Gondola

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Seit Veit Helmer vor nun schon 25 Jahren begann, Filme zu drehen, ist er umstritten: Während manche seine oft kindlich naiv anmutenden Filme poetisch und magisch finden, kritisieren andere seinen Blick auf fremde Kulturen, in denen Helmer seine Filme stets ansiedelt. Das sich der Blick auf diese Art von Kino grundlegend geändert hat, macht Helmers neuen Film „Gondola“ gelinde gesagt schwierig.

Deutschland 2023
Regie & Buch: Veit Helmer
Darsteller: Mathilde Irrmann, Nino Soselia

Länge: 82 Minuten
Verleih: jip Film
Kinostart: 7. März 2024

FILMKRITIK:

An einem Ort, der scheinbar von Raum und Zeit losgelöst ist spielt Veit Helmers „Gondola“. Wichtigstes Merkmal ist die titelgebende Gondel, die tagein, tagaus einen kleinen Berg hoch und runterfährt, und die Bewohner der unten und oben liegenden Dörfer befördert. Einer der Schaffner ist gerade gestorben, nun sind es zwei Frauen, die in den beiden Gondeln Dienst tun: Iva (Mathilde Irrmann) und Nino (Nini Soselia), die sich meist dann begegnen, wenn sie aneinander vorbeifahren. Und wie das Leben so spielt, verlieben sich die Beiden langsam ineinander.

Doch ihre Liebe hat keine Worte, denn „Gondola“ ist ein Stummfilm, zumindest ein Film, in dem keine Worte fallen, in dem außer Lautmalerei, außer mal hier einem „Ah“, dort einem „Uh“ nichts gesagt wird. Während die beiden Frauen sich verlieben, freunden sich zwei Kinder an, die auf dem Weg zur Schule mit der Gondel fahren, während der Chef der Frauen langsam eifersüchtig wird.

Seit er vor gut 25 Jahren begann, Filme zu drehen, hat Veit Helmer meist in ehemaligen Sowjetrepubliken gedreht, beim Weltraumbahnhof Baikonur, zuletzt vor allem in den Kaukasus-Republiken, wo vor einigen Jahren „Der Lokführer, der nach der Liebe suchte“ entstand und nun „Gondola.“ Dass Helmer gerne in diesen fernen, aber auch nicht zu fernen Regionen dreht, dürfte zwei Gründe haben: Zum einen sind die Produktionskosten dort deutlich günstiger, zum anderen verströmen die ehemaligen Sowjetrepubliken genug exotischen Charme, um ganz anders als Deutschland zu wirken, aber doch wieder nicht so viel, dass es auf den ersten Blick seltsam wirkt, was Helmer tut.

Denn Helmer erzählt Märchen, fabelhafte Geschichten, die meist von der Liebe handeln, in denen es um klare, einfache und dadurch scheinbar wahrhaftigere Emotionen geht, in denen zwei meist junge, hübsche Menschen zueinander finden. Dass das nichts mit der Realität zu tun hat ist klar, so sind Märchen eben. Aber warum dreht Helmer seine Märchen nicht in Deutschland, am Fuße der Alpen etwa, wo es sicherlich auch Gondeln gibt, in denen sich ein Liebespaar begegnen könnte?

Eine Vorstellung, die seltsam anmutet, um nicht zu sagen falsch. Gerade weil seine Figuren in diesem Fall sogar sprachlos sind, ohne Worte auskommen, nur mit Lauten kommunizieren, was die Kommunikation zwangsläufig eher schlicht und naiv erscheinen lässt. An die großen Emotionen der Stummfilmzeit versucht Helmer hier anzuknüpfen, doch das gelingt nur bedingt. Zum einen, weil die Handlung des mit 82 Minuten kaum abendfüllend kurzen Films sehr dünn wirkt und im Kern aus endlosen Gondelfahrten den Berg hoch, den Berg hinunter besteht. Vor allem aber, weil sich bald ein ungutes Gefühl breit macht, ein Gefühl, als würde man hier einem kolonialen Blick folgen, der Menschen aus einem fremden Land betont naiv und kindlich zeigt, ihnen zusätzlich noch der Stimme beraubt. Alles im Dienst einer märchenhaften Geschichte, aber damit lässt sich nicht alles begründen und entschuldigen, gerade nicht mehr in der heutigen Zeit.

 

Michael Meyns