Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats

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Gerade fügte „Barbie“ dem Diskurs über Feminismus und Geschlechterkampf eine spezielle Note hinzu, da kommt mit Sobo Swobodniks Essayfilm „Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats“ ein kleiner, deutscher Film ins Kino, das für den diskursiven Unterbau sorgt. In einer Mischung aus Spielfilm, dokumentarischen Momenten und viel Didaktik ist die Berliner Schauspielerin Margaita Breitkreiz zu sehen, wie sie gegen das, aber auch mit dem Patriarchat lebt.

Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats
Deutschland 2023
Regie: Sobo Swobodnik
Buch: Margarita Breitkreiz, Sobo Swobodnik
Darsteller: Margarita Breitkreiz, Daniel Zillmann, Artemis Chalkidou, Isabel Thierauch, Lars Rudolph, Alexander Scheer, Kathrin Angerer, Inga Busch, Almut Zilcher, Martin Wuttke

Länge: 97 Minuten
Verleih: Filmgalerie 451
Kinostart: 3. August 2023

FILMKRITIK:

Im Mittelpunkt von „Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats“ steht die in Berlin lebende und arbeitende Schauspielerin Margaita Breitkreiz, die auf den Bühnen der Stadt – von Berliner Ensemble über Maxim-Gorki-Theater bis, vor allem, der Volksbühne – und bisweilen auch in TV und Kino zu sehen ist. In loser Szenenfolge werden Episoden aneinandergereiht, die Einblicke in das Leben einer Frau Anfang 40 gibt, wie sie Breitkreiz (die auch am Drehbuch mitschrieb) gewiss meist selber erlebt hat oder von Geschlechts- bzw. Leidensgenossinnen überliefert bekam.
Mit einigen dieser Frauen sitzt sie bisweilen in einer Neuköllner oder Kreuzberger Kneipe am Tisch und lässt sich über die Männer aus, mal mit den Kolleginnen Kathrin Angerer und Inga Busch, dann etwa mit der Rapperin, Linguistin und Autorin Reyhan Şahin, auch bekannt als Lady Bitch Ray. Deren Buch „Yalla, Feminismus!“ wird ebenso wie andere feministische Manifeste jüngerer Zeit deutlich in die Kamera gehalten, womit der Diskursrahmen des Films angedeutet wird. Der oft an den Filmen von Jean Luc Godard angelehnt wirkt, wie häufig in Wohnungen hängende Filmplakate von „Le Petit Soldat“, „Sauve que peut (la vie)“ und natürlich „Masculin, Feminin“ deutlich machen.
So wie Godard schert sich auch Swobodnik nicht um die Konventionen, spielt mit den Mustern des narrativen, dokumentarischen und vor allem agitatorischen Kinos und bezieht den Zuschauer immer wieder direkt ein: Am Ende vieler Szenen wendet sich Margaita Breitkreiz direkt zum Publikum und deklamiert ein mehr oder weniger bekanntes Zitat, inklusive Hinweise auf den Ursprung. Feministinnen wie Simone de Beauvoir, Judith Butler, Rosa Luxemburg oder Leila Slimani kommen zu Wort und deuten nicht zuletzt die Vielfalt und vor allem Komplexität feministischen Denkens an.
Denn am Ende will „Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats“ keineswegs eine simple Anklage gegen die Männerwelt vorbringen, sondern einen komplexen Blick auf die Geschlechterverhältnisse werfen. Zugegebenermaßen kommen die Männer meist nicht allzu gut weg, wenn etwa Breitkreiz Theaterkollegen Alexander Scheer oder Martin Wuttke einen großkotzigen Boss im Callcenter oder einen großkotzigen Makler geben oder Lars Rudolph einen zwar etwas weniger großkotzigen Beamten im Arbeitsamt, aber das mit Frauen an der Macht auf einmal das Paradies auf Erden eintreten würde, wird nicht behauptet.
In einem der dokumentarischen Momente wirft etwa die Autorin Teresa Bücker die Frage auf, wie sinnvoll Frauenquoten seien, wenn sie nur dazu führen, dass dann eben Frauen Bomben bauen oder schlechte Löhne zahlen. Die Unterdrückungsmechanismen der kapitalistischen Gesellschaft lassen sich eben nicht einfach auf den Gegensatz Mann/ Frau reduzieren, sondern wirken komplexer, wie dieser agitatorische, engagierte Essayfilm immer wieder auf pointierte, unterhaltsame Weise darstellt.

Michael Meyns