Gotthard Graubner – Farb-Raum-Körper

Zum Vergrößern klicken

Im Mai 2013 verstarb in Neuss der Maler Gotthard Graubner. Drei Jahre zuvor erhielt der Filmemacher Tilman Urbach die Gelegenheit, den damals über achtzigjährigen Maler in seinem Atelier auf der Museumsinsel Hombroich für umfangreiche Interviews zu besuchen. Über zwei Jahre erstreckten sich die Dreharbeiten, bei denen das Team den Maler zu Ausstellungseröffnungen nach Paris und Bottrop begleiteten. Der Pionier der abstrakten Farbmalerei gibt hier ein letztes Mal vor der Kamera Auskunft über sein langes Leben als kompromissloser Künstler und über seine Werke, die er in ihrer Dreidimensionalität selber Farbraumkörper nennt. Graubner gewährt gleichzeitig anschauliche Einblicke in seine Arbeitsprozesse. Interviews mit Weggefährten und Freunden Graubner komplettieren das einfühlsame Künstler-Portrait.

Webseite: http://gotthard-graubner-derfilm.de

D 2014
Regie: Tilman Urbach
Verleih: FilmKinoText
Länge: 93 Min
Kinostart: 3.9.2015

Pressestimmen:

"Ein wunderbar augenöffnendes Künstlerporträt."
Süddeutsche Zeitung

FILMKRITIK:

„Wenn ich es hätte sagen können, dann bräuchte ich es nicht zu malen.“ Monets berühmtes Bonmot beschreibt für Gotthard Graubner exemplarisch das Paradox, über seine Kunst reden zu müssen. Dass es dem Filmemacher Tilman Urbach auf leise, unaufgeregte Art und Weise doch gelingt, dem Maler Aussagen über sein Leben und Werk zu entlocken, erweist sich für den Film ebenso als Glücksfall, wie die aufregenden Einblicke in den Arbeitsprozess, die Graubner hier gewährt. Die Atelierbesuche auf der berühmten naturbelassenen Museumsinsel Hombroich in Neuss stehen im Fokus des Films. Weitere Stationen sind Paris und Bottrop, wo das Filmteam Graubner zu Ausstellungen begleitet.

„Meine ganze Malerei beruht auf Neugierde“, sagt Graubner einmal im Interview. Tilman Urbach gelingt es, diese Neugierde auch beim Zuschauer zu wecken, wenn er mit seinem Kameramann Marcus Schwemin die imposanten Farbkissen, die Graubner “Farbraumkörper” nennt und die neben dem Berliner Reichstag auch weltweit in Museen hängen, für die Leinwand abfilmt. Lichte monochrome Gemälde und Papierarbeiten entstehen direkt vor der Kamera. Wie bei “Gerhard Richter Painting” von Corinna Belz wird der Zuschauer auch bei dieser Dokumentation Zeuge, wie sich der Maler dem Werk nähert, es im Falle Graubners immer wieder mit einem gewaltigen kalligrafischen Pinsel um Farbschichten bereichert, bis das Bild in seiner faszinierenden Farbdynamik seinen Abschluss findet, das heißt für Graubner, ihm keine Fragen mehr stellt.

Diese nonverbalen Kommunikation im Dialog des Malers mit seinem Werk sind das ureigene Moment des Films. Verglichen mit dieser Aura des Authentischen bekommen die Antworten zu seiner Biografie eher anekdotischen Charakter. Graubners Werdegang im Nachkriegsosten, sein Umzug in den Westen und das Studium an der Düsseldorfer Kunsthochschule werden in kleine, gefällige Geschichten gepackt. Und wenn Graubners Redebedarf gänzlich gedeckt ist, dann gibt es immer noch befreundete Galeristen, und Kollegen, die klug und kenntnisreich zum Werk und der Person Graubners Rede und Antwort stehen. Aufschlussreich auch der Blick auf ältere Skizzen, die ein Freund Graubners aus den Schubladen des Hombroicher Ateliers kramt.

Als Resümee eines Künstlerlebens war der Film angedacht. Dass der Maler nur wenig später nach der Fertigstellung des Filmes, im Mai 2013, verstarb, konnte damals keiner ahnen. So bekommt das feinfühlige Künstlerporträt eine warmherzige, würdevolle Weihe, die dem bis zuletzt schöpferischen Maler unbedingt gerecht wird.
 
Norbert Raffelsiefen