Girl You Know It’s True

Es war der Popskandal schlechthin – Superstars, die nicht selbst singen, sondern nur das Gesicht und die Performance lieferten. Als die Bombe platzte, waren Milli Vanilli, die zuvor noch den Grammy gewonnen hatten, unten durch. Simon Verhoeven erzählt die Geschichte von Rob Pilatus und Fab Morvan ausgesprochen clever und auch sehr mitreißend. Selbst die, die schon damals mit Milli Vanilli nichts anfangen konnten, werden hier gut unterhalten.

Webseite: https://www.leoninedistribution.com/filme/170419/girl-you-know-its-true.html

Deutschland 2023
Regie: Simon Verhoeven
Buch: Simon Verhoeven
Darsteller: Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Natasha Loring, Bella Dayne

Länge: 124 Minuten
Verleih: Leonine
Kinostart: 21. Dezember 2023

FILMKRITIK:

Als Rob Pilatus und Fab Morvan sich kennen lernen, sind sie Tänzer. Sie entwickeln einen eigenen Look mit den langen Haaren und werden von Frank Farians Freundin und Assistentin Milli entdeckt. Die beiden treffen den Erfolgsproduzenten, der Potenzial sieht. Die passende Single hat er schon, und er weiß: Die zwei müssen nicht singen, nur gut aussehen und sich gut bewegen. Rob und Fab lassen sich darauf ein, träumen jedoch davon, selbst singen zu dürfen, auch wenn sie das gar nicht können. Als Milli Vanilli dann durchstartet, fühlen die beiden sich sicherer darin, ihre Wünsche auch umzusetzen, aber damit forcieren sie auch eine Reihe von Ereignissen, die im großen Skandal enden.

Es gibt den Moment, da ganz klar wird, warum es zu Milli Vanilli kam. Die echten Musiker stehen im Studio, auch Frank Farian singt mit, dann blickt er in die Kamera und fragt das Publikum, ob es sie alle hier für MTV-Material halten würde. Die Antwort ist klar. Die Musik ist dieselbe, sie wäre aber ohne die Performance von Rob und Fab – und auch deren gutem Aussehen – nie so abgegangen, wie sie das tat. Damals führte die Enthüllung, dass die Stars nicht selbst singen, zum beispiellosen Skandal, heutzutage würde das wohl keine allzu großen Wellen mehr schlagen. Aber es ist eine verdammt gute Geschichte. Eine über Träume, über Hoffnungen, über Geld und Gier, aber auch über grenzenlose Selbstüberschätzung. „Girl You Know It’s True“ ist die Geschichte eines kometenhaften Aufstiegs und eines brutalen Absturzes.

Simon Verhoeven, der auch das Skript geschrieben hat, durchbricht die vierte Wand. Er lässt Rob und Fab direkt zum Publikum sprechen und kommentieren, was gerade gezeigt wurde – bis zu einem Finale, das für den Film passender ist, weil es den Zuschauer nicht mit einem Downer-Ende zurücklässt.

Die beiden Hauptrollen sind exzellent besetzt. Tijan Njie und Elan Ben Ali erwecken Rob und Fab zum Leben, der heimliche Star ist aber Matthias Schweighöfer. Als cholerischer, ständig herumschreiender Frank Farian ist er eine Wucht – und dies ist eine der Rollen, in denen er daran erinnert, dass er sich früher an Romcoms einfach verschwendet hat.

„Girl You Know It’s True“ ist ein starker Film, der selbst dann funktioniert, wenn man die damalige Zeit miterlebt hat und Milli Vanilli nicht mochte – was für die halbe Bevölkerung gilt, denn wie hier gesagt wird: Das Duo hatte vor allem weibliche Fans. Aber es ist die Stärke der Geschichte und ihrer Umsetzung, die das Publikum abholt. Verhoeven hat einen packenden, dramatischen, bisweilen vergnüglichen, aber auch emotionalen Film über zwei Männer gemacht, die wie Ikarus der Sonne zu nahekamen und verbrannten.

 

Peter Osteried