommt er eine ungeheure Präsenz, Gegenwärtigkeit und – vor allem – einen unerschrockenen weiblichen Blick. Dennoch veruteilt Holofceners Film nicht, sondern begegnet seinen Figuren mit Liebe und Verständnis. Wie großartig sich die Regisseurin auch als Drehbuchautorin entwickelt hat, zeigen die vielen kleinen Nebenhandlungen, die dem Film eine fast schon existenzielle Qualität geben. Nicht zuletzt lebt „Genug gesagt“ natürlich von seinen witzigen, direkten und offenherzigen Dialogen. Vor allem Toni Collette als ständig schlecht gelaunte und die Möbel neu arrangierende beste Freundin sorgt für viele Lacher. Und James Gandolfini darf in seiner letzten Rolle vor seinem plötzlichen Tod eine ungeahnte Sanftheit an den Tag legen, die noch nach dem Ende des Films lange nachhallt.

Oliver Kaever